
Der Haushaltsentwurf der Landesregierung entspricht nach Auffassung der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag nicht der Verfassung. Finanzminister Schäfer veranschlagt für die Ermittlung der maximalen Obergrenze der Neuverschuldung statt der korrekte Nettoinvestitionssumme von 1.024 Milliarden Euro die deutlich höhere Investitionssumme von 1.550 Milliarden Euro, die neben den originären Investitionen des Landes auch noch die Finanzierungsanteile der Kommunen enthält. Nur so schafft er es, die geplante Neuverschuldung des Landes für 2012 in Höhe von mehr als 1,5 Milliarden Euro knapp unter der Summe der Investitionen zu halten. Nimmt man die korrekte Nettoinvestitionssumme als Maßstab an, so wie die Staatspraxis in Hessen immer war, überschreitet der Finanzminister die zulässige Grenze für die Neuverschuldung um rund 500 Millionen Euro. Der Haushaltsentwurf ist damit verfassungswidrig, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im hessischen Landtag am Mittwoch anlässlich einer Pressekonferenz.
Der Finanzminister breche zudem im Ausgabenbereich seine eigenen Zielvorgaben. In der vor einem Jahr vorgelegten Finanzplanung sollten 2012 die Ausgaben nur um 0,2 Prozent steigen. Im nun vorgelegten Entwurf steigen die Ausgaben um ein Vielfaches. Mit geplanten Mehrausgaben von 3,2 Prozent (nach Länderfinanzausgleich und kommunalem Finanzausgleich) im Entwurf für 2012 ist Schäfer damit das schwarze Schaf unter den Finanzministern der Länder. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Tarifsteigerungen in Höhe von rund 160 Millionen Euro reichten hierbei als Ausrede bei Weitem nicht aus, um die Steigerung der im Vergleich zur Finanzplanung über 500 Millionen Euro höheren Ausgaben zu rechtfertigen. Der Finanzminister habe ganz eindeutig seine eigenen Zielvorgaben den Wünschen der Ressortminister geopfert und habe offensichtlich due Haushaltsaufstellung nicht im Griff.
Vielmehr müsse der Finanzminister trotz bester wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in 2012 noch immer mehr als 1,5 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. So verweist Schmitt auf die Steuereinnahmen in Hessen, die nach dem Länderfinanzausgleich mit prognostizierten 14,9 Milliarden Euro auf einem Allzeithoch angekommen seien, was einer Steigerung von 11,4 Prozent entspräche. Zudem sei auch das Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren mit 3,6 Prozent und 3,0 Prozent in 2010/2011 außergewöhnlich hoch und die Zahl der Arbeitslosen in Hessen niedrig. Wann, wenn nicht unter diesen Rahmenbedingungen müsste es doch möglich sein, die Neuverschuldung noch deutlich weiter zu senken, so der Sozialdemokrat.
Anstelle einer weiteren Reduzierung der Neuverschuldung oder zur Tilgung von Krediten würden stattdessen von der Landesregierung geplante Erlöse aus Verkäufen aus dem Haushalt in einen sogenannten Zukunftsfonds Hessen ausgelagert, der ausschließlich zum wählerwirksamen Verteilen von Geschenken in Wahlzeiten diene. Keine der dort geplanten Maßnahmen könne nicht genauso gut über den offiziellen Haushalt des Landes abgebildet werden.
Zudem widerspreche der geplante Verkauf von Tafelsilber ausdrücklich dem Gedanken der Schuldenbremse, die ab 2020 gelten soll. Auch komme die in der Schuldenbremse ausdrücklich verankerte Pflicht zur Berücksichtigung der Einnahmeseite bisher im Entwurf der Landesregierung nicht vor. Ohne Mehreinnahmen werden die öffentlichen Kassen nicht ins Lot kommen. Die Landesregierung darf deshalb keinen Steuererleichterungen auf Bundesebene zustimmen.
Im Ergebnis werden also alleine in den nächsten vier Jahren nach der vorliegenden mittelfristigen Finanzplanung weitere rund 5 Milliarden Euro neue Schulden hinzukommen, bis 2015 wird der Schuldenberg damit auf ca. 46 Milliarden Euro angewachsen sein, sagte der Finanzpolitiker. Insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Zinssteigerungen berge diese enorme Summe ein erhebliches Zinsrisiko. Sollte das Zinsniveau nur um wenige Prozentpunkte steigen, raubten uns die Zinszahlungen sämtliche Gestaltungsspielräume für die Zukunft.
Fortgesetzt werde neben dem Schuldenmachen auch die Kommunalfeindlichkeit der Landesregierung. So würde u.a. an den nicht vertretbaren Kürzungen gegenüber den hessischen Kommunen in Höhe von 344 Millionen Euro festgehalten, zum geplanten Rettungsschirm für die Kommunen herrsche dagegen weiterhin absolute Funkstille.
Zudem kollidiere die Planung eines kommunalen Rettungsschirmes inhaltlich mit der zugleich mantra-gleich vorgetragenen Feststellung des Ministers, dass die Kommunen eigentlich überfinanziert seien und die Mittel des KFA auf einem Höchststand angekommen seien. Betrachtet man das vom Finanzminister angesprochene Allzeithoch bei den kommunalen Finanzen genauerer, stellt man fest, dass im Entwurf des Finanzministers unzulässiger Weise die Zuschläge zum Zinsdienst und zur Kompensationsumlage von den Kommunen zu tragen sind, als KFA-Mittel dargestellt werden und zuvor verschwiegen werde, dass due Grunderwerbssteuer nicht mehr den Kreisen sondern dem Land zufließe. Zudem wolle das Land den Kommunen in einer Nach und Nebel-Aktion 20 Millionen Euro für die Verkehrsverbünde entziehen.
Dieses Täuschen und Tricksen bringt die hessischen Kommunen zu Recht auf die Palme. Nie war das Verhältnis zwischen Land und Kommunen so schlecht wie derzeit. Die angekündigte Verfassungsklage dreier Landkreise stellvertretend für die kommunale Familie macht deutlich, wie zerrüttet das Verhältnis derzeit ist, so Schmitt.