
Die innenpolitische Sprecherin der hessischen SPD-Landtagsfraktion Nancy Faeser hat in der von der SPD einberufenen Aktuellen Stunde zum Kasseler Mord an Halit Yozgat durch den NSU den neuen Sachverhalt wie folgt kommentiert:Es steht nun nicht mehr nur im Raum, dass der hessische Verfassungsschutz die polizeilichen Ermittlungen behindert haben könnte. Es gibt nun auch Gründe zu der Annahme, dass hessische Beamte vor dem Mordanschlag auf Halit Yozgat möglicherweise Kenntnis von einer geplanten Straftat gehabt haben könnten. Es wäre ein unvorstellbarer Skandal, wenn ein Mitarbeiter des Landes Hessens vor der Tat Hinweise gehabt hätte und die Tat hätte verhindert werden können, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Wiesbaden.
Faeser verwies darauf, dass am 21. Februar auch bekannt geworden sei, dass sich der damalige Innenminister Volker Bouffier 2006 in das laufende Disziplinarverfahren gegen den Verfassungsschützer Andreas Temme persönlich nicht nur eingemischt, sondern darauf hin gewirkt habe, dass der Verfassungsschützer weiter seine Bezüge behält. Der Verfassungsschützer Temme stand damals unter Mordverdacht und es lagen Straftaten nachweisbar vor, denn er besaß illegal Waffen und auch Drogen. Es ist unüblich, dass sich ein Innenminister in ein laufendes Disziplinarverfahren höchst selbst einmischt. Es ging um einen Beamter des mittleren Dienstes, gegen den eine Mordermittlung eingeleitet wurde! Das wirkt angesichts der vielen Mobbingfälle bei der hessischen Polizei und verhängten Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamten ohne Bezüge doch mehr als auffällig. Wieso wurde denn so fürsorglich mit einem Mitarbeiter umgegangen, der unter Mordverdacht stand. Wo bleibt die Distanzierung der Landesregierung wie sonst in solchen Fällen?, sagte Faeser.
Sehr seltsam in diesem Zusammenhang sein deshalb auch der Bericht der Hessenschau vom Montag. Dabei habe ein Redakteur bei dem damaligen V-Mann des Verfassungsschützers Benjamin G. aus der rechtsextremen Szene geklingelt. Er habe nicht geöffnet, aber zwei Minuten später sei die Polizei vor Ort gewesen und gesagt, er stehe unter Schutz.
Jetzt stellt sich schon die Frage, Herr Innenminister, schützen sie einen bekannten Rechtsextremen aus Kassel und warum? Der gesamte Umgang mit dem V-Mann seitens der Landesregierung wirft doch Fragen auf: Wieso erhielt der V-Mann als er vor dem OLG in München ausgesagt hat einen Zeugenbeistand der Landesregierung? Er ist kein Angestellter des Landes Hessens. Warum hatte er nur eine beschränkte Aussagegenehmigung? Auf all diese Fragen gibt es bislang keine Antworten. Vor allem passt es nicht zu dem Bild, was der Verfassungsschutz bis heute stellt, dass Benjamin G. nur ein kleines Licht in der Szene ist und als Quelle angeblich unbrauchbar war, so Faeser.
Die Innenpolitikerin äußerte ihre Hoffnungen, dass auf all diese Fragen der Untersuchungsausschuss Antworten finden müsse. Aber es geht auch um politische Verantwortung. Deshalb ist die Frage an den Ministerpräsidenten angebracht, was er zur Aufklärung beiträgt, so Faeser.
Es sei nun geboten, vollständig und lückenlos aufzuklären. Ich fordere die Landesregierung jetzt auf, endlich die von uns angeforderten Akten vollständig, zeitnah und ungeschwärzt an den hessischen Untersuchungsausschuss auszuhändigen. Durch diese Vorwürfe im öffentlichen Raum herrscht eine Beweislastumkehr. Die Landesregierung und niemand sonst müssen diese Vorwürfe entkräften, so Faeser.