<em>1. Rechtlich gilt: Bis Ende 2008 muss eine verfassungskonforme Bewertung der unterschiedlichen Vermögenswerte im Gesetzblatt stehen. Deshalb müssen wir die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts konsequent umsetzen, Dazu gehören eine einheitliche Bewertung der Vermögensarten und in einem zweiten Schritt dann angepasste Freibeträge, Steuersätze und Verschonungsregeln. </em>
<em>Die Privilegierung bestimmter Vermögensarten muss nachvollziehbar mit dem Gemeinwohlinteresse begründet werden.</em>
<em>2. Politisch gilt: Die Erbschaftssteuer ist in Deutschland im internationalen Vergleich sehr niedrig und die Länder können mehr Geld für Bildung und Betreuung gut brauchen. Deshalb wollen wir höhere Einnahmen aus der Erbschaftsteuer und vor allem eine stärkere Belastung großer Privatvermögen. Gleichzeitig wollen wir auch sicherstellen, dass die Liquidität von Familienunternehmen beim Betriebsübergang nicht gefährdet wird. Auch die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit Ehen war und ist ein Ziel der SPD bei dieser Reform.</em>
<em>Und wir wollen auch die finanziellen Grundlagen dieses Staates und des Landes sichern. Und da sind wir bei den Landesfinanzen. 326 Millionen Euro hat die Erbschaftssteuer Hessen im Jahr 2006 gebracht. 380 Mio. sind für dieses Jahr eingeplant. Wie soll der Wegfall dieser Mittel kompensiert werden, wenn die Erbschaftssteuer abgeschafft wird? Und der Vorschlag der FDP ist doch die faktische Abschaffung. Der föderative Wettbewerb von dem die FDP spricht, bedeutet die Spirale nach unten, an deren Ende eine Abschaffung steht. Das ist das wirkliche Ziel. </em>
<em>Wir beklagen doch alle den Steuerwettbewerb und die Steueroasen nur in Europa. Sie wollen einen neuen Flickenteppich in Deutschland schaffen. Jährlich werden 200 bis 250 Milliarden Vermögen vererbt oder verschenkt. Das Erbschaftsaufkommen beträgt jährlich nur 4 Mrd. Euro. Das gesamte Erbe wird also durchschnittlich nur mit rund 2 Prozent belastet. Von einer Belastung über Gebühr kann also nicht die Rede sein. Eher über eine zu geringe Belastung im Vergleich dazu, was für arbeitsbezogene Einkommen an Steuern gezahlt werden muss. Ich glaube nicht, dass wir auf Steuereinnahmen in Höhe von 4 Mrd. und in Hessen von über 300 Mio verzichten können.</em>
<em>Und jetzt müssen wir überlegen, wir die Veranstaltung Staat vor allem von den Arbeitnehmer über ihre Lohnsteuer (25%), über die Mehrwertssteuer (31%) bezahlt oder ist es nicht ein Gebot der Gerechtigkeit auch jene herauzuziehen, die leistungslos zu Vermögenszuwächsen kommen. Übrigens: Die Einkommenssteuer trägt zu 5%, die Körperschaftssteuer zu 4% am Gesamtsteueraufkommen bei. Alle Steuern auf Gewinne und Vermögen zusammen betragen gerade einmal 20 Prozent des Steueraufkommens. Daraus ziehen wir den Schluss, die Erbschaftsteuer ist auch ein Gebot der Gerechtigkeit. Wird sie nicht erhoben, zahlen wieder die Arbeitnehmer die Zeche. </em>
<em>Bund-/Länder-Arbeitsgruppe erarbeitete Gesetzentwurf</em>
<em>Die Umsetzung der rechtlichen und politischen Vorgaben war und ist in der Großen Koalition nicht einfach. Teile der Union wollen die Erbschaftssteuer ohnehin ganz abschaffen. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Bund-/Länder-Arbeitsgruppe unter der Leitung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Roland Koch ein Kompromiss. Es soll verfassungskonformes Bewertungsrecht geschaffen und die Erbschaftsteuer mit dem aktuellen Aufkommen von 4 Milliarden Euro jährlich erhalten bleiben. Normale Erbschaften im engeren Familienkreis bleiben steuerfrei und Lebenspartner bekommen mit 500.000 Euro den gleichen Freibetrag wie Ehepartner. Im Gegenzug wird die Weitergabe von sehr großem privatem Immobilienbesitz deutlich teurer, genauso wie Erbschaften an entfernte Verwandte und Fremde.</em>
<em>Abschmelzmodell sichert Arbeitsplätze</em>
<em>Der komplizierte Teil der Reform ist die Behandlung des Betriebsvermögens. Hier gilt: Die einzige denkbare Begründung für eine Begünstigung ist der Erhalt der Arbeitsplätze. Mit der Reform führen wir ein Abschmelzmodell ein, dass 85 Prozent der Vermögenswerte eines Betriebes von der Steuer freistellt, wenn 70 Prozent der Lohnsumme über 10 Jahre erhalten bleiben und der Betrieb 15 Jahre lang fortgeführt wird. Außerdem ist der Anteil der reinen Vermögensverwaltung in begünstigten Unternehmen auf 50 Prozent des Vermögens begrenzt. Damit binden wir die Begünstigung an den Arbeitsplatzerhalt und grenzen die Möglichkeiten zur Steuergestaltung ein.</em>
<em>Kritik muss begründet werden</em>
<em>Das Bundesfinanzministerium hat die Ergebnisse der Koch/Steinbrück-Arbeitsgruppe im Gesetzentwurf umgesetzt. Die SPD steht zu diesem Vereinbarungen, auch zu dem Teil, den wir uns anders gewünscht hätten. Selbstverständlich werden im Gesetzgebungsverfahren an einigen Details Korrekturen vorgenommen werden. Nicht akzeptieren werden wir aber, dass der Kompromiss insgesamt in Frage gestellt wird, während Arbeitsgruppenmitglieder der Union Faltlhauser, Stratthaus, Koch nach und nach in Rente gehen.</em>
<em>Absurde Kampagne von Seiten der Wirtschaftsverbände</em>
<em>Seit Monaten ist nun die Kampagne von Wirtschaftsverbänden gegen den Gesetzentwurf in vollem Gange. Sie trägt aus mehreren Gründen absurde Züge. Zum einen werden dabei die Befürchtungen in Kleinbetrieben politisch instrumentalisiert, die ohnehin nicht oder nur in sehr geringem Umfang von der Erbschaftsteuer betroffen sind und sein werden. Zum anderen greifen die Verbände ein Modell an, dass sie selbst seit Jahren fordern: Der schrittweise Steuererlass für vererbte Unternehmen, die langfristig Arbeitsplätze erhalten wurde immer als Lösung für die angeblich Existenz bedrohende Erbschaftsteuerbelastung propagiert. Als Hauptargumente gegen das Abschmelzmodell in der vorgeschlagenen Form werden angeführt: Zu enge Begünstigungskriterien, bürokratischer Aufwand bei der Überprüfung und die Gefahr von Steuernachzahlungen bei Betriebsaufgabe oder massivem Arbeitsplatzabbau. Diese Kritik ist ungerechtfertigt, denn alle diese Punkte liegen in der Natur des Abschmelzmodells: Wenn man die Begünstigung des Betriebsvermögens mit den Arbeitsplätzen begründet, dann muss man auch entsprechende Kriterien aufstellen und ihre Einhaltung kontrollieren. Und wenn man einen Steuernachlass an Bedingungen knüpft, dann sind Steuernachzahlungen bei Nichterfüllung der Kriterien zwangsläufig. Die SPD hätte sich durchaus andere Lösungen als das Abschmelzmodell vorstellen können. Wer dieses Modell wollte, muss aber nun auch mit den Konsequenzen leben.</em>
<em>Betriebsvermögen mit maximal 4,5 Prozent versteuert</em>
<em>Eine Zahl sollte man bei der Diskussion nicht aus den Augen verlieren: Wenn ein Betrieb nach der Übergabe 15 Jahre fortgeführt wird, beträgt die Erbschaftsteuer auf das Betriebsvermögen maximal 4,5 Prozent. Auf diesen Maximalwert kommt man, wenn 15 Prozent des Betriebsvermögens mit dem Spitzensteuersatz von 30 Prozent belegt der im Übrigen erst bei Betriebsvermögen in Millionenhöhe anfällt: Ein Spitzensteuersatz von 4,5 Prozent im Gegensatz zu 30 Prozent auf Privatvermögen so eine Begünstigung muss einfach gut begründet und klar begrenzt werden. Fast alle bisher bekannten Änderungswünsche sind verfassungsrechtlich bedenklich oder bringen Steuerausfälle mit sich, die innerhalb der Erbschaftsteuer gegen finanziert werden müssen. Hier kann es keine Arbeitsteilung in der Koalition geben. Wenn die Union etwas ändern will, muss sie auch deutlich machen, mit welchen Maßnahmen das Aufkommen gesichert wird.</em>
<em>Umsetzung von Parteitagsbeschlüssen</em>
<em>Wir werden sicherstellen, dass das Aufkommen von 4 Milliarden gesichert ist. Und wir werden darauf achten, dass das neue Gesetz den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Dann erreichen wir eine Erbschaftsteuer, die auf Dauer Bestand hat und die Lasten gerechter verteilt als heute. Eine deutliche Steigerung des Aufkommens auf ein international übliches Niveau ist unter den gegebenen Mehrheitsverhältnissen nicht zu erreichen. Trotzdem bleibt eine stärkere Belastung großer privater Erbschaften das Ziel.</em>