Der Opferschutz, aber auch das Sexualstrafrecht, z.B. der § 177 StGB, sind insbesondere durch den Bundesgesetzgeber in den letzten Jahren novelliert bzw. verbessert worden. Gerade für Opfer einer Sexualstraftat ist das spätere Strafverfahren oft eine große Belastung. Das Opfer muss dem Täter vor Gericht als Zeuge gegenüber treten und es durchlebt dabei nicht selten in der Erinnerung nochmals das schmerzhafte und traumatische Geschehen. Das Strafrecht konzentriert sich hierbei traditionell auf den Täter, das Opfer wird in erster Linie als Beweismittel (Zeuge) wahrgenommen.
Wichtig ist allerdings nicht allein, dass der Täter bestraft wird. Auch das Opfer darf nicht allein gelassen werden! Ein wichtiger Meilenstein zur Verbesserung des Opferschutzes war zunächst das Opferentschädigungsgesetz, das eine angemessene Versorgung der Opfer von Gewalttaten, z.B. durch die Erstattung von Heilbehandlungskosten, gewährt. Die Opferrechte wurden durch das Opferrechtsreformgesetz weiter verbessert. Wichtige Eckpfeiler des Gesetzes sind:
<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; tab-stops: list 36.0pt; mso-list: l0 level1 lfo1"><span>Die Vermeidung von Mehrfachvernehmungen, um das Opfer nicht unnötig zu belasten;</span></li><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; tab-stops: list 36.0pt; mso-list: l0 level1 lfo1"><span>die Stärkung der Opferrechte im Verfahren, z.B. durch die erweiterte Möglichkeit, einen Opferanwalt hinzuzuziehen</span></li><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; tab-stops: list 36.0pt; mso-list: l0 level1 lfo1"><span>der Ausbau des so genannten Adhäsionsverfahrens</span></li><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; tab-stops: list 36.0pt; mso-list: l0 level1 lfo1"><span>sowie eine verbesserte Information des Opfers über seine Rechte und den Ablauf des Strafverfahrens.<span> </span></span></li></ul>
Auch mit dem 2. Justizmodernisierungsgesetz, das diese Woche im Bundesrat verabschiedet wird, wird der Opferschutz im Strafverfahren, etwa durch die Zulassung des Adhäsionsverfahrens oder die Einführung eines Opferanwaltes im Jugendstrafverfahren, weiter gestärkt werden.
Auch das materielle Strafrecht kann zum Schutz des Opfers beitragen: Deshalb wurden in den letzten Jahren dort, wo es erforderlich war, Strafbarkeitslücken geschlossen bzw. Strafen auch verschärft. So wurde z.B. 2003 ein eigener Straftatbestand für den besonders schweren Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeführt und ein eigener Straftatbestand für Kinderpornographie geschaffen.
Mit dem Gewaltschutzgesetz kann ein Opfer häuslicher Gewalt effektiv gegen den Täter nach dem Motto Wer schlägt, der geht! vorgehen. Unsere Rechtsordnung macht damit unmissverständlich deutlich: Auch Gewalt in den eigenen vier Wänden wird nicht hingenommen und entsprechend strafrechtlich sanktioniert!
Mit einer Ergänzung des Strafgesetzbuches werden künftig Opfer, vor ständigem Auflauern, permanenten Telefonanrufen oder dauernden Belästigungen (stalking) strafrechtlich besser geschützt. Damit wird deutlich: Stalking ist keine Privatsache, sondern strafwürdiges Unrecht! Der neue Straftatbestand ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, künftig schneller einzugreifen und die Opfer besser zu schützen. Jedoch müssen die vorhandenen Möglichkeiten des StGB und des Gewaltschutzgesetzes noch besser genutzt werden als bisher. Hier gibt es leider noch Vollzugs- und Informationsdefizite.
Mit dem Prostitutionsgesetz wurden die Interessen und Bedürfnisse der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution gestärkt, indem ihnen Wege aus der Kriminalität in die Legalität aufgezeigt wurden. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene wurde zwischen CDU und SPD des Weiteren vereinbart, den Sexualstrafkatalog insgesamt einer Überprüfung zu unterziehen. Es soll insbesondere überprüft werden, ob die bestehenden Regelungen systematisch klarer und transparenter gefasst werden können.
In der Rechtspolitik und der Justiz sieht man sich man immer wieder Forderungen nach härterem Durchgreifen, härteren Strafen ausgesetzt, die vor allem nach tragischen Einzelfällen mit entsprechend medialer Begleitung immer wieder erhoben werden. Die Rechtspolitik darf sich allerdings nicht zum Spielball solcher Stimmungen und Kampagnen machen lassen! Aufgabe einer guten und soliden Rechtspolitik ist es, gerade für uns Sozialdemokraten, verantwortungsvoll, rational und auf sicherer Faktenlage zu arbeiten!
So ist die Annahme unrichtig, die Kriminalitätsbedrohung habe in Deutschland in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark zugenommen. So ist z.B. bei den Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wo auch ein hoher Anteil von Beziehungstaten erfasst ist, die Aufklärungsquote relativ hoch. Auch in der praktischen Bekämpfung und Verfolgung von Sexualstraftaten hat es in den letzten Jahren Fortschritte gegeben. Die Einrichtung von hoch spezialisierten Sonderdezernaten für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung hat sich in vollem Umfang bewährt.
Die SPD kritisiert jedoch, dass im Rahmen der Operation Düstere Zukunft wichtige Projekte gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern wie etwa Wildwasser, Zartbitter und ähnlichen Organisationen zusammengestrichen und gekürzt wurden. Damit haben gerade Sie dem Schutz und der Rehabilitation von Opfern einen Bärendienst erwiesen! Die SPD-Fraktion wird sehr genau prüfen und entsprechend beraten, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Schutz von Opfern gegen die sexuelle Selbstbestimmung aber auch der strafrechtliche Umgang mit den Tätern ausreichend ist bzw. verändert werden muss.