Andrea Ypsilanti (SPD): Landesregierung lässt tausende Jugendliche ohne Ausbildungsplatz im Stich

Heute jedoch – sechs Jahre später – müssen wir feststellen, dass es rasant nach unten ging. Kapitän Koch steuert das Ausbildungsschiff wie die Titanic und hatte in den letzten Jahren damit zu kämpfen, bei den Ausbildungsplätzen mit Mecklenburg-Vorpommern Schritt zu halten. Das Koch-Zitat von 2001 muss den jungen Menschen, die noch ohne Ausbildungsplatz sind, wie Hohn und Spott vorkommen. Rettungsboote sind auf der Ausbildungs-Titanic für sie nicht vorgesehen!

Das wirtschaftliche starke Hessenland, von Georg August Zinn mit dem sozialdemokratischen Slogan ‚Hessen vorn’ an die Spitze geführt, steht bei den Ausbildungsplätzen jetzt gerade mal im unteren Mittelfeld. Keine Rede davon, es den so genannten Südländern, die Herr Koch ja sonst gerne als Beispiel nimmt, gleich zu tun.

In Baden-Württemberg kommen auf einen Bewerber 0,79 Ausbildungsplätze, in Bayern sind es 0,71. Im Saarland sind es – man höre und staune – 0,83. Hessen liegt mit 0,63 noch unter dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer, die auf 0,69 kommen. Die Koch’sche Stimulation der Kräfte des Wachstums, die Hessen an die Spitze führen sollte, ist offensichtlich fehlgeschlagen.

In Hessen sind nach der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit noch 21.667 junge Menschen unversorgt. Sie haben zum 30.September 2007 noch keine bekannte Alternative. Natürlich laufen noch viele Bewerbungsgespräche und es gibt auch noch unbesetzte Plätze, derzeit 13.081. Aber selbst wenn es gelänge, alle Plätze zu besetzen, bliebe immer noch eine Lücke von über 8.000 jungen Menschen, die im September ohne Perspektive sind. Das sind 8.000 zu viel.

Noch eine Zahl, die beweist, dass Roland Kochs Weg nicht an die Spitze des Ausbildungsmarktes führt. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze zurückgegangen und zwar um 2 Prozent. Noch mal 2 Prozent weniger von dem niedrigen Niveau, das Hessen ohnehin schon hatte. Hessens junge Menschen zahlen die Zeche einer völlig verfehlten Politik.

Jetzt weiß ich schon, was Sie wieder antworten werden. Das sind alles falsche Zahlen, die SPD kann nicht richtig lesen und interpretieren. Dabei sind das alles Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, die jeder nachlesen kann. Aber: Selbst Ihr Wirtschaftsminister muss zugeben, dass die Angebots-Nachfrage-Relation sich verschlechtert hat. Sie ist gegenüber 2002 um sechs Prozentpunkte schlechter geworden.

Was wir brauchen, ist ein Ausbildungspakt, der diesen Namen auch verdient. Und dafür werden wir Sozialdemokraten sorgen. Ein Ausbildungspakt muss verbindliche Vorgaben haben, es muss Konsequenzen geben, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Und: die Landesregierung muss mit gutem Beispiel vorangehen. Seit Jahren fordern wir, die Zahl der Auszubildenden im Landesdienst wenigstens um 10 Prozent zu erhöhen. Seit Jahren bekommen wir die Antwort, man werde das Niveau halten. Sie erhalten allerdings nur ein Niveau, das Sie gegenüber unserer Regierungszeit zunächst deutlich abgesenkt hatten.

Darüber hinaus brauchen wir dringend eine Regelung für die Übernahme bei den Azubis. Insbesondere bei den Regierungspräsidien werden immer wieder Klagen darüber geführt, dass man noch nicht einmal bereit ist, einen befristeten Vertrag über sechs Monate abzuschließen. Diese kleine Überbrückungshilfe, die auch weitere Ansprüche begründet, muss möglich gemacht werden.

Viele der von mir genannten 8.000 jungen Menschen, die rein rechnerisch dieses Jahr unversorgt bleiben werden, sind so genannte Altbewerber, das heißt sie bewerben sich bereits zum zweiten oder dritten Mal, manche sogar schon länger. Für sie müssen wir sofort eine Lösung finden, denn jedes weitere Jahr der Wartezeit verschlechtert ihre Chancen.

Die Sozialdemokraten in Hessen sind nach wie vor der Auffassung, dass es am besten wäre, die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit für ein Sonderprogramm „Ausbildung für Altbewerber“ zu verwenden. Trotz des gesunkenen Beitrags zum Jahresbeginn ist die finanzielle Situation der Agentur gut genug, um dies zu realisieren. Wir sollten in die Zukunft der Jugend investieren und nicht noch einmal die Beiträge senken.

Wenn es richtig ist, wie Herr Weise von der BA sagt, dass der Engpass für Maßnahmen am Arbeitsmarkt derzeit nicht das Geld ist, sollten wir die Gelegenheit beim Schopfe packen. Sie, Herr Koch, haben ein solches Programm als Eintagsfliege/Eigen-PR auch schon mal gefordert. Wir fordern Sie auf, werden Sie im Bundesrat aktiv, unsere Unterstützung ist Ihnen sicher. Nur so kommt Hessen wieder auf den richtigen Kurs in Sachen Ausbildung.“