Nancy Faeser (SPD): Erziehungs- und Präventionszentren schaffen

<em>Als es dann aber um die konkrete Umsetzung ging, war die Bereitschaft dieses Hauses nicht sehr groß. Unsere konkrete Mittelbereitstellung für den Haushalt 2007 um ein solches Projekt umzusetzen wurde leider abgelehnt. Am 15. Januar dieses Jahres haben wir in einem Konzept zur Bekämpfung der Jugendkriminalität erneut die Schaffung eines solchen „Haus des Jugendrechts“ gefordert. Sechs Wochen danach tauchte das Projekt dann am 07.03.2008 bei der Vorstellung des Konzeptes des Justizministers zur Bekämpfung der Jugendkriminalität wieder auf. Aber meine Freude darüber, dass SPD-Themen aufgegriffen und nun auch umgesetzt werden sollen, ist jedoch durch die Art und Weise der Einbringung des heutigen Antrages getrübt. Der geschäftsführende Justizminister hat zwar dem Wunsch des Landtags aus dem Jahre 2007 entsprochen und einen Bericht über die Umsetzungsmöglichkeit eines Haus des Jugendrechtes vorgelegt. Die Übersendung dieses Berichtes an die </em>Abgeordnete<em>n erfolgte aber nahezu zeitgleich mit dem heute vorliegenden Antrag der Fraktionen von CDU und FDP.</em>

<em>Meine Damen und Herren, das ist nicht der von Roland Koch angekündigte neue Stil des Hauses. CDU und FDP hatten offensichtlich den Bericht des Justizministers wesentlich früher und konnten ihren Antrag darauf abstimmen und hielten es nicht für nötig die anderen Fraktionen des Hauses mit einzubeziehen. Der Versuch einer erneuten gemeinsamen Initiative wurde gar nicht erst unternommen. Das ist kein guter Stil, zumal es einen gemeinsamen Antrag bereits gab.</em>

<em>Warum ist es notwendig ein Haus des Jugendrechtes in Hessen zu schaffen? Der Landtagswahlkampf hat mit der Schwerpunktsetzung der Jugendkriminalität durch die CDU eindrucksvoll die von ihr verursachten Defizite in dem Bereich der Inneren Sicherheit und Justiz aufgezeigt. Ein wesentlicher Nachteil bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität – nicht nur in Hessen – ist, dass die Jugendlichen, die straffällig werden, erst sehr spät nach Tatbegehung die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens spüren. Die derzeitige Situation, ist aber leider häufig, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere macht. Weder die Polizei noch die Jugendämter erfahren derzeit wechselseitig etwas von jeweils zu bearbeitenden Fällen der Jugenddelinquenz oder werden nicht in ausreichendem Maße in die Arbeit des anderen eingebunden. Dadurch wird sehr viel wertvolle Zeit vergeudet. Deshalb ist das Herzstück der Bekämpfung von Jugendkriminalität das Zusammenarbeiten aller am Jugendverfahren Beteiligter.</em>

<em>Wir möchten deshalb das Projekt des Hauses des Jugendrechtes auch in Hessen schaffen. Wir nennen es jedoch nicht „Haus des Jugendrechtes“, sondern Erziehungs- und Präventionszentren, weil es besser beschreibt, was in einem solchen Projekt geschehen soll. Dort werden die Polizei, die Staatsanwaltschaft, die Jugendgerichtshilfe und freie Träger unter einem Dach vereint. </em>

<em>Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Justizminister in seinem Bericht sich an dem Projekt in Rheinland-Pfalz orientiert. Wir haben uns das Projekt in Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen bereits 2006 angesehen und konnten uns von dem Konzept überzeugen. Dort wird in kleinen und großen Fallkonferenzen über den einzelnen Jugendlichen beraten und ein individuelles Konzept entwickelt, welches System von Sanktionen zeitnah und am wirkungsvollsten im Einzelfall anzuwenden ist und wie letztlich am besten vermieden werden kann, dass sie erneut strafffällig werden. Zu begrüßen ist, dass in einem solchen Konzept auch der Täter-Opfer-Ausgleich eine größere Berücksichtigung findet. Das dient vor allem dem Opferschutz. Die Evaluierung der bereits seit 1999 vorhandenen Einrichtung in Baden-Württemberg in Bad Cannstatt hat eindrucksvoll bewiesen, dass es gelungen ist, die Verfahrensdauer erheblich zu verkürzen. Es hat aber auch ergeben, dass es nicht alleine um die Beschleunigung gehen kann, sondern dass die staatliche und kommunale Reaktion auf Straftaten nicht ohne die Einbeziehung der gesamten Lebenssituation des jugendlichen Straftäters geschehen darf. Das ist ja gerade der Vorteil der Zusammenführung der verschiedenen Ämter und Behörden. Da sich dieses Konzept bewährt hat, möchten wir zwei Modellprojekte, eines in </em>Kassel <em>und eines in Frankfurt. Wir hoffen, dass sie unserem Antrag folgen werden. </em>

<em>Darüber hinaus wollen wir eine feste Beteiligung der freien Träger, denn diese sind maßgeblich an der Umsetzung der Maßnahmen beteiligt. Dieses wird in Rheinland-Pfalz ebenfalls praktiziert. Auch hierfür bitten wir um Unterstützung. Das ganze Konzept ist aber nur mit mehr Personal umsetzbar. Das hat die geschäftsführende Landesregierung auch richtigerweise in ihrem Bericht ausgeführt. Unrealistisch ist dabei jedoch die Einschätzung, dass die staatsanwaltlichen Aufgaben hälftig aus dem vorhandenen Personalbestand geleistet werden könnten. Der Personalmangel gerade bei der Staatsanwaltschaft ist enorm, die Staatsanwaltschaft hat eine Arbeitsbelastung von 160 %. Dort bedarf es für das Haus des Jugendrechtes einer personellen Verstärkung. Dies ist aus dem Bestand nicht leistbar. </em>

<em>Im Übrigen erlaube ich mir den guten Rat zu geben, dass sie vor der Bekanntgabe in der Presse besser mit den Beteiligten vorher reden sollten. Soweit mir bekannt ist, wusste die Stadt Frankfurt noch nichts von ihrem Glück, als der Standort Frankfurt-Höchst benannt wurde. Das gesamte Verfahren der Einbeziehung der Beteiligten ist gar nicht erfolgt. Das zeigt auch der Artikel in der FAZ vom gestrigen Tage. Deshalb werden wir eine Anhörung der Beteiligten im Ausschuss beantragen.</em>

<em>Aber zum Schluss verweise ich darauf, dass die allerwichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung von Jugendkriminalität eine gute Bildungs- und Sozialpolitik sind und man wird bei der Aufstockung der vielen Mittel für präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Jugendkriminalität erneut ablesen können, ob die CDU es ernst meint, Jugendkriminalität zu bekämpfen.“</em>