Faeser wies auf die bisherige Untätigkeit der geschäftsführenden und der alten Landesregierung bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität hin. Besondere Defizite gäbe es in Bezug auf Jugendliche und Heranwachsende, die sich bereits im Jugendstrafvollzug befänden. Obwohl das im Mai 2007 eingebrachte und im November 2007 vom Hessischen Landtag beschlossene Jugendstrafvollzugsgesetz den Vollzug der Jugendstrafe in einer offenen Einrichtung vorsehe, sei bis heute Stillstand zu verzeichnen.
Um auch endlich in Hessen zu Ergebnissen und Maßnahmen zu kommen und der Zahl von rückfällig werdenden jugendlichen und heranwachsenden Straftätern entgegen zu wirken, habe die SPD-Landtagsfraktion einen Antrag in das parlamentarische Verfahren eingebracht, mit dem die geschäftsführende Landesregierung aufgefordert werde, eine auch in Hessen längst überfällige Vollzugseinrichtung in freier Form zu schaffen. Wir brauchen dabei das Rad gar nicht neu zu erfinden, sondern können uns an bereits seit Jahren in Baden-Württemberg bestehenden Projekten orientieren, so Faeser und verwies insbesondere auf das Projekt Chance, das mit seinen beiden Einrichtungen in Creglingen und Leonberg jungen Straffälligen wieder zu Chancen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft sowie einem Einstieg in die Berufswelt behilflich sei.
In Abstimmung mit der Jugendstrafvollzugsanstalt könnten dort zu einer Jugendstrafe verurteilte Jugendlichen und Heranwachsende zwischen 14 und 21 Jahren die gesamte Haftzeit verbringen und so lernen, Verantwortung für sich und ein künftiges Leben ohne Straftaten zu übernehmen. Das bedeute nicht, dass die betroffenen Jugendlichen und Heranwachsenden frei herumliefen. Sie befänden sich vielmehr während des gesamten Tagesablaufs und der zu verbüßenden Jugendstrafe in der offenen Einrichtung.
Angesichts der nunmehr rund fünfjährigen positiven Erfahrungen in Baden-Württemberg war Faeser dafür, auch in Hessen die erfolgreiche Resozialisierung von straffälligen jungen Menschen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu erkennen und appellierte an alle Vertreter in Staat, Kirche und Wirtschaft, gemeinsam einen Weg zu finden, für straffällig gewordene hessische Jugendliche und Heranwachsende eine Chance zu bieten durch eine Verbüßung ihrer Jugendstrafe in freien Formen wieder in unsere Gesellschaft zurück zu finden.
Die geschäftsführende Landesregierung versagt nach wie vor bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität, sagte Faeser. Nachdem zu Beginn dieses Jahres bekannt geworden war, dass die Landesregierung keine ausreichenden Plätze für den Vollzug von Jugendarrestmaßnahmen bereit gestellt hatte und Hessen bei der Dauer von Gerichtsverfahren bundesweit das Schlusslicht bildete, habe man erwarten können, dass sich die geschäftsführende Landesregierung dieses wichtigen rechts- und gesellschaftspolitischen Themas intensiver annehme. Geschehen sei jedoch bislang kaum etwas. Statt immer nur schärfere Gesetzen zu fordern, müssen in Hessen endlich die Hausaufgaben gemacht werden. Hierzu ist der geschäftsführende Justizminister aber offenbar nicht in der Lage, sagte die Rechtspolitikerin.
Bereits im letzten Sommer habe die SPD-Landtagsfraktion die Übertragung des rheinland-pfälzischen und baden-württembergischen Modells des Haus des Jugendrechts auf Hessen gefordert. Doch die CDU und die geschäftsführende Landesregierung hätten hierzu über fast ein Jahr hinweg keinen Handlungsbedarf gesehen. Im Januar dieses Jahres habe die SPD-Landtagsfraktion mit einem Aktionsplan zur Senkung der Rückfallquote und Prävention von Jugendkriminalität dann unter anderem die Einführung des Hauses des Jugendrechts in Form von Erziehungs- und Präventionszentren für Hessen konkretisiert, personelle Verbesserungen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften gefordert sowie konkreten Erweiterungsbedarf bei Jugendarrestplätzen aufgezeigt. Die geschäftsführende Landesregierung habe dann immer noch rund ein viertel Jahr gebraucht, bis in Friedberg zu Lasten des Erwachsenenvollzugs zusätzliche Kapazitäten für den Jugendarrest geschaffen wurden. Mehr sei leider bis heute nicht passiert.