Die Frage nach der Mobilität der Zukunft ist eine Schlüsselfrage für unsere Gesellschaft. Der Veränderungsbedarf ist in Anbetracht des menschenverursachten Klimawandels unbestreitbar. Über die Frage, welche Wege wir dabei beschreiten wollen, ringen Politik und Gesellschaft intensiv. Nicht zuletzt, weil es hierbei auch um die Frage geht, wie in Zukunft unser Miteinander funktionieren wird. Werden Menschen weiter die Möglichkeit haben, ihre Arbeitsplätze zu erreichen? Wie organisieren wir den Warenverkehr? Wie verhindern wir es, dass ländliche Räume immer weiter abgehängt werden und schaffen stattdessen endlich gleichwertige Lebensverhältnisse? Und wie kann es gelingen, die Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben für Menschen zu ermöglichen, die aus wirtschaftlichen Gründen in Ihrer Mobilität eingeschränkt sind? Wie können wir unsere Mobilitätsangebote besser auf die Bedürfnisse abstimmen, anstatt Menschen in das Schema eines überkommenen verkehrspolitischen Denkens einzupassen?
Daraus abgeleitet müssen wir uns fragen, welche Mobilitätsangebote wir in Zukunft benötigen und wie diese finanziert werden sollen. Das Mobilitätsverhalten von Menschen wie auch die Planung und Schaffung von Infrastruktur sind Themen, bei denen die Politik gut daran tut, langfristige und verlässliche Wege zu beschreiten. Wir sollten uns – jenseits tagespolitischer Positionen – auf einen Grundkonsens verständigen, wo wir hinwollen und vor allem was wir tun müssen, um an dieses Ziel zu gelangen. Um einen solchen gemeinsamen Verkehrskonsens für Hessen herauszuarbeiten, wurde auf Initiative der SPD-Landtagsfraktion eine Enquetekommission zur „Mobilität der Zukunft in Hessen 2030“ eingesetzt. Ihr Auftrag war es, gemeinsam und in hohem Maß auch über Parteigrenzen hinweg Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, auf die wir gemeinsam und langfristig hinarbeiten wollen. Hierzu wurden über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren zahlreiche Expertinnen und Experten gehört, Diskussionen geführt, Zwischenergebnisse gesichert und Positionen ausgetauscht.
Der ausdrückliche Auftrag des Landtages an die Enquetekommission war es, zu Handlungsempfehlungen zu gelangen, an denen auch zukünftige Landesregierungen ihre mobilitätspolitische Ausrichtung abgleichen können. Ohne Zweifel haben die vielen zumeist sehr guten Impulse große Erkenntnisgewinne gebracht. Sicherlich hat diese Arbeit auch dazu beigetragen, dass alle politischen Fraktionen ihre mobilitätspolitischen Positionen weiterentwickeln konnten. Wir haben zahlreiche Stellungnahmen verschiedener Fraktionen vorliegen. Auch gab es den Versuch, sich auf „Thesen“ zu verständigen, die jedoch beim genauen Hinsehen oftmals nicht über abstrakte und wünschenswerte Formeln hinausgehen. Nicht zufriedenstellend gelungen ist es, sich auf die erbetenen Handlungsempfehlungen zu verständigen.
Die Arbeitsphase der Enquetekommission kann durchaus als Erfolg bezeichnet werden. Man muss aber feststellen, dass die Landtagsmehrheit den Ergebnisfindungsprozess so angelegt hat, dass weder über mobilitätspolitische Ziele, noch über die notwendigen Mittel und Maßnahmen auf dem Weg dorthin eine Übereinkunft erzielt wurde. Dies ist durchaus nachvollziehbar: Nach der noch einvernehmlichen Aufteilung von Vorsitz und Berichterstattung unter sich gingen die Vorstellungen der Regierungsfraktionen von CDU und GRÜNEN mobilitätspolitisch derart auseinander, dass eine gemeinsame Positionierung nicht zu erreichen war. Damit blieb nur die Flucht ins Ungefähre. Die SPD-Landtagsfraktion vertritt die Ansicht, dass auf dieser Grundlage eine moderne und zukunftsgerechte Mobilität nicht zu erreichen ist.
Aus diesem Grund stellen wir hier unsere Positionen vor, so wie sie als Minderheitenvotum dem Bericht zur Enquete beigegeben wurden.
Wir möchten Sie alle herzlich einladen, mit uns über diese Ansätze, deren Für und Wider sowie über Themen, die aus Ihrer Sicht bisher zu kurz gekommen sind, in einen gemeinsamen Dialog einzutreten. Wir freuen uns auf den Austausch.
Günter Rudolph
Fraktionsvorsitzender
Minderheitenvotum der SPD-Landtagsfraktion
