Norbert Schmitt (SPD): Gerechte Maßstäbe für finanzpolitisches Handeln setzen

„Der Maßstab, an dem sich die Parteien in den kommenden Jahren messen lassen müssen, ist ihr Bemühen, in allen Politikbereichen Gerechtigkeit herzustellen und zu bewahren. Die SPD-Landtagsfraktion stellt sich mit ihren Änderungsanträgen zum Landeshaushalt 2011 diesem Anspruch“, fasste der Finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Schmitt, das Klausurergebnis der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz am Montag in Wiesbaden zusammen. Die SPD trage dabei den Schwerpunkten „Bildung, und soziale Sicherheit“ Rechnung. Es gehe der SPD mit ihren Änderungsanträgen darum, Korrekturen von Fehlsteuerungen der Landesregierung vorzunehmen, aber auch neue Akzente zu setzen.

Als Ausgangspunkt nannte Schmitt den notwendigen Kurswechsel in der Finanzpolitik. „Ohne ausreichende Finanzmittel verbleibt der Politik keinerlei Gestaltungsspielraum. Es muss deshalb angestrebt werden, einerseits unnötige Ausgaben zu vermeiden, andererseits aber auch eine ausreichende finanzielle Ausstattung aller staatlichen Ebenen in gerechter Weise generieren zu können.“ Die SPD wolle deshalb eine angemessenere Beteiligung hoher Einkommen und großer Vermögen an der Staatsfinanzierung, als dies gegenwärtig der Fall ist. Daher spreche sie sich auch für die Einführung einer nationalen Börsenumsatzsteuer aus, so lange es noch keine EU-weite Einigung auf eine Finanztransaktionssteuer gebe. Die Steuerbegünstigungen für Klientelgruppen einzelner Parteien seien schlichtweg ein Skandal. Sie müssten umgehend zurückgenommen werden. „Selbstverständlich wissen wir, dass die Landespolitik an diesen wichtigen Schrauben nicht selbst drehen kann, deshalb ist es notwendig, entsprechenden Druck auf die zuständigen Ebenen auszuüben“, so Schmitt. „Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für die aus unserer Sicht notwendigen finanzpolitischen Schritte einzusetzen.“ Die SPD wolle den Grundsatz, dass starke Schultern auch größere Lasten tragen können, umgesetzt wissen. Die aus diesen Maßnahmen erzielten Beträge seien nach Rückgabe der von der Regierung vorgesehenen Kürzung im Kommunalen Finanzausgleich von 360 Millionen an die Kommunen zur Senkung der Nettoneuverschuldung des Landes einzusetzen. „Soziale Gerechtigkeit beginnt bei der Finanz- und Steuerpolitik und setzt sich vor allem in den Bereichen Arbeit, Bildung und Soziales fort.“
Schluss mit der Finanzpolitik auf Kosten der Städte, Gemeinden und Landkreise!

„Die Kommunen sind mehr als nur eine der staatlichen Ebenen. Sie haben für Ihre Bürgerinnen und Bürger wichtigste Aufgaben der Daseinsvorsorge zu erfüllen und spielen eine entscheidende Rolle im demokratischen Zusammenspiel unseres Staatswesens. Sie müssen deshalb mit einer Finanzausstattung versehen werden, die ihnen die Erfüllung dieser Aufgaben sowie die Ausfüllung ihrer Rolle ermöglicht.“ Die SPD-Fraktion fordere deshalb auch die Rücknahme der jährlichen Kürzung im Kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 360 Millionen Euro, die alleine zur Füllung des in großen Teilen selbstverschuldeten Finanzloches auf Landesebene diente.

Arbeit, Bildung und Soziale Sicherheit sind die Grundpfeiler unseres Staatswesens

„Diese Pfeiler gilt es zu stärken und nicht zu schwächen“, so Schmitt. Die SPD fordere, für die Erstausbildung und Weiterbildung 4 Millionen Euro einzusetzen. „Darüber hinaus wollen wir die Kürzungen der Landesregierung im Sozialbereich rückgängig gemacht wissen und fordern die Einrichtung eines Sozialbudgets in Höhe von 30 Millionen Euro, das auch positive Auswirkungen auf den Arbeitmarkt hätte.“

Nur mit ausreichender Bildung können in unserer Gesellschaft Teilhabe ermöglicht und ein funktionierendes Zusammenleben sichergestellt werden. „Bildung ist der Schlüssel. Dies zeigt auch die aktuelle Shell-Jugendstudie. Sie weist nach, dass ohne Bildung und Ausbildung ein sehr großer Teil der heutigen Jugend von der Entwicklung und Teilhabe an unserem Staatswesen abgehängt werden,“ sagte der SPD-Sprecher, „und das mit nicht wünschenswerten Folgen und Folgekosten für das Individuum und die Allgemeinheit.“

Die SPD dringe deshalb auch in den aktuellen Haushaltsberatungen auf ein Umschwenken in der Bildungspolitik in Hessen. Unter anderem habe die Fraktion den Entwurf für ein „Hessisches Ausbildungsförderungsgesetz“ (HAföG) vorgelegt, das bedürftige Schülerinnen und Schüler beim Besuch einer Schule der Sekundarstufe II und somit beim Erwerb der Hochschulreife unterstützen soll. Aus dem HAföG können bspw. Lernmaterialien ebenso wie Schulwegkosten bestritten werden. Der Finanzbedarf werde auf einen Gesamtbetrag von 10 Millionen Euro geschätzt. Aufgrund der Systematik im Gesetz werde dieser Gesamtbetrag aufwachsend im vierten Kalenderjahr nach Einführung des HAföG erreicht. Damit ergebe sich für das Haushaltsjahr 2011 ein Anteil von 1,4 Millionen Euro. Diese und weitere Forderungen seien als eigenständiges Programm mit der Bezeichnung „Haus der Bildung“ bereits seit längerer Zeit Beschlusslage der SPD-Fraktion.

Die Ausgestaltung des Bildungsbegriffes setze sich im Hochschulbereich fort. Mit der Neuverhandlung des Hochschulpakts seien den Hochschulen 30 Millionen Euro entzogen worden, die wieder ersetzt werden müssten. „Das Argument, die Hochschulpräsidenten hätten die neue Vereinbarung ja unterschrieben, zieht nicht. Die Zustimmung erfolgte unter Zwang und teilweise nur unter Protest. Wir wollen, dass das Land die entzogenen 30 Millionen Euro wieder zurückgibt“, sagte Schmitt.

Als letzten separaten Punkt nannte der Sozialdemokrat den wichtigen Bereich Umwelt und Energie. „Wir haben mit unserem hessischen Gesetz zum Vorrang der Erneuerbaren Energien und dem aktuell diskutierten Wärmegesetz Maßstäbe gesetzt, über die bundesweit gesprochen wurde und wird. Eine fehlende parlamentarische Mehrheit macht die Thematik nicht weniger wichtig und den Energiewechsel nicht weniger dringlich. Wir wollen diesen Energiewechsel deshalb durch einzelne Fördermaßnahmen zum Haushalt 2011 beschleunigen, so beispielsweise durch eine verbesserte Energieeffizienz und eine wirksame Wohnraumsanierung im Altbestand. Es ist bekannt, das hier für den Klimaschutz mit relativ geringem Aufwand erhebliche Erfolge erzielt werden können.“
Schmitt nannte abschließend die Einführung einer Abgabe auf Oberflächen- und Kühlwasser, das vor allem von Großkraftwerken genutzt werde, für unumgänglich. „Es muss ein Beitrag von dieser Seite kommen, daran führt kein Weg vorbei. Und dazu gehört auch die Wiedereinführung eines so genannten Wassercents auf Grundwasser für die öffentliche und gewerbliche Wasserversorgung.“ Für beide Bereiche errechnete die SPD eine erzielbare Einnahme von 130 Millionen Euro, von denen 21 Millionen Euro den hessischen Kommunen für ein Sonderprogramm zur Abwassersanierung und Umsetzung der Eigenkontrollverordnung zur Verfügung gestellt werden soll. Zudem soll der Aufbau einer Phosphatfällung in Abwasseranlagen gefördert werden.

Die Änderungsanträge der SPD-Fraktion trügen in ihrer Gesamtheit den Politikbereichen Rechnung, deren Gestaltung für die Zukunft von immenser Bedeutung sei. „Die gegenwärtigen und auf uns zu laufenden gesellschaftlichen Probleme erfordern politische Antworten. Die Hessen-SPD stellt sich dieser Herausforderung und zeigt Möglichkeiten auf, wie den Problemen begegnet werden kann. Ein bloßes ‚Weiter So’ auf einem finanzpolitisch falschen Weg wäre fatal“, so Schmitt.