Gemeinsame Sitzung der Fraktionsvorstände der SPD-Landtagsfraktionen Hessen und Rheinland-Pfalz

Die Fraktionsvorstände der SPD-Landtagsfraktionen in Hessen und Rheinland-Pfalz haben sich auf ihrer gemeinsamen Sitzung am 6. November 2012 auf folgendes Positionspapier verständigt:

Wir stärken den sozialen Zusammenhalt.

Die beiden Fraktionsvorstände bekräftigen, den freundschaftlichen und zielführenden Dialog zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz weiterhin eng fortzuführen. Während der Sitzung formulierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsame Ziele zu den folgenden politischen Schwerpunkten:

Bildung als Gemeinschaftsaufgabe aller Ebenen – Mehr Zeit zum Lernen!

Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit zu verwirklichen, ist eine Aufgabe aller politischen Ebenen. Deshalb streben wir eine Grundgesetzänderung an mit dem Ziel, nachhaltige Verbesserungen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich zu erreichen und vor allem dauerhaft eine angemessene Finanzausstattung zu sichern. Diese notwendige Änderung zur besseren Zusammenarbeit von Bund und Ländern muss das gesamte Bildungssystem in den Blick nehmen – von der frühen Bildung über die Schule bis hin zu Hochschule. Nur wenn das gesamte Bildungssystem als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen verstanden wird, können die Herausforderungen der kommenden Jahre gemeistert werden. Deswegen lehnen die SPD-Fraktionen von Rheinland-Pfalz und Hessen auch die Vorstellungen der Bundesregierung und ihrer Bildungsministerin Schavan ab, die nur ganz wenige, prestigeträchtige Hochschul-Forschungsprojekte von überregionaler Bedeutung durch die Grundgesetzänderung erfassen will. Diese Politik der Rosinenpickerei greift zu kurz und wird der Verantwortung aller staatlichen Ebenen nicht gerecht.

Kinder brauchen Zeit zum Lernen. Die SPD-Fraktionen von Hessen und Rheinland-Pfalz haben die flächendeckende Einführung einer verkürzten gymnasialen Schulzeit (G8) immer abgelehnt. Die erforderliche Verdichtung des Unterrichtsstoffes vor allem in der Mittelstufe ist pädagogisch falsch und qualitätsmindernd. Zudem hat sich gezeigt, dass eine Reihe organisatorischer Fragestellungen, die sich mit einer Einführung von G8 ergeben (Raumbedarf, Doppeljahrgänge, etc.), bis heute an vielen Schulen ungeklärt sind.
Fast 10 Jahre sind in Hessen seit dem Beschluss der Schulzeitverkürzung vergangen und die hessischen Eltern haben sich nach vielfältigen Erfahrungen ein klares Bild gemacht: rund 90 Prozent der Eltern in Hessen lehnen die verkürzte gymnasiale Schulzeit (G8) ab. Dies ist für die SPD-Fraktion in Hessen zugleich Auftrag. Deswegen plädiert die SPD-Fraktion in Hessen für die Rückkehr zu einer sechsjährigen Mittelstufe am Gymnasium und der Flexibilisierung von Lernzeiten vor allem beim Schuleingang und in der gymnasialen Oberstufe. Hinzu tritt die klare Aussage für mehr Ganztagsschulen in Hessen. Gerade im Grundschulbereich muss die Entwicklung vorangebracht werden, denn wer früh fördert gewinnt langfristig! Individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen in Ganztagsschulen muss auch individuelle Schulverweildauern ermöglichen.
Rheinland-Pfalz hat dem von Anfang an Rechnung getragen: Dort ist das Angebot von G8 nur an einigen wenigen Standorten verwirklicht worden, wo Eltern und Schulen dies wünschten. Zudem ist es obligatorisch mit einem Ganztagsschulkonzept verbunden. Das ist sinnvoll, denn der Ausbau des Angebots an Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz seit 2002 ist eine Erfolgsgeschichte. Mittlerweile sind dort 527 Schulen Ganztagsschule. Rechnet man zu den Ganztagsschulen, die ein zusätzliches Bildungsangebot an vier Tagen in der Woche jeweils zwischen 8 und 16 Uhr machen, noch die vor 2002 entstandenen verpflichtenden Ganztagsschulen und die 19 G8-Ganztagsgymnasien hinzu, sind derzeit mehr als 43 Prozent aller allgemeinbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz Ganztagsschulen mit einem verbindlichen Rahmen für das Bildungsangebot, das Schülerinnen und Schülern gemacht wird. Darüber hinaus gibt es zudem noch die so genannten „offenen“ Ganztagsangebote an Schulen, beispielsweise die betreuenden Grundschulen.

Mit dem „Haus der Bildung“ hat die hessische SPD-Fraktion ein umfassendes Reformkonzept vorgelegt, so dass nach dem angestrebten Regierungswechsel in Hessen beide Länder ab 2013 wieder gemeinsam für eine erfolgreiche Bildungspolitik stehen.

Bürger vor Fluglärm schützen – Alternativen stärken

Die Menschen im Rhein-Main-Gebiet sind vom Fluglärm durch den Flughafen Frankfurt/Main länderübergreifend und in besonderer Weise betroffen. Durch die neue Landebahn Nordwest sind bis zu 250.000 zusätzliche Flugbewegungen im Jahr möglich. Der berechtigte Protest macht deutlich: Durch die unverantwortliche Politik der schwarz-gelben Landesregierung in Hessen, das Mediationsergebnis zu verlassen und keine Transparenz über die Belastungen der Menschen herzustellen, ist schwerer Schaden entstanden.
Die Menschen in der Rhein-Main-Region erwarten zu Recht ein uneingeschränktes Engagement der SPD-Fraktionen zur Begrenzung und Verlagerung des Fluglärms. Zudem bedarf es einer Flugroutenplanung, die insgesamt betrachtet die geringste Lärmbelastung mit sich bringt.

Die beiden Fraktionsvorstände haben sich auf folgende Forderungen verständigt:

1.Auf Bundesebene streben wir eine Regelung im Luftverkehrsgesetz an, die sicherstellt, dass Flugrouten in einem beteiligungsorientierten und demokratisierten Verfahren festgelegt werden, das die Bürgerbeteiligung sicherstellt.

2.Auf der Bundesebene sprechen wir uns für eine Erweiterung des § 29 b Abs. 2 des Luftverkehrsgesetzes aus, damit dem Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm ausreichend Rechnung getragen wird.

3.Schwarz-Gelb in Hessen muss endlich das gerichtlich gesicherte Nachtflugverbot sicherstellen.

4.Beide Fraktionsvorstände sind sich einig, dass die Diskussion über eine Festlegung von lokalen Lärmobergrenzen endlich auch von der hessischen schwarz-gelben Landesregierung aufgegriffen werden muss. Die sozialdemokratischen Landtagsfraktionen werden zur Konkretisierung eines Entlastungsmodells eine gemeinsame Arbeitsgruppe einrichten.

5.Beide Fraktionsvorstände setzen sich für die Umsetzung einer engen Vernetzung der Flughafenstandorte Frankfurt/Main und Frankfurt/Hahn durch ein echtes Kooperationsmodell ein. Der Flughafen Hahn ist ein wichtiger Baustein für die Entlastung der fluglärmbelasteten Menschen im Rhein-Main-Gebiet.