Günter Rudolph (SPD): Hessens Polizeibeamte leisten hervorragende Arbeit und garantieren Sicherheit

Bei der Anzahl der Kriminalitätsfälle ist der Innenminister wieder auf dem Niveau angekommen, welches er 1999 vom damaligen Innenminister Gerhard Bökel übernommen hat. Dazwischen liegt eine Kriminalitätssteigerung von rund 13,5 %, die erst jetzt nach 2 Jahren abgebaut wurde. Nach einer Studie der Bertelsmannstiftung stand Hessen im Jahre 2005 beim Länder-Ranking auf Platz 9. Ihre Behauptung, Hessen gehöre zu den sichersten Bundesländern, ist deswegen von der Realität weit entfernt.

Nun streiten wir darüber, wem es zu verdanken ist, dass es zu einem Kriminalitätsrückgang in Hessen gekommen ist. Zunächst einmal der Hauptverdienst gehört den hessischen Polizeibeamtinnen und -beamten, denen wir zu Recht für ihr besonderes Engagement danken. Deren harte Arbeit hat dies erst ermöglicht, obwohl die Rahmenbedingungen, die Sie durch Ihre Politik vorgeben, die Arbeit der hessischen Polizei alles andere als einfach gestalten.

Der Rückgang der Kriminalitätsentwicklung geht einher mit einem allgemeinen Trend aus den meisten Bundesländern und hängt im Wesentlichen zusammen mit der Abnahme von Diebstahlsdelikten. Daraus erfolgt auch eine Steigerung der Aufklärungsquote, die maßgeblich von der Zahl der Aufklärung schwacher Delikte, abhängig ist.  Auch bei den Fällen der häuslichen Gewalt wird der Täter gewissermaßen gleich mitgeliefert. Auch der  Rückgang der Delikte rund um das Auto ist begrüßenswert. Es wird vor allem auf die technischen Veränderungen zurückgeführt, aber vor allem auch auf die Prävention der Bürgerinnen und Bürger und der Autohersteller. Bei Kriminalitätsdelikten wie dem Erschleichen von Sozialleistungen und Abrechnungsbetrug ist die Aufklärungsrate auch relativ hoch, denn die Täter werden bei der Anzeigenerstellung gleich „frei Haus“ mitgeliefert.

Sorgen muss uns aber die organisierte Kriminalität bereiten. Auch der Bereich der Internet-Kriminalität oder etwa die der Kinderpornografie nehmen ständig zu und stellen eine immer größere Bedrohung dar. Gerade im Bereich der Internet-Kriminalität müssen wir immer deutlicher feststellen, dass immer mehr Kriminelle heimliche Computersysteme ausforschen und missbrauchen. Was tut die Hessische Landesregierung dagegen? Zunächst einmal nimmt der Innenminister mit Sorge die Zunahme der Betrugsdelikte im Internet zur Kenntnis. Die Aufklärungsquote in diesen Bereichen liegt erheblich unter dem allgemeinen Durchschnitt. Erst jetzt werden die personellen Voraussetzungen etwa beim Landeskriminalamt  geschaffen, um gegen diesen Missbrauch vorzugehen.

Wir teilen auch nicht die Auffassung des Innenministers, dass der Extremismusbereich uns keine Sorge machen muss. Die Bedrohungen durch islamitischen Terrorismus müssen ernst genommen und entschieden dagegen vorgegangen werden. Aber es gibt auch andere Gefahren für unsere Demokratie. Dabei dürfen wir auch die Gefahren, die durch den Rechtsextremismus entstehen, nicht unterschätzen. Angesichts der Bedrohung und der Gefahr einer sich zunehmend herausbildenden rechtsextremen Jugendszene bleiben staatlich unterstützte Projekte zur Bekämpfung solcher Tendenzen eine Daueraufgabe. Schauen wir auf die diversen Entwicklungen insbesondere im rechtsextremistischen Bereich, so stellen wir Veränderungen fest. Die dumpfen Skinheads im rechtsextremistischen Bereich gibt es weiterhin, aber es gibt auch die Rechtsextremen mit Anzug und Schlips, die auch  über das Internet versuchen, gerade junge Leute in die Irre zu führen. Hier gilt es geschlossen dagegen vorzugehen.

Den wichtigsten Beitrag zur Bekämpfung der Kriminalität aber leistet die hessische Polizei.
Was deren Personalsituation anbelangt, so werden bis Ende 2008 über 1.000 Stellen weniger bei der Vollzugspolizei vorhanden sein. 250 Stellen bei der Wachpolizei wurden umgewandelt von Stellen der Vollzugspolizei, 460 Stellen im Angestelltenbereich haben Sie umgewandelt, hinzu kommt ein erheblicher Stellenabbau bei den Tarifbeschäftigten. Das ist das falsche Signal. Auch die von Ihnen verordnete Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden bleibt trotz Ihres Versprechens, dass es keine Sonderopfer für Beamte geben wird, bestehen. Die normale Arbeitsverdichtung in den Dienststellen wie auch neue Herausforderungen der Kriminalitätsbekämpfung und Aufmärsche von Rechts- und Links-Gruppierungen fordern immer höheren Einsatz von Hessens Polizeibeamten bei immer weniger vorhandenem Personal. Unsinnige Kürzungen im Rahmen der Aktion „Düster Zukunft“ sind falsche sozial- und gesellschaftspolitische Weichenstellungen. Mittelkürzungen für präventive Maßnahmen sind deshalb kontraproduktiv. Die Einstellungsquote bei Hessens Polizei reicht nicht aus. Auch in der nächsten Zeit werden im Schnitt pro Jahr rund 300 Beamte ausscheiden. Ihre Einstellungsquote in den letzten Jahren lag bei rund bei 250 Einstellungen. Erst für das Jahr 2007 haben sie 300 Stellen in Aussicht gestellt. Dies wird erst in 2010 wirksam. Viele zusätzliche Sonderaufgaben, wie Landesaktions- und Kontrolltage belasten die Beschäftigten immer mehr, da nützt auch eine längere Arbeitszeit nichts. Hinzu kommen immer wieder Großeinsätze, sei es bei der Fußballweltmeisterschaft, dem Busch Besuch, dem Papst Besuch, der Tagung der EU-Verteidigungsminister in Wiesbaden, dem G-8-Gipfel. Dies bedeutet zusätzliche Einsatzstunden. Der Überstundenberg wird weiter wachsen. Die Arbeit in den Dienststellen wird dadurch nicht einfacher. Die Präsenz der Polizei vor Ort ist deshalb teilweise nicht mehr gewährleistet.

Die entscheidende Frage für uns ist, wie viele Polizeibeamtinnen und -beamte brauchen wir in Hessen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung? Jedenfalls deutlich mehr als diese Landesregierung zur Verfügung stellt. Wir haben dies bei den letzten Haushaltsberatungen immer wieder gefordert und werden dies auch weiter tun.
Wie geht nun der oberste Dienstherr mit seinem Bediensteten um? Am 13. Februar 2007 fand der traditionelle Jahresempfang der Hessischen Polizei in Baunatal statt. An diesem Tag wollten sich Koch und Bouffier für angebliche Wohltaten feiern lassen. Die Gewerkschaft der Polizei plante genau an diesem Tage eine Demonstration, um auf ihre Belange aufmerksam zu machen. Der Landespolizeipräsident, wie immer im vorauseilenden Gehorsam, befürchtete, durch demonstrierende Polizeibeamte könne diese Feierstunde gestört werden. Er wolle sich natürlich nicht zum immerhin im Grundgesetz verankerten Demonstrationsrecht äußern, aber das Ansehen der Polizei könne durch diese Demonstration Schaden nehmen. Was für ein Weltbild hat der Landespolizeipräsident? Die Gewerkschaft der Polizei und deren Mitglieder nahmen das Recht auf Versammlungsfreiheit in Anspruch. Man versuchte, Polizeibeamte ins Abseits zu stellen.

Der Innenminister hat abends in der Hessenschau gesagt, ich zitiere: „Das was Sie hier sehen, ist doch nicht die hessische Polizei. Das sind ein paar Krawallmacher, die für Gewerkschaftsforderungen eintreten.“ Und deswegen ist es ein ungeheuerlicher Vorgang, der sich vor kurzem in Baunatal abgespielt hat. Wer die eigenen Beschäftigten als Krawallmacher tituliert, nur weil sie ihren Unmut über zu lange Arbeitszeiten, Gehaltskürzungen und eine schlechte Personalausstattung Luft machen, der hat ein wahrhaft merkwürdiges Politikverständnis und Menschenbild. Hessens Innenminister Bouffier sieht seine Beamten in erster Linie als Untertanen und nicht als mündige Bürger. Beschäftigte, die das Recht haben sich gewerkschaftlich zu organisieren. Der Vorsitzende der GdP in Hessen, Jörg Buchmüller, hat in einem offenen Brief sich an sie gewandt und deutlich gemacht, dass sich viele Kolleginnen und Kollegen durch die Äußerung des Innenministers zutiefst beleidigt fühlen. Die fällige Entschuldigung des Hessischen Innenministers ist noch immer nicht erfolgt. Es geht dabei um die grundsätzliche Frage, welches Demokratieverständnis diese Landesregierung hat. Die CDU in ihrer Machttrunkenheit und Arroganz glaubt, Hessen gehört ihnen. Da werden 400.000 Euro für einen angeblichen Schulkongress aus Steuermitteln ausgegeben, um eine verfehlte Schulpolitik zu rechtfertigen. Streifenwagen für die Polizei müssen einzeln publikumswirksam übergeben werden, während Polizeibeamte von ihren wichtigen dienstlichen Tätigkeiten abgehalten werden. Gleichzeitig herrscht in Hessens Polizei eine Personalführung nach Methoden des letzten Jahrhunderts. Wir wollen den mündigen Staatsbürger auch in Uniform, auch das gehört zum Wesen einer Demokratie. Im Übrigen kann man mit dieser Art von Politik auch seine Mitarbeiter demotivieren, das beste Beispiel zeigt das Handeln des Innenministers. Hessens Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch  auf ausreichende Sicherheit. Dies kann man nur mit professioneller und gut ausgebildeter Polizei erreichen. Ihre scheinbaren Alternativen, wie der Freiwillige Polizeidienst und die Wachpolizei, dienen einzig dazu, qualifizierte Personalstellen abzubauen. Für uns heißt das, der Personalabbau bei der Hessischen Polizei muss endlich aufhören.

Für die SPD ist die Gewährleistung der Inneren Sicherheit Voraussetzung, dass auch der soziale Frieden in unserem Land erhalten werden kann. Es ist Aufgabe des Staates, die Allgemeinheit vor Gefahren und Straftaten zu schützen. Die Bürgerinnen und Bürger haben gegenüber dem Staat einen Anspruch auf Sicherheit. Das staatliche Gewaltmonopol ist deshalb für uns eine unabdingbare Grundlage demokratischen Rechtsstaates. Gefährdungen durch terroristische Aktivitäten muss auch polizeirechtlich entgegnet werden.
Wir wollen aber im Gegensatz zur CDU, dass nicht immer mehr Eingriffsbefugnisse in Bürgerrechte integriert werden, die weder eine konkrete Gefahr voraussetzen noch sich an einen konkreten bestimmbaren Störer richten.

Der Abbau von Freiheitsrechten muss immer wieder überprüft werden, auch im Polizeirecht. Dabei geht es darum zu überprüfen, ob eine Eingriffsnorm geeignet, erforderlich und damit als geringst möglicher Eingriff in die Rechte des Einzelnen verhältnismäßig gewesen ist. Auch dies gehört zum Wesen eines Rechtsstaates. Dies wird auch daran deutlich, wie CDU und SPD mit Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes umgehen. Wenn dort mehrheitlich zum Thema Rasterfahndung festgestellt wird, dass laut Grundgesetz eine angemessene Balance zwischen Freiheit und Sicherheit herzustellen ist, dann muss dies auch für den Hessischen Innenminister gelten. Dieser beruft sich stattdessen auf eine Minderheitenmeinung. Wir teilen die Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes, dass auch im Polizeirecht bei Wahl der Mittel zur Erfüllung einer Schutzpflicht der Staat auf diejenigen Mittel beschränkt ist, deren Einsatz mit der Verfassung in Einklang steht. Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung ist und bleibt eine angemessene Personalausstattung und ein vernünftiger Umgang mit den Mitarbeitern. Dass diese trotz zunehmender Arbeitsbelastungen und trotz vieler Einschränkungen ihren Dienst tun, zeigt, welches hohe Verantwortungsbewusstsein diese Menschen wahrnehmen.

Der Hessische Landtag heute ist der richtige Ort, Herr Minister, um deutlich zu machen, ich habe mich vergaloppiert. Eine Entschuldigung wäre ein deutliches Signal zu sagen, ich habe mich verrannt. Ansonsten wird sich der Eindruck durchsetzen, dass Sie als Innenminister beratungsresistent sind und keine Kritik vertragen können und nur Mitarbeiter wollen, die brav alles abnicken.“