
Der Vizepräsident des Hessischen Landtages und Mitglied der SPD-Landtagsfraktion Lothar Quanz hat den Männern und Frauen, die am 17. Juni 1953 im ehemaligen Ost-Berlin und in hunderten weiteren Orten der damaligen DDR für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Gewährung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse demonstrierten, seinen höchsten Respekt ausgesprochen. Der 17. Juni war ein Tag, an dem nach Freiheit gerufen wurde, an dem Bürgerrechte eingefordert und an dem Widerstand gegen ein Unrechtsregime geleistet wurde. Aus diesem Tag wurden die Wurzeln gegründet, aus denen dann der Baum der Freiheit 1989 wachsen konnte. Das Regime hatte seine Legitimation verloren, nur brutale staatliche Gewalt war noch in der Lage, das Feuer der Empörung zu löschen. Dutzende von Toten, Hunderte von zum Teil schwer Verletzten, Tausende von Verhaftungen, eine schreckliche Bilanz staatlicher Unterdrückung von Menschen, die nur nach Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse und nach Freiheit und Menschenrechten gerufen hatten. Aus einem Traum von Freiheit war ein Alptraum von Gewalt und Unterdrückung geworden. Tausende von Bürgerinnen und Bürgern hatten Rückgrat gezeigt, als es noch von staatlichem Terror zerbrochen werden konnte. Ihre Opfer waren nicht umsonst und es gilt diese dauerhaft zu würdigen.
Wir ehren die Opfer in unserem Andenken und vergessen sie nicht. Wir leisten damit einen dauerhaften Beitrag zum Erhalt unserer Freiheit, sagte Quanz am Mittwoch in Wiesbaden.
Die folgenden Jahrzehnte bis 1989 hätten gezeigt, dass staatlich verordnete Unterdrückung erneut durch einen Sicherheitsapparat organisiert werden konnte, der einen Teil des Volkes in Unfreiheit beließ. 17 Millionen Deutsche zahlten einen zusätzlichen Preis für die Naziverbrechen in Form einer besonderen Kriegsschuld. Statt Freiheit und Wohlstand hieß der Alltag Unfreiheit und Ärmlichkeit. Ohne einen Wandel der politischen Großwetterlage, ohne Glasnost und Perestroika, ohne den Wandel der Politik in der Sowjetunion durch Michail Gorbatschow, ohne Wandel durch Annäherung als eine neue Qualität der westlichen Ostpolitik, ohne den Kniefall Willi Brandts im Warschauer Ghetto, ohne den KSZE-Prozess, ohne die Bürgerrechtsbewegungen in der Tschechoslowakei, in Polen und dann schließlich in der DDR selbst, wären die Ereignisse des November 1989 undenkbar und historisch nicht möglich geworden. Insofern aber entdecken wir, dass der November 89 durchaus in der Tradition und Fortführung der Ziele und Motive der politisch aufständischen Menschen des 17. Juni 1953 steht, so der Vizepräsident.
Deshalb sei dies ein Tag, auf den man gemeinsam stolz sein dürfe. Die deutsche Geschichte sei nicht überreichlich geprägt von Menschen, die besondere Zivilcourage zeigten, die sich dem Unrecht entgegen stemmten. Auch deshalb seien die Opfer von 1953 schlicht Vorbilder für das Volk.
Die Opfer mahnen, dass das Ringen um Freiheit stets begleitet sein muss mit dem Ringen um soziale Gerechtigkeit, und dass Solidarität nicht nur in Sonntagsreden vorkommt, sondern in der alltäglichen gesellschaftlichen Praxis. Unsere Solidarität gilt allen Völkern die um ihre Freiheit kämpfen, die sich gegen Unterdrückung und Terror stemmen. Egal, ob in Syrien, im Irak und Iran oder in Afrika oder Südamerika. In der Türkei erleben wir gerade, welch hohes Gut das in unserem Grundgesetz in Artikel Acht verankerte Demonstrationsrecht, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist, sagte Quanz.
Wir können uns an diesem Tag mit Stolz einer Traditionslinie deutscher und europäischer Freiheitsgeschichte vergewissern, die länger als anderthalb Jahrhunderte zurückreicht. Und wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind stolz darauf, dass unsere 150-jährige Geschichte aufs Engste verknüpft ist mit dieser Traditionslinie. Dies ist die dauerhafte Aufgabe unserer Generation, unseren Kindern und Kindeskindern vorzuleben, unser Wissen, unsere Erkenntnisse und so gut es geht, Erfahrungen weiterzugeben, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Freiheit, die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte, dass Gerechtigkeit und Solidarität eben nicht selbstverständlich sind, sondern der täglichen Verteidigung und des engagierten Eintretens dafür immer aufs Neue bedürfen. Es muss gelingen, diesen Appell erfolgreich praktische Wirklichkeit werden zu lassen. Es muss gelingen, auch die facebook-Generation zu erreichen. Es muss gelingen, ein Bewusstsein zu vermitteln, dass die politische Freiheit die Voraussetzung ist für die Freiheit im Netz, so der SPD-Politiker.