
Der Hessische Landtag hat heute erneut über die Frage debattiert, ob die frühere Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) zum Ausgleich des von ihr verursachten Schadens für das Land Hessen im Zusammenhang mit der Abschaltung des Kernkraftwerks Biblis herangezogen werden muss.
Der SPD-Abgeordnete Norbert Schmitt, der haushaltspolitische Sprecher seiner Fraktion, sagte in der Diskussion:
Frau Puttrich hat eine rechtswidrige Verfügung zur Stilllegung der Atomkraftwerke in Biblis erlassen. Sie hat dabei alle Warnungen der zuständigen Atomabteilung und des Justizministeriums in den Wind geschlagen, die sie darauf hingewiesen hatten, dass eine Anhörung des Kraftwerksbetreibers erforderlich sei. Und sie hat aus politischer Halsstarrigkeit und Sturheit auch darauf verzichtet, die Anhörung nachzuholen. Die anschließende juristische Auseinandersetzung über die Stilllegungsverfügung, in der das Land Hessen krachend untergegangen ist, hat Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von rund drei Millionen Euro ausgelöst, die das Land zu tragen hatte. Für diesen Schaden ist Frau Puttrich persönlich haftbar. Deswegen erwarten wir selbstverständlich, dass sie hierfür Schadenersatz leistet.
Schmitt verwies auf ein Gutachten der Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Silke Ruth Laskowski von der Universität Kassel, in welchem ausdrücklich festgestellt wird, dass Frau Puttrich die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in Bezug auf ihre Dienstpflichten in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Hierzu sagte Norbert Schmitt: Es kann nicht sein, dass eine Ministerin in bodenlosem Leichtsinn handelt, Rechtsnormen bewusst umgeht und am Ende die Steuerzahler dafür gerade stehen müssen. Konrad Adenauer, den Frau Puttrich kennen sollte, hat einmal gesagt: Macht und Verantwortung sind untrennbar miteinander verbunden. Dieser Erkenntnis ihres früheren Kanzlers verweigert sich die CDU des Jahres 2017 konsequent. Stattdessen vertritt die Landesregierung den wirklich abenteuerlichen Standpunkt, dass ein Minister oder eine Ministerin für rechtswidrige Diensthandlungen nicht persönlich haftbar gemacht werden können. Das ist eine Einladung zum Machtmissbrauch.
Der SPD-Abgeordnete sagte, es führe zu aberwitzigen Ergebnissen, wenn sich die Rechtsauffassung durchsetze, dass Ministerinnen und Minister nur politisch (etwa durch eine Abwahl) zur Verantwortung gezogen werden können, nicht aber haftungsrechtlich. Schmitt erinnerte an die Feststellung von Prof. Dr. Ulrich Stelkens von der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, wonach nicht erkennbar sei, warum etwa bei Zusammenwirken eines Ministers mit einem Ministerialbeamten nur der Beamte für den hierdurch verursachten Schaden des Dienstherrn schadensersatzpflichtig sein soll. Setze sich die Landesregierung mit ihrem Standpunkt durch, wonach Artikel 34 Satz 1 des Grundgesetzes, § 839 BGB und das Hessische Beamtengesetz für Ministerinnen und Minister nicht gelten, würden im Ergebnis nicht einmal vorsätzlich schädigende Handlungen der Ministerinnen und Minister zu Lasten des Landes zum Schadensersatz führen.
Die Behauptung der Landesregierung, die Stilllegungsverfügung sei aufgrund einer Weisung des Bundes ergangen, nannte Norbert Schmitt ein Ablenkungsmanöver: Selbst wenn eine Weisung vorgelegen hätte, lag die Wahrnehmungskompetenz allein auf Seiten der Ressortministerin Puttrich. Die wiederum war offensichtlich nicht imstande, kompetent zu handeln. Und dafür muss sie haften.