Angesichts einer drohenden Gegenüberstellung und Vereidigung hat Roland Koch die Flucht in die Wahrheit angetreten und die Vorwürfe der Freien Wähler insgesamt bestätigt. An den Fakten ist nicht mehr zu rütteln: Die CDU hat den Freien Wählern eine Kostenerstattung rückwirkend für die Kommunalwahl 2006 angeboten, wenn sie bei der Landtagswahl 2008 nicht antreten. Das ist der Kern der Angelegenheit und wenn Roland Koch darin nichts Verwerfliches erkennt, beschädigt er die Würde seines Amtes und schadet dem Ansehen Hessens, sagten Faeser und Al-Wazir am Freitag in Wiesbaden.
Der Untersuchungsausschuss hat sein Ziel erreicht und seinen Zweck erfüllt, er hat die Wahrheit über einen großen politischen Skandal ans Tageslicht gebracht. Während Roland Koch im November den Freien Wählern vorgeworfen habe, die Tatsachen zu verdrehen, bestätige er deren Vorwürfe heute und frage zynisch, wo denn bitte die Widersprüche seien.
Wir sind Zeugen einer seltsamen Metamorphose der CDU-Argumente geworden. Am Anfang stand das glatte Dementi und der Gegenvorwurf an die Freien Wähler, die CDU erpresst zu haben und die Tatsachen zu verdrehen. Am Ende wurde alles zugegeben, aber zur politischen Normalität erklärt.
Inzwischen unbestritten war die CDU bereit, Geld der Steuerzahler auszugeben, um einen missliebigen Konkurrenten vom Wahlantritt abzuhalten. Das zeigt, dass die CDU die Grenzen zwischen Partei und Staat nicht mehr akzeptiert. Das zeigt, dass sie den Staat als Beute betrachtet und undemokratische Mittel für legitim hält.
Faeser und Al-Wazir erinnerten an die Behauptung des CDU-Generalsekretärs vom 6. November 2006, der erklärte: <em> rein rechtlich gesehen, kann es eben nur einmal Geld geben.</em>
Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass es sich bei der CDU-Argumentation einer angeblich unzulässigen Doppelfinanzierung um eine Legende handelt. Volker Bouffier und Roland Koch haben dies am letzten Montag eingestanden. Rechtlich sei das nie eine Frage gewesen. Auch politisch war und bleibe das Argument untauglich. Herr Koch stellt immer noch das Bild, als hätten sich die Freien Wähler mit dem Antreten zur Landtagswahl einen finanziellen Vorteil verschaffen können. Das ist schlicht Unsinn, sie können keinen einzigen Cent mehr bekommen, als sie für einen zusätzlichen Landtagswahlkampf auch tatsächlich ausgeben. Sie hätten sich auf diesem Wege niemals besser stellen können als Parteien, so Faeser und Al-Wazir.
Eine weitere widerlegte Behauptung sei, dass es zwar einen Gesetzentwurf zur Erstattung der Wahlkampfkosten für Wählergruppierungen auf kommunaler Ebene gegeben habe, die CDU diesen aber nie mit Bedingungen verknüpft habe. Heute schildert Ministerpräsident Koch, dass es für ihn geradezu selbstverständlich sei, ein Gesetz an die Bedingung politischen Wohlverhaltens zu knüpfen.
Alle Entlastungsversuche der CDU seien fehlgeschlagen und als Legenden entlarvt worden.
Bestätigt haben die Vernehmungen im Untersuchungsausschuss den Vorwurf der Freien Wähler, wonach die CDU den konkreten Zeitplan vorgeschlagen hatte, eine gesetzliche Regelung erst nach dem Landesdelegiertentag der Freien Wähler – also nach Erfüllung der CDU-Vorbedingungen – im Landtag zu beschließen.
Ratenweise sei auch die Wahrheit über den Gesetzentwurf vom 14. Juli 2005 herausgekommen. Dieser sei den Freien Wählern erstmals nach dem Gespräch vom 3. April 2006 zugänglich gemacht worden. Er wurde vorher weder den Freien Wählern übersandt noch mit anderen Parteien erörtert, obwohl CDU und Innenministerium das zunächst so dargestellt hatten. Der Gesetzentwurf wurde erstmals Gegenstand konkreter Erörterungen mit den Freien Wählern, nachdem sie ernsthaft ihre Kandidatur für die Landtagswahl 2008 in Angriff genommen hatten.
Ebenfalls in sich zusammengebrochen sei der Versuch der CDU und von Roland Koch, dem FW-Vorsitzenden Thomas Braun einen persönlichen Rachefeldzug zu unterstellen. Auch dafür habe der Untersuchungsausschuss keine Hinweise erbracht.
Übrig bleibt ein großer politischer Skandal und eine CDU ohne jedes Unrechtsbewusstsein. Es wird die Aufgabe der Wählerinnen und Wähler sein, über diesen Skandal am 27. Januar 2008 ihr Urteil zu sprechen. Für die CDU ist seit dem Schwarzgeldskandal politischer Anstand leider kein Maßstab mehr, so Faeser und Al-Wazir. Die beiden Obleute sprachen sich dafür aus, jetzt zügig die Beweisaufnahme abzuschließen und zum Abschlussbericht zu kommen. An den Fakten kommt jetzt auch die CDU-Mehrheit nicht mehr vorbei. Wir sind gespannt darauf, ob sie jetzt auch beim Abschlussbericht die Wahrheit einräumen oder nachträglich verdrehen werden.