Andrea Ypsilanti (SPD): IBA bedeutet Zukunftschance für die Rhein-Main-Region

Hier ballt sich wirtschaftliche Potenz im wahrsten Sinne des Wortes: In der Rhein-Main Region konzentrieren sich auf ca. einem Fünftel des Landes Hessen etwa die Hälfte seiner Einwohner und zwei Drittel seiner Arbeitsplätze. Und die Region bietet weiterhin die Chance für  überdurchschnittliches wirtschaftliches Wachstum und damit großer  Zukunftschancen, gestützt auf eine Vielzahl hoch qualifizierter, leistungsbereiter Menschen. Aber wo Licht ist gibt es auch Schatten.

Gerade wegen der hohen Dichte an Arbeit und Wertschöpfung ist diese Region auch großen ökologischen und sozialen Belastungen ausgesetzt. Wegen der Ballung konzentriert sich in dieser Region die Frage nach der Art, wie wir in Zukunft mit Produktion umgehen und zu welchem Preis und unter welchen Bedingungen wir unseren wirtschaftlichen Reichtum erarbeiten. Hier im Rhein-Main Gebiet kann sich zeigen, welche Art von Moderne wir für die ganze Gesellschaft schaffen können.

Dieser spannenden Diskussion, die mit Sicherheit auch eine kontroverse sein würde, stellt sich die Landesregierung nicht. Sie sind nicht bereit, vielleicht auch nicht in der Lage, ein Konzept für den Wandel der Bevölkerungs- und Wohnstrukturen, den Umgang mit den ökologischen  Belastungen des Ballungsraums und den sozialen Herausforderungen zu diskutieren. Sie haben keine Antwort auf die Organisation von Mobilität, Sie sind mit Ihrem Ballungsraumgesetz gescheitert, sie sind gescheitert mit der Kulturregion, und aus Angst vor neuerlichem Scheitern kneifen Sie gleich vor dem Projekt „Internationale Bauausstellung“.

Wer Knall auf Fall ohne Perspektiven, ohne Mut, ohne Tatkraft ein so zentrales Projekt wie die Internationale Bauausstellung Frankfurt – Rhein-Main ablehnt, der hat abgewirtschaftet. Die Kritik an Ihrem Ausstieg aus der Internationalen Bauausstellung reicht deshalb zu Recht quer durch alle wichtigen regionalen Akteure, ob IHK, Wirtschaftsförderung oder Planungsverband. Denn sie alle wissen, um im Konzert der europäischen Metropolen mitspielen zu können und gleichzeitig ein lebenswerter und wirtschaftsstarker Raum bleibt, dann braucht diese Region neue Impulse.

 Überall auf der Welt stellt sich die Frage nach einer Entwicklungsperspektive, die wirtschaftlichen Wohlstand mit sozialem Frieden und ökologischer Verträglichkeit nachhaltig vereint, vor allem in Ballungsräumen. Die Herausforderung besteht in ausgewogener Optimierung mehrerer Gesichtspunkte und nicht in der Maximierung eines einzelnen.

Eine Internationale Bauausstellung wäre eine hervorragende Plattform solche Entwicklungsalternativen zu diskutieren. sein. Eine Internationale Bauausstellung dürfte sich dabei nicht nur auf die Architektur bzw. auf Bauten beschränken, sondern ihr Anspruch muss eine regionale Antwort auf eine globale Herausforderung sein. Kurz gesagt: Eine Metropolitana muss das Prädikat der Nachhaltigkeit tragen.

Mit einer IBA „Nachhaltige Metropolitana“ sollte eine gemeinsame und vernetzte Anstrengung unternommen werden, um exemplarisch eine konkrete Lösung für die beschriebenen globalen Herausforderungen zu finden. Es geht darum, die ökonomische Herausforderung globale Wirtschaftsfunktionen des Frankfurter Raumes mit der Entwicklung regionaler Wirtschaftsinteressen zu einer guten Wettbewerbssituation zu verknüpfen. Es geht um kulturelle und soziale Nachhaltigkeit, um die Lebensqualität der Menschen, die hier leben und arbeiten, zu verbessern. Und es geht um ökologische Nachhaltigkeit, d.h. die Minimierung von Ressourcenverbrauch, die Reduzierung von  Emissionen um die Lebensqualität gerade in urbanen Räumen zu sichern.

Es geht also um einen neuen Inhalt von einer „Sozialen Moderne“. Sie ist global ausgerichtet, regional verankert, kulturell weltoffen, konkret lebenswert, ökologisch und sozial nachhaltig. Diese Moderne wollen wir Sozialdemokraten. Sie unterscheidet sich von der marktradikalen Modernisierung, die andere hier im Haus anstreben. Die IBA ist für uns ein wichtiger Baustein für die Orientierung auf eine soziale Moderne.  Und dieses Projekt wollen wir ganz offen, demokratisch mit den Menschen in der Region besprechen. Sie kneifen vor dieser Aufgabe.

Eine IBA würde sogar die Perspektive bieten, in diesem Zusammenhang eine strategische Antwort auf den demographischen Wandel in der Region zu finden. Die urbanen Räume werden zukünftig durch eine immer älter werdende Stammbevölkerung auf der einen und einer relativ großen Anzahl von Kindern eingewanderter Bevölkerungsteile auf der anderen Seite geprägt sein. Demgegenüber steht in den modernen Dienstleistungszentren eine sich verstärkende Einwanderung von innerhalb und außerhalb Deutschlands. Es darf kein abgrenzendes Nebeneinander der unterschiedlichen Kulturen geben. Wir müssen das Miteinander fördern, die die wechselseitige Bereicherung und Vielfalt für alle Bevölkerungsgruppen bietet. Es geht also um die Förderung der Integration anstatt Ausgrenzung, und auch hier zeigt sich der deutliche Unterschied zu dieser Landesregierung.

Den Menschen muss ein Zukunftsweg aufgezeigt werden, der die bebaute Umwelt der Region und die Arbeits- und Lebensqualität der Menschen und ihr soziales Miteinander umfasst. Das ist der Kern der sozialen Moderne, eines fortschrittlichen Entwicklungsmodells für Ballungszentren allgemein und das Rhein-Main-Gebiet im Besonderen.

Ich halte es für unhaltbar, dass eine Studie zur Vorbereitung eines solchen Projektes, die vor zwei Jahren in Auftrag gegeben wurde und seit fast einem Jahr vorliegt, der Öffentlichkeit vorenthalten wird. Dies reiht sich ein in eine Kette weiterer Fehlentscheidungen für die Region. So wird die Region nicht vorangebracht. Wir brauchen dieses Projekt der sozialen Moderne und deshalb fordern wir die Landesregierung und die Abgeordneten von der CDU auf, endlich ihre unsinnige und verantwortungslose Blockadehaltung aufzugeben. Eine IBA kann im besten Sinne Fortschritt für die Region und für ganz Hessen bedeuten.

Wir fordern die Landesregierung auf: Veröffentlichen Sie endlich die Machbarkeitsstudie des Architekten und Planers Prof. Jourdan. Lassen Sie uns eintreten in einen breiteren Dialog mit den Akteuren in der Region. Nehmen Sie Ihre Entscheidung zurück und legen Sie dem Landtag und der Region eine Konzeption zur Implementierung und Umsetzung einer IBA Nachhaltige Metropolitana 2020 vor. Binden Sie endlich die Öffentlichkeit ein in diesen Prozess, um die Entwicklung eines regionalen Bewusstseins zu fördern. Lassen Sie alle Kräfte der Region, der Wirtschaft, Kultur, Stadtentwicklung und Politik gemeinsam an einer Zukunftsperspektive für die Region arbeiten! Aber, meine Damen und Herren von der CDU: Ich fürchte, Sie haben dazu weder die Kraft, noch die Ideen oder den Mut.

Wir Sozialdemokraten werden uns jedenfalls der Sache annehmen im Februar 2008, denn die Region braucht ein Entwicklungsmodell, das langfristig tragfähig ist und die Integration von Leben und Arbeit gewährleistet. Eine nachhaltige Metropolitana bietet eine einmalige Zukunftschance für Rhein-Main, von der auch ganz Hessen und angrenzende Bundesländer profitieren werden.

Zaudern Sie nur weiter so – Wir werden kraftvoll zupacken.“