
Wie schon sein Vorgänger Jürgen Banzer entpuppt sich auch der neue Sozialminister Stefan Grüttner als Notlösung im Sozialministerium, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecher Dr. Thomas Spies anlässlich der 100-Tage-Bilanz. Während sich allerdings Banzer recht schnell in die Materie eingearbeitet habe und zumindest versucht habe, für einige soziale Belange zu streiten, lasse Grüttner nicht erkennen, dass ihm das Soziale am Herzen liege.
Grüttner bietet seinen Haushalt als Steinbruch an und verkündet im vorauseilenden Gehorsam Kürzungen , kritisierte Spies. Ein Minister, der seine Aufgaben ernst nehme und ein verlässlicher Partner der Sozialverbände sein wolle, würde anders agieren. Diese Linie, die Sozialpolitik im Landeshaushalt endgültig kaputt sparen zu wollen, ziehe sich leider als roter Faden durch das politische Handeln von Herrn Grüttner. Bereits in den diesjährigen Haushaltsberatungen habe dieser Kürzungen bei der Sprachförderung, dem kostenlosen Mittagessen und den Ausbildungs- und Arbeitsmarktprogrammen zugelassen.
Grüttner habe die Kommunen und die freien Träger bei der Erstattung der Mehrausgaben durch die geänderten Mindestvoraussetzungen in Kindertagesstätten endgültig im Regen stehen lassen. Während Banzer innerhalb der Regierungskoalition wenigstens noch dafür gekämpft hat, allen die Mehrkosten zu erstatten, aber dann klein beigeben und einen erheblichen Teil der Träger von der Erstattung ausschließen musste, geht Grüttner noch einen Schritt weiter und bestreitet jetzt jeglichen Rechtsanspruch auf die Erstattung. Das Prinzip, dass derjenige, der bestellt, auch die Zeche bezahlt, wird so ad absurdum geführt. Und der Betrag, der erstattet wird, ist erkennbar klein gerechnet. Spätestens jetzt wissen Kommunen und Träger: Wer sich auf Grüttner verlässt, der ist verlassen, stellte Spies fest.
Der Minister zeige auch wenig Lust, die angefangenen Projekte seines Vorgängers nun mit Elan voranzubringen. Wir warten im sozialpolitischen Ausschuss seit geraumer Zeit auf das angekündigte Konzept der Regierung in Sachen medizinische Versorgung und schieben den Punkt von Sitzung zu Sitzung. Hier ist die Opposition ebenso in Vorleistung getreten wie beim Heimgesetz, wo die Zuständigkeit nach der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen ist. Ein fertiger Entwurf der SPD liegt schon seit Juni vor, die Regierung kommt nicht in die Gänge, erläuterte Spies. Die noch von Banzer eingebrachten Gesetze zum Krankenhauswesen und zum Rettungsdienst habe der Minister lustlos abgewickelt.
Im Ausschuss agiere der Minister wenig souverän und neige dazu, die Opposition zu beschimpfen. Gerade die Sozialpolitik lebt von Gemeinsamkeit. Hier ist es in der Vergangenheit immer wieder zu fraktionsübergreifenden Initiativen gekommen. Ich befürchte, dass dies in Zukunft schwieriger wird, denn hier ist von einem neuen Stil, wie ihn Ministerpräsident Bouffier angekündigt, eher im negativen Sinn etwas zu spüren, stellte Spies fest.
In der Bundespolitik spiele Grüttner keine Rolle. Zwar versucht er, die Erstattung der Fahrtkosten für Kinder aus Familien im Grundsicherungsbezug, die die Oberstufe besuchen, als Erfolg für sich zu verbuchen. Hier gibt es aber offensichtlich viele, die Mütter und Väter dieser Idee sein wollen. Ein Gesetzentwurf der SPD im Hessischen Landtag geht hier aber noch einen Schritt weiter und sieht vor, dass auch diejenigen Familien, die mit geringen Einkünften über die Runden kommen, ebenfalls Unterstützung erfahren. Denn auch für Kinder aus diesen einkommensschwachen Familien ist die Fahrtkostenfrage oft eine unüberwindbare Hürde, erläuterte Spies.
Fazit ist, dass Grüttner bisher keine neuen Ideen entwickelt hat, mit denen er die Sozialpolitik des Landes Hessen voranbringen will. Im Gegenteil. Er kündigt Kürzungen an und droht den Beitragszahlern in den Krankenkassen mit noch höheren Belastungen. Er ist ein konservativer Hardliner, der kein Gefühl für das Soziale entwickelt hat, ein Verlegenheitssozialminister, der lieber ein anderes Ressort gehabt hätte, so der SPD-Politiker.