Thorsten Schäfer-Gümbel: Hoffnungsschimmer lässt Pleiten und Fehlentscheidungen nicht vergessen

Im Rückblick auf die Landespolitik im Jahr 2015 sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel „die interfraktionelle Verantwortungsgemeinschaft in der Flüchtlingspolitik als einen Hoffnungsschimmer. Der lässt aber die Pleiten und Fehlentscheidungen nicht vergessen.“ Schäfer-Gümbel sagte am Dienstag in Wiesbaden: „Meist geht es schief, wenn CDU und Grüne nach dem Motto ‚Mehrheit ist Wahrheit‘ handeln. Von der Bildungspolitik über die Kommunalfinanzen bis zu den Untersuchungsausschüssen zu Biblis und NSU schadet diese Koalition mehr als sie nützt.“

Zu den wichtigsten landespolitischen Debatten des vergangenen Jahres zog Schäfer-Gümbel folgende Bilanz:

Gemeinsame Verantwortung für Zusammenhalt

Mit den gemeinsamen Änderungsanträgen von SPD und Koalition zum Landeshaushalt 2016 sei es gelungen, gemeinsame Verantwortung für die Wahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu übernehmen. „Die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge ist eine sehr große Aufgabe. Sie zu bewältigen, ohne andere Bevölkerungsgruppen zu benachteiligen, war Triebfeder dafür, über Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Ich bin froh, dass auf SPD-Initiative über 70 Millionen Euro bereitgestellt werden konnten, um in den Wohnungsbau zu investieren, den Ausbau von Ganztagsschulen anzuschieben und die Sach- und Personalausstattung der Polizei zu verbessern.“ Das Flüchtlingsthema werde auch im kommenden Jahr eine zentrale Aufgabe bleiben. „Wir erwarten insbesondere von der CDU, dass sie die Verantwortungsgemeinschaft der Demokraten auch vor Ort lebt und nicht im anstehenden Kommunalwahlkampf in ihren allzu oft erlebten, von Ressentiments strotzenden Populismus-Modus wechselt.“

Scheitern des Bildungsgipfels

An der Sturheit der CDU und am mangelnden Veränderungswilllen der schwarz-grünen Koalition sei der mit großem Tamtam gestartete Bildungsgipfel gescheitert. „Ein Bildungsgipfel, der vor vornherein darauf angelegt war, nicht über die dürftigen Formelkompromisse des schwarz-grünen Koalitionsvertrags hinauszugehen und der keinerlei Fortschritt beim der Bildungsgerechtigkeit gebracht hat, war zum Scheitern verurteilt“, sagte Schäfer-Gümbel. „Leider sind CDU und Grüne in bildungspolitischen Fragen nahezu nicht mehr unterscheidbar.“

Bürgerinnen und Bürger zahlen für Kommunalfeindlichkeit

Die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs wertete Schäfer-Gümbel als „verschärften kommunal- und bürgerfeindlichen Kurs“. „Dass die kommunale Familie am Ende der politischen Erpressung zähneknirschend zugestimmt hat, ändert nichts daran, dass die Neuordnung den Aufgaben der Kommunen nicht gerecht wird und ihre Handlungsfähigkeit weiter eingeschränkt wird.“ Schwarz-Grün habe die Kommunen systematisch genötigt, die Leistungen für ihre Bürgerinnen und Bürger einzuschränken und Gebühren und Steuern zu erhöhen. „Die Bürgerinnen und Bürger zahlen die Zeche dafür, dass Schwarz-Grün den Kommunen die aufgabengerechte Finanzierung verweigert.“

Wagenburgmentalität bei schwarzen Altlasten

Bei der Aufarbeitung von Altlasten der früheren CDU-geführten Landesregierungen zeichne sich Schwarz-Grün inzwischen durch eine „Wagenburgmentalität“ aus, bei der insbesondere die Grünen ihre frühere kritische Haltung völlig aufgegeben hätten. „Besonders schmerzlich ist dies bei der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen. CDU und Grüne haben dem Untersuchungsausschuss nicht zugestimmt und treiben die Aufklärung nicht voran, sondern legen ihr andauernd Steine in den Weg.“ Beim Biblis-Ausschuss zeichne sich ab, dass die Koalition das offenkundige Versagen der früheren Umweltministerin Puttrich und von Ministerpräsident Bouffier unter den Teppich kehren wolle. Und nachdem die Grünen wegen der so genannten Polizeichef-Affäre seinerzeit den Rücktritt von Bouffier gefordert hätten, seien sie auf Tauchstation gegangen, nachdem jetzt ein Schadensersatz von 50.000 gezahlt werden musste. „Politisches Rückgrat zeigen die Grünen hier nicht. Was leider auch beim Dauerthema Irmer zu kritisieren ist. Verbale Distanzierung bei gleichzeitigem Verzicht auf politischen Druck auf den Koalitionspartner ist eindeutig zu wenig.“

Kein gesellschaftlicher Fortschritt

An einer Vielzahl von Themen lassen sich belegen, dass unter Schwarz-Grün kein gesellschaftspolitischer Fortschritt zu erwarten sei. „Trippelschritte oder Stillstand bei der Bürgerbeteiligung, bei der Gleichberechtigung, bei Inklusion und bei der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zeigen, dass Schwarz-Grün kein Gestaltungsbündnis, sondern ein reines Machtbündnis ist.“