Hessen hat mit Abstand das höchste Zulassungsquorum für Einleitung und Durchführung von Volksbegehren. Während in den anderen Bundesländern dieses Quorum meist deutlich unter 1 % oder knapp darüber liegt, sind in Hessen 3 % erforderlich. Ein verfassungsrechtliches Erfordernis hierfür gibt es nicht. Während beispielsweise in Nordrhein-Westfalen rund 3.000 Unterschriften notwendig sind, in Bayern 25.000 sind in Hessen über 130.000 Unterschriften zur Durchführung eines Volksbegehrens erforderlich. Das zeigt, Hessen hat eine zu hohe Hürde. Es gibt überhaupt keinen sachlich nachvollziehbaren Grund, warum die Anforderungsvoraussetzungen derart von allen anderen Bundesländern nach oben abweichen.
Die Elemente der direkten Demokratie und der unmittelbaren Einflussmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger müssen verstärkt werden. Betrachten wir die Beteiligungen bei den Wahlen, so konnten wir in den letzten Jahren einen teilweise dramatischen Rückgang feststellen. Deswegen ist es wichtig und notwendig, den Bürgerinnen und Bürgern mehr Einflussmöglichkeiten zu geben. Mehr Demokratie wagen. Dieser Satz des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt ist auch nach nahezu 40 Jahren aktueller denn je.
Auch die Behauptung der CDU, damit würde man es den Bürgerinnen und Bürger zu einfach machen, ein Volksbegehren zu beantragen, es sei aufwendig und kostenträchtig, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Die Gefahr des Missbrauches wird auch aus den Erfahrungen anderer Ländern nicht bestätigt. Alle anderen Verfahrenserleichterungen etwa die der Unterschriftensammlung sind richtig und notwendig.
Darüber hinaus führen Volksbegehren und die Möglichkeit der Einflussnahme immer auch zu mehr Demokratie, selbst wenn die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird und ein Volksbegehren gescheitert ist. Wichtige Themen werden in diesem Fall dann öffentlich diskutiert. Auch das zeigt die Erfahrungen aus anderen Ländern, die Androhung der Durchführung von Volksbegehren kann dazu führen, dass sich die politisch Verantwortlichen mit Themenstellungen auseinandersetzen, die sie sonst lieber verschwiegen hätten.
Es ist von daher sehr bedauerlich, wenn die CDU sich diesem sinnvollen Anliegen verweigert. Die hierzu durchgeführte Anhörung im Innenausschuss hat klar und deutlich ergeben, dass es keine sachliche Begründung gegen die vorgesehenen Erleichterungen zur Durchführung eines Volksbegehrens gibt. Die von der kommunalen Seite angeführten finanziellen Mehrbelastungen und die entstehenden Sach- und Personalaufwendungen sind nicht stichhaltig.
Auch im Rahmen der Enquetekommission zur Reform der Hessischen Verfassung wurden schon verschiedene Änderungen des Artikels 124 vorgeschlagen. Die Initiative von Volksbegehren sollte erleichtert werden. Eine frühzeitige Thematisierung von besonders umstrittenen politischen Fragen als wichtige Funktion kann von Volksbegehren gefördert werden. Dies wäre ein Beitrag, um auch gegen Partei und Politikverdrossenheit anzugehen.