
Als perspektivlose Aneinanderreihung von Phrasen hat der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Gerhard Merz die Regierungserklärung von Sozialminister Grüttner bezeichnet. Sowohl der Minister als auch die Koalitionsfraktionen mit ihrem Entschließungsantrag bleiben alles schuldig, was man von einer seriösen Beschäftigung mit dem komplexen Thema Familienpolitik erwarten müsste, sagte Merz am Dienstag in Wiesbaden.
Vielmehr hätten der Minister und die schwarz-gelbe Koalition eine selbstgefällige und geschönte Bilanz gezogen und sich dabei Leistungen anderer als eigenes Verdienst zugerechnet. Kein Wort davon, wer den weitaus größten Teil der angeblich 2,5 Milliarden Euro für familienpolitische Leistungen in Hessen leistet und dass von 425 Millionen Euro pro Jahr für frühkindliche Bildung nur 38,5 Millionen Euro als originäre Landesmittel gerechnet werden können. Dies steht im kläglichen Missverhältnis zu den Gesamtkosten von rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr hessenweit. Das alles nennt man eine politische Bilanzfälschung, so der SPD-Abgeordnete.
Das gelte auch für die Beteiligung des Landes an den Investitionskosten für den Ausbau des U3-Angebots. Dass es sich das Land schon als Verdienst anrechnet, die dafür vorgesehenen Bundesmittel vollständig an die Träger weiter geleitet zu haben, spricht Bände. Schwarz-Gelb habe sehr spät und unzureichend auf die kritische Situation bei der Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für 1-3jährige Kinder reagiert.
Merz erneuerte die Kritik der SPD an der Reduzierung von Familienpolitik auf Modellversuche und Vergabe von Gutscheinen und Ermäßigungen via Familienkarte. Gar nicht angesprochen worden seien die Problemkomplexe Familien- und Kinderarmut, Gewalt und sexueller Missbrauch in Familien, die Wohnungssituation, die besondere Situation von Familien mit Migrationshintergrund und die drängende Frage der rechtlichen und materiellen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben offenkundig weder den Willen noch die Kraft zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Lage von Familien heute und deshalb sind sie auch nicht in der Lage, wirkliche Perspektiven für Familien zu entwickeln. Es fehlt an einer präzisen Analyse der vielfältigen Formen des familiären Zusammenlebens und an einer Beschreibung der wachsenden Probleme, mit denen sich Familien heute konfrontiert sehen. Auch warten wir vergebens auf eine Standortbestimmung der Familienpolitik als gestaltende Gesellschaftspolitik und politische Querschnittsaufgabe, sowie auf eine Definition der maßgeblichen Handlungsfelder durch die Kritik bestehender und die Entwicklung zukünftiger Maßnahmen, sagte Merz.