
Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Lisa Gnadl hat am Donnerstag in Wiesbaden einen Gesetzentwurf für ein Hessisches Gleichberechtigungsgesetz vorgestellt. Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz (HGlG) muss erneuert werden. Wir legen hierzu einen kompletten Entwurf vor. Das derzeit noch gültige Gesetz läuft zum Ende des Jahres aus. Es sind bisher keine Anzeichen dafür erkennbar, dass die Landesregierung ihr vielfach geäußertes Versprechen, eine Novellierung vorzunehmen, einhält. Frauenpolitik findet in dieser Regierung von CDU und FDP nicht statt. Diese passt in das Bild einer männerdominierten FDP und einer CDU, die lediglich so genannte Flexi-Quoten für Frauen in Aufsichtsräten will und damit Augenwischerei betreibt, sagte Gnadl.
Der Entwurf der SPD-Fraktion werde den heutigen Anforderungen an Frauenförderung gerecht. Wir haben gut ausgebildete Frauen, Frauen die Führungsverantwortung übernehmen wollen und können. Aber sie stoßen immer noch an eine gläserne Decke, wenn es um die Übernahme von Leitungsfunktionen geht. Dafür ist die Landesverwaltung das beste Beispiel. Im Finanz- und im Innenministerium, im Ministerium für Justiz, Europa und Integration sowie im Wirtschaftsministerium sind die Abteilungsleitungen frauenfreie Zonen, in den übrigen Ministerien sieht es auch nicht viel besser aus. Wer will, dass Frauen hier endlich vorankommen, muss klare Regeln aufstellen und konkrete Schritte verabreden. Wir brauchen Frauenförderpläne, die diesen Namen auch verdienen. Bloße Absichtserklärungen, die keine Veränderung nach sich ziehen, helfen nicht weiter, so die SPD-Politikerin. Der Öffentliche Dienst habe zwar einen wesentlich höheren Anteil an Frauen an den Beschäftigten, dies schlage sich aber in den Führungs- und Leitungsfunktionen bisher nicht nieder. In Hessen sei das Ergebnis besonders traurig. Der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgelegte zweite Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland vom Januar 2013 weise für Hessen einen Anteil an Führungspositionen bei obersten Landesbehörden von nur neun Prozent aus. Nur Thüringen sei mit sieben Prozent noch schlechter, der Bundesdurchschnitt liege bei 20 Prozent. In Hessen bestehe nach Ansicht von Gnadl also erheblicher Handlungsbedarf, den die SPD mit dem Gesetzentwurf Rechnung tragen wolle.
Der vorgelegte Entwurf trage den Forderungen von Frauenbeauftragten nach mehr und vor allem durchsetzbaren Rechten Rechnung. Aus vielen Gesprächen mit Frauenbeauftragten wissen wir, dass diese vor allem darunter leiden, ihre Forderungen nicht durchsetzen und gegen nicht eingehaltene Zusagen nicht vorgehen zu können. Frauenbeauftragte müssen die Möglichkeit erhalten, gegebenenfalls vor Gericht gehen zu können. Das wird nicht dazu führen, dass zukünftig massenweise Klagen von Frauenbeauftragten eingereicht werden. Alleine die Ausstattung mit diesem Instrument wird den Frauenbeauftragten Respekt verschaffen, so die SPD-Abgeordnete. Wer Frauenförderpläne einfach ignoriere, müsse zukünftig mit Sanktionen rechnen. Wir haben dazu ein abgestuftes Verfahren entwickelt, in dem auch ganz viele Einigungsmöglichkeiten eingebaut sind. Wir setzen auf Kooperation zwischen Dienststellenleitung und Frauenbeauftragten. Aber wir müssen den Frauenbeauftragten letztendlich die Möglichkeit geben, ihre Rechte und vor allem die der betroffenen Frauen einzuklagen, sagte Gnadl.
Durch die Ausweitung des Geltungsbereichs des HGlG auf Unternehmen, die vorwiegend vom Land oder Kommunen kontrolliert würden und auf privatisierte Unternehmen, sei eine weitere Anregung von Frauenbeauftragten erfüllt. Damit sichern wir in einem größeren Bereich die Frauenförderung. Dies kann als gutes Beispiel auch für die freie Wirtschaft dienen. Ich bin überzeugt, dass wir auch dort bald ein gutes Stück vorankommen werden. Privatwirtschaftliche Unternehmen sind gut beraten, die Kompetenzen von Frauen endlich anzuerkennen und zu nutzen, so Gnadl. Die Debatte um eine feste Quote für Aufsichtsräte sei nun lange genug geführt worden. Wir sollten uns am Beispiel der skandinavischen Länder orientieren. Dort sind feste Quoten seit langer Zeit eingeführt und haben erfolgreich dafür gesorgt, dass Frauen ihren Anteil an Führungsverantwortung übernehmen können, sagte die frauenpolitische Sprecherin.
Neu im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion sei außerdem eine zentrale unabhängige Stelle, die für alle weiblichen Beschäftigten direkt ansprechbar sei und Hilfe in allen Gleichberechtigungsfragen bieten werde. Aufgabe dieser Stelle, die beim für Frauenfragen zuständigen Ressort der Landesregierung angesiedelt werden solle, sei es außerdem, die Praxis der Gleichberechtigung in Hessen auszuwerten, Veränderungsvorschläge zu entwickeln und der Benachteiligung von Frauen entgegenzuwirken. Die Leitung dieser Stelle soll vom Landtag direkt gewählt werden, sie soll unabhängig und weisungsfrei sein. Nur so kann sie ihre volle Kraft für die Interessen von Frauen entwickeln. Mit dem Gesetzentwurf wird es auch eine paritätische Gremienbesetzung geben. Dazu ist es noch erforderlich, weitere Gesetze zu ändern, was in einem zweiten Schritt geschehen soll. Wir freuen uns auf die Anhörung unseres Gesetzentwurfs und den inhaltlichen Diskurs mit Frauenbeauftragten und mit Frauenverbänden und organisationen. Wir präsentieren unseren Entwurf als Vorschlag und wünschen uns eine offene Debatte, die auch zum Ziel hat, unseren Entwurf durch Änderungen noch zu verbessern, so Gnadl.
Frauenförderung muss in der Landesverwaltung eine Aufgabe werden, der insbesondere die Personen in Führungsfunktion verpflichtet sind. Dazu ist es notwendig, dass die Spitze der Landesregierung Frauenförderung als eine zentrale Frage ansieht und mit entsprechendem Nachdruck dafür einsteht. Das Versprechen, dies zu tun, wird die SPD bei einer Regierungsübernahme einlösen, sagte die SPD-Politikerin.