Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Stefan Körzell (DGB): Wir brauchen wieder Ordnung am Arbeitsmarkt!

Die hessische SPD-Landtagsfraktion und der DGB Hessen-Thüringen haben sich bei der gemeinsamen Betriebsrätekonferenz am Donnerstag in Frankfurt für gerechte Löhne und faire Beschäftigungsverhältnisse ausgesprochen. „Gerechte Löhne sind die Grundlage einer zukunftsfesten und erfolgreichen Wirtschaft“, erklärte der Partei- und Fraktionsvorsitzende der SPD in Hessen, Thorsten Schäfer-Gümbel, anlässlich der Konferenz mit dem Titel „Fair statt prekär – gerechte Löhne statt Leiharbeit“. Es sei nicht akzeptabel, dass Menschen, die den ganzen Tag arbeiten, davon nicht anständig leben könnten, so der SPD-Politiker. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das gilt für Frauen und Männer genauso wie für Leiharbeiter und Stammbelegschaften.“

Der Vorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Stefan Körzell, forderte, in Hessen müsse endlich ein Tariftreue- und Vergabegesetz eingeführt werden. In diesem Zusammenhang lobte Körzell die Gesetzesinitiative der SPD-Fraktion. „Öffentliche Ausschreibungen dürfen ausgerechnet nicht die kleinen und mittelständischen Betriebe benachteiligen, die sich anständig verhalten und Tarifverträge einhalten. Sonst ist am Ende der Ehrliche der Dumme“, so Körzell. Durch das Prinzip, dass der billigste Anbieter den Auftrag erhält, würden Dumpinglöhne auch noch mit Steuergeld gefördert. „Wer fairen Wettbewerb will, muss das an der Tariftreue der Unternehmer festmachen. Nur so können dem Lohndumping und der Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Grenzen gesetzt werden“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende mit Blick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der europäischen Union ab dem 1.Mai in diesem Jahr.

Schäfer-Gümbel und Körzell forderten, wieder Ordnung am Arbeitsmarkt zu schaffen. Die aktuelle Lage stelle sich besorgniserregend dar. Vier von zehn Arbeitnehmern arbeiteten in atypischer Beschäftigung. Jede dritte Frau in Hessen arbeite im Niedriglohnsektor. Die Hälfte aller unter 35jährigen habe noch nie eine unbefristete Stelle gehabt.

„In keinem anderen Land ist die Entwicklung der Bruttolöhne so schwach wie in Deutschland“, erklärte Schäfer-Gümbel. Während in den letzten zehn Jahren die Löhne in Frankreich um 8,6 Prozent, in Finnland um 22 Prozent und sogar in GB um 14 Prozent gestiegen seien, seien sie in Deutschland um 4,5 Prozent gesunken. „Diese Entwicklung muss umgekehrt werden. Wir brauchen Löhne, die mit der Produktivität und Wirtschaftskraft wachsen und den Binnenmarkt stärken“, so die Forderung von Schäfer-Gümbel und Körzell. Das sei ein Gebot der Gerechtigkeit, aber auch der wirtschaftlichen Vernunft.

Statement Armin Schild, Bezirksleiter IG Metall

Der IG-Metall-Bezirksleiter, Armin Schild: „Das Instrument Leiharbeit, konzipiert um Auftragsspitzen abzufangen, wird in den Betrieben der Metall- und Elektroindustrie täglich hunderttausendfach missbraucht, um Arbeits- und Tarifbedingungen zu unterlaufen.“ Über 400.000 LeiharbeitnehmerInnen sind bundesweit in der Metall- und Elektroindustrie im Einsatz. In 2/3 der hessischen Metallbetriebe findet kontinuierlich Leiharbeit statt. Die Einkommen der LeiharbeitnehmerInnen liegt um bis zu 40 Prozent unter denen der fest Angestellten mit vergleichbaren Tätigkeiten. Diese Einkommensunterschiede führen zu Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten der Unternehmen, die keine Leiharbeit einsetzen oder Leiharbeit besser bezahlen.

In den Betrieben der Metall- und Elektroindustrie haben wir gehandelt: Bundesweit konnte in über 800 Betriebsvereinbarungen im Organisationsbereich der IG Metall eine bessere Bezahlung der Leiharbeit erreicht werden, davon 120 in Hessen. Damit haben wir verhindert, dass Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen zu Dumpinglöhnen arbeiten müssen. Doch das alleine reicht nicht.

Der Gesetzgeber kann das Lohndumping über Leiharbeit verhindern. Der Bedeutung der Arbeit für unsere Gesellschaft und die Beschäftigten in Leiharbeit wird der vorliegende Entwurf für das „Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes" nicht gerecht. Die zukünftige gesetzliche Lohnuntergrenze kann zwar verhindern, dass das Lohnniveau noch weiter absackt. Sie bringt aber für die meisten Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen keine tatsächliche Verbesserung.

Die Abweichungsmöglichkeiten vom Grundsatz des „Equal Pay" müssen im AÜG gestrichen werden. Nur dadurch wird dem gesetzlichen Anspruch der Gleichbehandlung auch praktisch Wirkung verschafft. Die IG Metall fordert deshalb von allen Abgeordneten des deutschen Bundestages, dem Entwurf in dieser Form nicht zuzustimmen und in dem Gesetz folgende Grundsätze aufzunehmen:
– „Equal Pay" ohne Abweichungsmöglichkeiten
– Wiedereinführung des Synchronisationsverbots
– Einführung einer arbeitsplatzbezogenen Höchstüberlassungsdauer.