Immer noch ungerecht!

65 Tage unentgeltliche Arbeit, über 50 % mehr Zeitaufwand täglich für unbezahlte Sorgearbeit und nur knapp die Hälfte an Rente – klingt nicht nur ungerecht, ist es auch!

Politische Einordnung – Nadine Gersberg

Die verschiedenen aufgezeigten geschlechtsspezifischen Lücken weisen auf nach wie vor bestehende Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft hin. Die Politik ist gefordert, diese Lücken zu schließen – dazu verpflichtet sie Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes. Dort heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Dieser Verfassungsauftrag bildet sich auch in der Hessischen Landesverfassung in Artikel 1, Absatz 2 ab. Der Staat ist somit in der Pflicht, Ungleichheiten zu überwinden, denn Gleichstellung ist kein Selbstläufer, das hat uns die Geschichte gelehrt. Das zeigt sich ebenso an aktuellen Beispielen: Die Coronapandemie hat Retraditionalisierungstendenzen offenbart. Die durch Schul- und Kitaschließungen entstandene Betreuungslücke wurde überwiegend durch Frauen kompensiert. Hier zeigt sich die Gender Care Gap. Zweites Beispiel: Die Gender Pay Gap, der 2022 hessenweit bei 21 % lag, zeigt deutlich, dass die Landesregierung nicht genug unternimmt, um die Beschäftigungssituation von Frauen zu verbessern. Das erhöht das Armutsrisiko von Frauen – besonders im Alter und bei Alleinerziehenden.

Die Gender Data Gap kann aus weiblicher Sicht sogar fatale Auswirkungen haben. Es ist bekannt, dass der weibliche Hormonhaushalt häufig andere Nebenwirkungen zeigt als der männliche. Auch bei dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für Trainingsdaten beim Medizinstudium oder für medizinisches Personal werden die Systeme hauptsächlich mit „männlichen Daten“ gefüttert, da diese die Mehrheit der Teilnehmenden an medizinischen Studien stellen. So sind die Trainingsdaten, mit denen KI-Systeme gefüttert werden, entweder männlich geprägt oder geschlechterundifferenziert. Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag widmet sich auch diesem Thema und macht mit parlamentarischen Initiativen Druck.

Auch die SPD-geführte Ampelregierung in Berlin macht es vor und zeigt, wie eine progressive Frauen- und Gleichstellungspolitik aussieht – die Streichung des Paragrafen 219a, das Zweite Führungspositionen- Gesetz und die vorbehaltlose Umsetzung der Istanbul-Konvention sind nur drei ausgewählte Beispiele dafür. Eine fortschrittliche Geschlechterpolitik braucht es auch in Hessen und, genau dafür braucht es die SPD, denn sie ist seit ihren Anfängen auch die Partei der Gleichstellung. Demgegenüber steht in Hessen eine handlungslose schwarzgrüne Koalition – es wird Zeit, dass sich das ändert.

 

Nadine Gersberg ist frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag.