Michael Siebel (SPD): Jugendschutz muss Qualitätskennzeichen werden

Aber solche Sätze wie „Der Landtag stellt fest, dass die Nutzung des Computers als Freizeitbeschäftigung auf der einen Seite ein nicht unbeachtliches positives Potenzial beinhaltet, auf der anderen Seite unter bestimmten Voraussetzungen aber auch ein erhebliches Gefährdungspotenzial“, die in ihrer Tiefgründigkeit kaum noch zu überbieten sind, sollten sie besser die 99% der Jugendlichen zwischen 10 und 15 Jahren nicht lesen lassen, die dem Computer einen hohen Stellenwert als Freizeitbeschäftigung beimessen. Im Kern haben sie auf zwei Seiten sagen wollen: Der Hessische Landtag unterstützt die Bundesratsinitiative der CDU regierten Länder Hessen, Bayern, Thüringen und Niedersachsen vom 11. Mai 2007, insbesondere die Schaffung eines Straftatbestandes der Verbreitung, Weitergabe und Herstellung von Killerspielen. Wenn wir allerdings öffentlich über Jugendmedienschutz diskutieren, dann sollte dies angemessen geschehen. Zu dieser Angemessenheit gehört, dass Tiefgründigkeiten wie die, dass man mit einem Hammer Nägel einschlagen kann, aber auch Menschen erschlagen, genauso wie die Tatsache, dass Verbote nur dann Sinn machen, wenn sie auch etwas bewirken können, überflüssig sind.

Zum Verbot der so genannten Killerspiele: Im Kern beinhaltet die bayerische Bundesratsinitiative einen neuen § 131a des Strafgesetzbuchs, der die Verbreitung und Veröffentlichung von Killerspielen unter Strafe stellen will. Wie die Fachleute wissen, gibt es zu dem Thema eine Verständigung in der Berliner Koalition, dass die Regelungen zum Jugendschutz evaluiert werden und folgende Eckpunkte vorrangig erörtert werden sollen:
·         Wirksamkeit des Konstrukts der „regulierenden Selbstkontrolle“
·         Altersgrenze für die Freigabe von Filmen und Spielen
·         Verlässliche Kontrolle von Sicherheitsstandarts
Daraus ergibt sich nicht automatisch ein Verbot von Killerspielen. Deshalb will die hessische SPD die Evaluation des bestehenden Jugendschutzes auf der Grundlage des Forschungsberichts des Hans-Bredow- Instituts abwarten. Er soll Ende 2007 vorliegen und dann werden auch Konsequenzen gezogen. Ich möchte die CDU daher davor warnen weiter vorzupreschen, weil es nicht angemessen ist und weil Sie in keiner guten Tradition ihrer bisherigen Bemühungen stehen.

Eines wird jedoch sehr deutlich: Wir haben keinen rechtlichen Handlungsbedarf sondern ein Vollzugsdefizit. Darauf nehmen Sie an anderer Stelle Ihres Antrags Bezug: „die Hessische Polizei sollte Personal und Infrastruktur erhalten“! Ja wo sind wir denn? Sie hatten 9 Jahre Zeit, dieses Personal und die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, aber haben das Gegenteil gemacht. Diskutieren sie das doch mal mit dem Kollegen bei der Frankfurter Polizei. Der Personalmangel gerade in diesem Bereich ist eklatant. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Förderung und Stärkung von Medienkompetenz in Kindergärten, Schulen und in der Jugendarbeit der richtige Weg ist. Unser Ansatz, den wir im Haus der Bildung ausgearbeitet haben, trägt der Tatsache Rechnung, dass wir an Schulen eine viel zu geringe Ausstattung mit Schulpsychologen haben. Wenn in Zukunft das Kind in den Mittelpunkt gestellt wird, werden wir vermeiden können, dass Kinder sich oft tagelang in eine Parallelwelt der Computerspiele verabschieden können. Deshalb muss das Thema Jugendschutz im Internet zum Gegenstand der Lehrerfortbildung gemacht werden. In Rheinland-Pfalz wird von Lehramtsstudierenden ein Pflichtschein Medienkompetenz abverlangt.

Wir wissen, dass Jugendliche ein höheres Wissen über die Gefahren der Verbreitung jugendgefährdender Inhalte im Netz haben als Erwachsene. Die SPD-Landtagsfraktion hat letztens mit Fachleuten und Jugendlichen diese Problematik diskutiert. Wissen Sie, was diese Jugendlichen gesagt haben? Macht Medienpädagogik, macht die Eltern fitt, dass sie ihre Kinder begleiten können, dass sie überhaupt eine Ahnung davon bekommen, wie, wo und was ihre Kinder im Netzt machen. Die haben sich gewünscht, dass Eltern lernen, ihren Kindern Kommunikationsräume zu schaffen. Diese Jugendlichen haben über Verbote gelacht. Im Internet ist alles zu haben. Deshalb noch mal mein Petitum: Lassen Sie uns die Ursachen angehen, nicht die Symptome. Ich bin sehr dafür, dass in Zukunft Geräte vertrieben werden, die entsprechende Voreinstellungen haben. Es war ein langer Kampf, bis es das erste Jugendschutzhandy auf dem Markt gab und es war und ist nicht selbstverständlich, dass sich die Plattformanbieter mit entsprechenden Jugendschutzfiltern und auch Fortbildungsangeboten engagieren. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass ein gemeinsames politisches Bemühen im Hinblick auf die Gerätehersteller und Plattformbetreiber im Hinblick auf Selbstkontrolle erfolgreich ist. Jugendschutz muss ein Qualitätskennzeichen werden – dann werden wir unsere Jugend erfolgreich schützen.“