Petra Fuhrmann (SPD): Das Land muss einen aktiven Beitrag zur Arbeitsmarktpolitik leisten

Nun hat uns das Bundesverfassungsgericht aber im Dezember 2007 ein Urteil beschert, das die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Bund und Kommunen in den sog. ARGEN als verfassungswidrige Mischverwaltung verbietet und zugleich eine Frist zur Neuregelung der Trägerschaft nach dem SGB II bis Ende 2010 gesetzt.

Die Grundsicherung für Arbeitslose – kurz Hartz IV – hat für viele Langzeitarbeitslose eine neue Job-Perspektive eröffnet. Was zuvor von engagierten SozialdemokratInnen in den Kommunen oft unter dem Label ´Hilfe zur Arbeit`, oder im Rahmen unseres Landesprogramms Arbeit statt Sozialhilfe aufgebaut wurde, wurde nun in den ARGEN und Optionskommunen fortgeführt. Das wurde auch in den Gebietskörperschaften versucht, die auf keine vorhandenen Strukturen aufbauen konnten.

Es war falsch von dieser Regierung, einseitig auf das Optionsmodell zu setzen und dies als das allein selig machende Modell zu bezeichnen. Damit sind mindestens einige Kommunen überfordert. Frau Lautenschläger hat sich bemüht, möglichst viele Schilder mit dem Titel „Optionskommune“ zu verteilen. Darüber wurde vergessen, was Aufgabe des Landes ist. Die Landespolitik musste diesen Prozess der Zusammenlegung – egal in welcher Organisationsform  – begleiten und dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen, die vom Land zu leisten sind, stimmen.

Landespolitik ist mit dafür verantwortlich, dass ein ausreichendes Kinderbetreuungsangebot vorhanden ist, weil nur die Menschen in Arbeit vermittelt werden können, deren Kinder ordentlich betreut werden. Was tat Frau Lautenschläger? Zunächst einmal wurden 50 Millionen pro Jahr gekürzt,  dann nahmen sie Geld aus dem KFA, etikettierten es um und schmückten sich mit dem Bambini-Programm. Landespolitik ist mit dafür verantwortlich, dass ein ausreichendes Angebot an sozialer Infrastruktur vorhanden ist, weil Suchtkranke und Verschuldete nur schwer in Arbeit vermittelbar sind. Was tat Frau Lautenschläger? Sie strich 30 Millionen aus dem Sozialetat.

Landespolitik hat die Aufgabe, die für die Arbeitsvermittlung und Qualifizierung zuständigen Institutionen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Was tat Frau Lautenschläger? Wenig, außer dem Verteilen der „Optionskommunenschilder“. Landespolitik muss dafür sorgen, dass gesicherte Erkenntnisse und Zahlen vorliegen, auf deren Grundlage man Fehlentwicklungen erkennen und korrigieren kann. Was tat Frau Lautenschläger? Nichts..

Wir haben heute im Mai 2008 noch immer keine vernünftigen Antworten, was die Umsetzung des SGB II in Hessen betrifft. Ich glaube nicht, dass diese Ministerin die richtige Sachwalterin in dieser Frage ist! Hier geht es um Menschen, denen die Organisationsform letztlich egal sein kann, wichtig für sie ist, dass ihre Probleme angegangen werden und sie eine Perspektive erhalten.

Wir sollten dazu beitragen, die Debatte zu „entschleunigen“ – die Frist des Bundesverfassungsgerichts ist nicht knapp bemessen. Derzeit liegen uns die Ergebnisse der  bundesweiten Evaluation der Umsetzung des SGB II noch nicht vor und mir  widerstrebt es sehr – ohne valide Datenbasis – schon wieder eine grundlegende Änderung herbeizuführen, die zweifelsohne wieder Umstellungsprobleme mit sich bringen wird.

Wir sollten zu einer sachlichen Diskussion der betroffenen Ebenen beitragen, das sind Bund, Länder und Kommunen, aber auch mit den betroffenen Menschen und ihren Vertretungen – Gewerkschaften und Sozialverbände Arbeitsloseninitiativen –sprechen.

Wir sollten abwarten, was die Überprüfung der eingesetzten Arbeitsgruppe ergibt, die die Aufgabe hat, drei Varianten näher zu beleuchten: die kooperativen Jobcenter, die Bundesauftragsverwaltung und die Grundgesetzänderung, um die ARGEN verfassungskonform zu ermöglichen. Außerdem sollten wir klar am Kernstück der Reform festhalten: dem Prinzip der Hilfe aus einer Hand.

Wir sollten festhalten, dass die Kommunen einen wichtigen Beitrag leisten, der auch durch Mitsprache auf „echter Augenhöhe“ gewährleistet werden muss. Und wir sollten festhalten, dass auch das Land einen Beitrag zur aktiven Arbeitsmarktpolitik zu leisten hat – durch Unterstützung, Vernetzung und auch eigenen Landesprogramme – das hat die Koch-Regierung schlicht nicht getan!

Das Land muss die Kommunen unterstützen durch Beratung und Vernetzung und die Organisation von Wissenstransfers, durch gezielte, zielgruppenspezifische Landesprogramme, durch ein Sozialbudget, das das soziale Netz wieder knüpft!“