Thorsten Schäfer-Gümbel: Bouffier-Brief an RWE wirft Fragen auf, die rückhaltlos aufgeklärt werden müssen

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich in ihrer heutigen Sitzungen mit dem Bericht des ARD-Magazins Monitor zu den aktuellen Entwicklungen in der rechtswidrigen Abschaltung des AKW Biblis befasst. Zum weitere Verfahren hat der Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel festgestellt: „Der von RWE bestellte und von Ministerpräsident Bouffier kurz vor Ablauf des Stillegungsmoratoriums geschriebene Brief an den damaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Jürgen Großmann schadet dem Land Hessen. Die Aussage, dass die Hessische Landesregierung gegen das Wiederanfahren der Anlage in Biblis vorgehen werde, ermöglicht dem Energieunternehmen, das Land auf Schadenersatz zu verklagen. Die Behauptung des Ministerpräsidenten, dass der Brief juristisch irrelevant und lediglich politisch sei, ist in keiner Form nachvollziehbar. So hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in zwei Zwischenurteilen vom 4. Juli 2012 zur Frage, ob die Klage von RWE auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Stilllegungsanordnung, unter anderem das Schreiben des Ministerpräsidenten herangezogen“ sagte Schäfer-Gümbel am Dienstag in Wiesbaden. ((Anm.: Die Zwischenurteile des VGH vom 4. Juli 2012 tragen die Az. 6 C 824/11.T (Ziff. 25) und 6 C 825/11.T (Ziff. 27))“

„Der Vorgang war, wie wir nun wissen, mit dem damaligen Chef des Bundeskanzleramtes, Ronald Pofalla, abgesprochen. Dies geht unzweifelhaft aus dem Großmann-Schreiben hervor“, so der SPD-Politiker. Die SPD sehe nur zwei mögliche Motive für den Briefwechsel zwischen Herrn Großmann und Herrn Bouffier: entweder sei damit die Stilllegung bestellt, um den RWE-Aktionären gegenüber sagen zu können ‚wir hätten ja wiederangefahren, wir durften aber nicht‘, und Bouffier habe in Kumpanei mitgespielt, oder der Ministerpräsident des Landes Hessen sei wie ein Anfänger in die RWE-Falle getappt. „Letzteres erscheint uns aber wenig wahrscheinlich,“ sagte Schäfer-Gümbel. „Jedenfalls legte der Ministerpräsident mit seinem Schreiben den Ball auf den Elfmeterpunkt und nahm auch noch den Torwart aus dem Spiel.“

Ergebnis dieses unglaublichen Vorfalles sei nun die Klage von RWE auf Schadenersatz, bei der es für die hessischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen um 235 Millionen Euro gehe.

Die SPD-Fraktion werde deshalb im Biblis-Untersuchungsausschuss beantragen, den in besagtem Schriftverkehr namentlich genannten ehemaligen Chef des Bundeskanzleramtes als Zeugen zu vernehmen. „Außerdem werden wir in der Sitzung am kommenden Freitag beantragen, Herrn Bouffier und Herrn Dr. Großmann zeitlich früher zu vernehmen als auf dem Terminplan des UNA bisher vorgesehen. Es ist nur schwer zu glauben, dass bei diesem wichtigen und bis in alle Verästelungen diskutierten politischen Prozess die Bundeskanzlerin nicht eingeweiht worden war“, sagte Schäfer-Gümbel.

Es sei schlichtweg unglaublich, so Schäfer-Gümbel abschließend, dass ein offensichtlicher Akt von Kumpanei unter den genannten Personen zu einem Millionen-Schaden für die hessische Landeskasse führen könne. Deshalb sei der Vorgang rückhaltlos aufzuklären.