Zur Steuergerechtigkeit auf der Ebene der Gesetzgebung ließe sich sehr viel sagen, ist aber heute nicht das Thema der Debatte. Im Hinblick auf das aktuelle Steuerkonzept der FDP nur kurz an dieser Stelle folgende Bemerkung. Politisch muss zuerst die Leitfrage beantwortet werden: Was sind die Aufgaben des Staates und welches Steueraufkommen braucht der Staat, um eben diese Aufgaben zu erfüllen. Danach stellt sich die Frage, wie das notwendige Steueraufkommen unter der klaren Beachtung der Leistungsfähigkeit des einzelnen zu erbringen ist.
Ausgehend von diesen Prämissen ist das Steuerkonzept der FDP schlicht ungeeignet. Einerseits führt es zu enormen Einnahmenausfällen des Staates und andererseits ist es nicht wie vorgetäuscht eine Entlastung der mittleren Einkommen, sondern durch das Dreistufenmodell in erster Linie eine gigantische Entlastung der oberen Einkommen und damit alles andere als sozial und gerecht.
Kommen wir nun zum eigentlichen Thema, der Steuergerechtigkeit im Vollzug der Gesetze. Dazu folgende Vorbemerkung: Wir haben in Hessen eine kompetente und leistungsfähige Steuerverwaltung. Unter den geltenden Rahmenbedingungen können sich die Leistungen der hessischen Steuerverwaltung sehen lassen. Durch eine verbesserte Personalausstattung können die Ergebnisse der Steuerverwaltung aber gesteigert werden. Mehr Steuerprüfer und die entsprechende Ausstattung des Innendienstes führen zu mehr Steuergerechtigkeit und zu höheren Einnahmen des Staates.
Steuergerechtigkeit in der korrekten Anwendung der Steuergesetze ist ein sehr wichtiges Thema. Das Gerechtigkeitsempfinden ist in der Bevölkerung nur dann im Lot, wenn die Menschen den Eindruck haben,
· dass ALLE ihrer Steuerpflicht nachkommen,
· dass, wer mehr verdient, auch mehr Steuern zahlt, und nicht weniger,
· dass legale Steuerumgehungsmöglichkeiten weitestgehend ausgeschlossen werden,
· dass Steuerbetrug schnell und umfassend bekämpft wird.
Doch dieser Eindruck besteht in der Öffentlichkeit nicht. Es besteht viel eher das Empfinden, das wir uns in einem Zwei-Klassen-Steuersystem befinden, in dem Gewinne und Vermögenseinkünfte begünstigt werden.
Nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft erwirtschafteten in Hessen 175 Steuerfahnder 115 Millionen Euro. Das ergibt einen Durchschnitt von etwa 0,65 Millionen Euro pro Fahnder. Die Betriebs- und Umsatzsteuerprüfer erzielen bundesweit durchschnittlich pro Jahr eine Million Euro an Mehrsteuern. Der Rechnungshof Baden-Württemberg schrieb der Politik bereits 2002 ins Stammbuch, dass jeder im Veranlagungsbereich Beschäftigte mehr als das Doppelte einbringt als er kostet.
Tatsache ist, dass das Land Hessen bereits jetzt verdient und ganz ordentlich verdienen würde, könnten wir die zugrunde liegende Systematik entsprechend ändern. Ich will aber auch deutlich sagen, dass es nicht nur um Geld geht. Es geht ganz besonders auch um die Herstellung von Steuergerechtigkeit.
In Hessen werden Großbetriebe im Durchschnitt nur etwa alle vier Jahre geprüft. Bei Mittelständischen Unternehmen beträgt der Zeitabstand fast 16 Jahre, und bei kleinen Unternehmen fast 40 Jahre. Dabei hat sich der Turnus für Großbetriebs in den letzten Jahren etwas gebessert. Bei mittleren Betrieben ist er deutlich schlechter geworden, 2001 waren es noch zwölf Jahre.
Jedem Arbeitnehmer wird regelmäßig der dem Staat geschuldete Anteil vom Einkommen abgezogen, und er hat überhaupt keine Gestaltungsspielräume bei seiner Steuerschuld. Zu viele Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Steuerschuld haben allerdings viele Unternehmen und die Bezieher sehr hoher Einkommen, sie müssen nicht auch noch durch ausbleibende Kontrollen besser gestellt werden.
Ein weiteres Thema für eine effektive Steuerverwaltung ist die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges. Die Einschätzungen, wie hoch der Schaden ist, der pro Jahr in Deutschland alleine durch Umsatzsteuerbetrug entsteht, gehen auseinander. 2001 hatte das Ifo-Institut nach Angaben des Bundesfinanzministeriums den Betrag von 14 Milliarden Euro genannt, 2003 waren es schon 17,6 Milliarden. Ein Rückgang nach 2005 wird auf entsprechend schärfere Gesetze zurückgeführt.
Bei der Umsatzsteuer-Sonderprüfung weisen nach Aussage des Bundesrechnungshofes von 2006 gerade die besonders wirtschaftsstarken Bundesländer die geringste Prüfungsdichte auf: Die Prüfungszyklen schwanken hier von alle 35 Jahre bis alle 77 Jahre.
Wir müssen deshalb dafür sorgen, dass die personelle und technische Ausstattung der Steuerverwaltung stetig weiterentwickelt werden und damit auch die Motivation der Beschäftigten erhalten bleibt. Ein besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die Fortsetzung des Betriebsprüfungs-Programmes in der Steuerverwaltung, die aber nur bei gleichzeitiger Stärkung des Innendienstes sinnvoll ist.