
Der Aufsichtsrat eines Wirtschaftsunternehmens kann nicht abschließend über Grundrechtsfragen, nämlich Fragen die Forschung und Lehre betreffen, entscheiden, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktionabgeordnete Dr. Thomas Spies in der heutigen Debatte zum Uniklinikagesetz im Hessischen Landtag in Wiesbaden. Das passiere, wenn Gesetzgebung im Schweinsgalopp stattfinden müsse, statt mit ausreichend Zeit ordentlich prüfen zu können. Der CDU-FDP- Änderungsantrag zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken und des Hessischen Hochschulgesetzes war erst kurz vor der Ausschusssitzung letzte Woche eingegangen.
Laut Spies ist der von CDU und FDP eingebrachte Änderungsantrag in mindestens einem Punkt verfassungswidrig: Zukünftig soll nämlich der Aufsichtsrat des Uniklinikums Frankfurt auch in Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, durch den Dekan nur noch beraten werden. Bislang hatte der Dekan ein Einspruchsrecht, das im Streitfall eine Entscheidung der Landesregierung herbeiführt.
Das Klinikum ist auch dann ein Wirtschaftsunternehmen, wenn es noch dem Land gehört, so Spies. Ein solches dürfe das Grundrecht der Forschungs- und Lehrfreiheit des Grundgesetzes nicht beeinträchtigen. Genau das geschehe aber, wenn der Dekan keine Kontrollerechte mehr habe. Beraten dürfen ist nett, aber eindeutig zu wenig. Deshalb müsse zur Dritten Lesung noch einmal der Ausschuss tagen und diesen groben Schnitzer ausbügeln, damit nicht zum 1. Januar 2011 ein gesetzloser Zustand eintrete.
Zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts hätten dies erst in diesem Jahr bestätigt, so ein Beschluss vom 20.7.2010, in dem es heißt Dieses kann insbesondere verfassungswidrig sein, wenn dem Leitungsorgan substantielle personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse im wissenschaftsrelevanten Bereich zugewiesen werden, dem mit Hochschullehrern besetzten Gremium im Verhältnis hierzu jedoch kaum Kompetenzen und auch keine maßgeblichen Mitwirkungs- und Kontrollrechte verbleiben. Mit Beschluss vom 1. 2. 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt: die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung, ., durch die ein substanzieller Einfluss des Fachbereichs Medizin . auf den Klinikumsbetrieb aufrechterhalten bleibt.
Spies forderte die Landesregierung auf, umgehend zu prüfen, inwieweit die Regelungen betreffend das Universitätsklinikum Giessen und Marburg diesem starken Recht des Fachbereichs genügen. Ich bin sicher, auch hier sind erhebliche Nachbesserungen erforderlich, so Spies abschließend.