Reinhard Kahl (SPD) fordert von geschäftsführender Landesregierung: Kassensturz jetzt!

Die Informationspolitik des Finanzministers ist selektiv. Wenn er in seiner Pressemitteilung (vom 17.09.08) sagt: ich habe heute erneut die Mitglieder des Haushaltsausschusses detailliert über die aktuelle Finanz- und Haushaltslage Hessens informiert, ist dies noch nicht mal die halbe Wahrheit. Mitgeteilt hat der Finanzminister lediglich die Hochrechnung der Steuereinnahmen auf der Basis des Monats August. Wobei er selbst immer wieder betont hat, dass dies eigentlich nur auf der Basis des steuerstarken Monats September seriös möglich ist. Nach Angaben des Handelsblattes gehen die Steuerschätzer davon aus, dass gegenüber der Mai-Steuerschätzung das Steueraufkommen für dieses Jahr weiter steigt (+ 9 Mrd. Euro insgesamt). Was ist das für eine Situation? Alle anderen Bundesländer vermelden deutliche Steuermehreinnahmen. Nur Hessen hat ein Minus. Dies ist allein durch die Banken in Frankfurt nicht erklärbar, zumal die Gewerbesteuer in Frankfurt deutlich sprudelt.

Deshalb muss man bezüglich des Steueraufkommens schon die Frage stellen: Warum steht Hessen so schlecht da?

·        Keine Aussage zu den weiteren Einnahmerisiken

·        Keine Aussagen zu der Ausgabeentwicklung

·        Dafür aber mystische Aussagen zur Haushaltssperre, die im Juli wegen der Besoldungsanpassung erlassen wurde, zu der es jetzt heißt:

Die aktuelle Entwicklung bei den Steuereinnahmen in Hessen belege eindrucksvoll, dass „wir einmal mehr das richtige Gespür hatten, als wir bereits im Juli eine Haushaltssperre ausgesprochen haben“. Finanzpolitisch rächt sich nun, dass die absolute Mehrheit der CDU einen Haushalt 2008 verabschiedet hat, der schon bei leichten Veränderungen in sich zusammenbricht.  Wer allein durch die Mehrausgaben für die Besoldungsanpassung im Juli eine Haushaltssperre erlassen muss, beweist selbst, wie schlecht sein eigener Haushalt ist.

Neben den vielen Ungereimtheiten zum derzeitigen Haushalt muss auf die gezielte Verschleppungsstrategie bei den Vorlagen des Haushalts-Entwurfs 2009 hingewiesen werden. Statt, wie in der LHO festgelegt, den Entwurf im September vorzulegen, wird hier bewusst eine Verzögerungsstrategie betrieben. Der Finanzplan der Regierung erweist sich wieder mal als ein finanzpolitisches Märchenbuch, weil die darin verkündete Reduzierung der Neuverschuldung von 500 Mio. € in 2009, 300 Mio. € in 2010 auf 0 € in 2011 nur durch globale Mehreinnahmen und globalen Minderausgaben von insgesamt 1,450 Mrd. € ermöglicht würde! Mit einer solchen unseriösen Finanzpolitik bleibt sich der Finanzminister zum Schaden des Landes treu. Diese Landesregierung hinterlässt einen wahren finanzpolitischen Scherbenhaufen.

Die Bilanz der Finanzpolitik ist verheerend und durch folgende Fakten gekennzeichnet:

·        Diese Landesregierung hat im großen Stil das Vermögen des Landes verschleudert

·        Diese Landesregierung steht für eine Rekordverschuldung nach der Anderen und instrumentalisiert den Länderfinanzausgleich, um von  den eigenen finanzpolitischen Fehlern abzulenken:

·        Diese Landesregierung hat den wiederholten Verfassungsbruch zur finanzpolitischen Realität gemacht. Der Verfassungsbruch als finanzpolitisches Mittel zum Zweck.

·        Diese Landesregierung steht für ungebremste Ausgabenpolitik

·        Diese Landesregierung ist für das Millionengrab SAP und für die Pannen bei LUSD und Domea verantwortlich

·        Diese Landesregierung hat die Staatskanzlei in unverantwortlicher Weise als Machtzentrum für Roland Koch ausgebaut, bei dem die Grenzen zwischen dem Land Hessen und der CDU immer mehr vermischt wurden. Immer nach der CDU-Devise: „Das Land gehört uns.“

Diese Landesregierung ist dafür verantwortlich, dass der Haushaltsplanentwurf 2009 erst zum Ende dieses Jahres eingebracht wird. Über Monate hat die geschäftsführende Landesregierung die Arbeit am Haushalt 2009 schlicht verweigert. Der Haushalt wird der parteipolitischen Taktik von Herrn Koch untergeordnet und gestaltet sich immer mehr zum schwarzen Loch der Landesregierung. Zu Beginn der Legislaturperiode propagierte der Ministerpräsident eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament. Alles nur Schau !

Die Informationen des Finanzministers beschränken sich auf wiederholte Hinweise auf die Finanzplanung, die im Übrigen schon älter als 1 Jahr ist. 500 Mio. € soll die Neuverschuldung betragen. Als nicht belegtes Defizitdelta kommen 750 Mio. € dazu. 250 Mio. € globale Minderausgaben haben Sie formal belegt. Aber: Ein deutlicher Griff in die Rücklage ist das Gegenteil von Einsparungen, sondern ein Verschieben von Lasten auf die Zukunft. Die größte Luftbuchung ist aber Ihre ausgewiesene globale Mehreinnahme in Höhe von 500 Mio. €. Alle Nachfragen, einschließlich des Briefwechsels zwischen Andrea Ypsilanti und Minister Weimar, haben nicht dazu geführt, dass die Regierung auch nur den kleinsten Hinweis gegeben hat, wie diese Einnahmen realisiert werden soll und dies im Hinblick auf die negative hessische Steuerentwicklung. Das ist das Gegenteil von Transparenz!

In diesem Zusammenhang nur eine schnell nachvollziehbare Rechnung. Ohne eine Realisierung der globalen Mehreinnahmen liegt die tatsächliche Neuverschuldung oberhalb der Verfassungsgrenze. Daher spricht sehr viel dafür, dass der Zwischenabschluss das Haushaltentwurfs 2009 nach dem Referentenentwurf schon verfassungswidrig ist und dies noch vor den Anforderungen in den Chefgesprächen. Deshalb hat sich der Minister standhaft geweigert, die Zwischenbilanz der Haushaltsaufstellung zu nennen. 670 Mio. € (statt 500 Mio. €) Neuverschuldung hat der Minister schon im Juli zugegeben. Mit den nicht belegten globalen Mehreinnahmen liegt die Neuverschuldung mit rund 1,2 Mrd. € deutlich oberhalb der Verfassungsgrenze. Für Hessen ist in klarer Verantwortung ihrer Regierung wieder ein verfassungswidriger Haushalt realistisch. Dies ist das komplette Scheitern Ihrer Finanzpolitik. Dazu ist ein Kassensturz dringlicher denn je.

Zu Beginn Ihrer Regierungszeit hieß es immer wieder: niedrigste Neuverschuldung. Dann kam es „ knüppeldick“ für Hessen – ein Schuldenchaos nach dem anderen. Jetzt spricht der Minister vom ausgeglichenen Haushalt. Natürlich brauchen wir möglichst bald einen ausgeglichenen Haushalt. Nur auf eine realistische Grundlage. Noch nicht mal Ihre Finanzplanung geht von einem ausgeglichenen Haushalt 2011 aus. Wir wissen, dass die Umsetzung unserer politischen Schwerpunkte: bessere Bildung, Energiewende und eine intakte soziale Infrastruktur vor dem Hintergrund Ihrer desaströsen Finanzpolitik eine sehr schwierige Aufgabe ist. Im Interesse der Zukunftsfähigkeit unseres Landes werden wir uns mit großem Engagement dieser Aufgabe stellen. Ein Kassensturz ist dafür eine notwendige Voraussetzung.“