Rede von Heike Habermann (SPD) zur „Unterrichtsgarantie plus“: Bildungspolitischer Bluff – Eltern werden in die Irre geführt!

Aber trotz beharrlicher und regelmäßig wiederkehrender Erfolgsmeldungen und Bilanzen erreichen Sie dieses Ziel nicht.  Offensichtlich ist der Realitätsverlust bei der Kultusministerin inzwischen so groß, dass sie nicht bemerkt, wie weit sie aus dem Bereich der Tatsachen in die Welt der Märchen und Sagen abgeglitten ist.

Die Schulleiter und Kollegien haben Sie zwar inzwischen recht erfolgreich davon abgehalten, ihre Bedenken öffentlich zu formulieren. Und viele Eltern scheuen davor zurück, beim Kultusministerium die bizarren Auswirkungen der Unterrichtsgarantie plus zu kritisieren, da sie Repressalien für die Schule ihrer Kinder befürchten. Trotzdem gelingt es Ihnen nicht, die Akzeptanz für Ihr Konzept zu erhöhen.

In einer repräsentativen Umfrage der SPD-Fraktion wird deutlich, was die Eltern wirklich von Ihrem Angriff auf die Qualität des Unterrichts halten. 68 Prozent der Befragten mit schulpflichtigen Kindern im Haushalt halten die Idee nicht für sinnvoll, Fachunterricht durch Personen erteilen zu lassen, die keine Lehrkräfte sind. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Resolution, die der Landeselternbeirat in seiner Sitzung am 9.Dezember einstimmig beschlossen hat: „Die Eltern lehnen den Einsatz von nicht pädagogisch ausgebildeten Lehrkräften ab.“

Kurz gesagt: Wo Unterricht drauf steht, müssen Lehrer drin sein, wo ausgefallener Unterricht durch Betreuung ersetzt wird, sollte niemand – vor allem nicht die Kultusministerin – von Erfüllung der Stundentafel reden. Mit dem Sündenfall der Operation düstere Zukunft haben Sie 1000 Lehrerstellen gestrichen, die für den Unterricht gebraucht werden. Ihre gesamte Zahlenakrobatik über die Zahl derer, die sich für einen Vertretungspool gemeldet haben, täuscht nicht darüber hinweg, dass die wenigsten davon eine abgeschlossene Ausbildung für ein Lehramt haben. Sie nehmen bewusst in Kauf, dass die Qualität des Unterrichts sinkt, um von Ihrem eigenen Versagen bei der Lehrerversorgung abzulenken.
Auch ohne die Opposition in diesem Haus wird die Unterrichtsgarantie plus als Offenbarungseid einer gescheiterten Bildungspolitik wahrgenommen. Sie haben es nicht geschafft, Ihre vielfach versprochene 100prozentige Unterrichtsversorgung sicherzustellen und wollen davon ablenken, indem Sie Hausmeister und Oberstufenschüler, arbeitsüberlastete Referendare und pädagogische Laien in die Klassen schicken. Was dort passiert und ob es die Schüler und Schülerinnen weiterbringt,  ist nicht Gegenstand Ihrer Bilanzen und offensichtlich für diese Kultusministerin nicht von Interesse. Schließlich wurde die Verantwortung erfolgreich auf die Schulen abgewälzt, die den Sündenbock spielen sollen, wenn Aushilfskräfte mit ihrer Aufgabe vor einer Klasse überfordert sind oder wenn der von Ihnen garantierte Unterricht trotzdem ausfallen muss.

Denn auch hier ist die Wahrnehmung der Bevölkerung eine andere als die Botschaft der wohlfeilen Parlamentsreden der Mehrheit in diesem Haus. Auf die Frage, ob und wie der Unterrichtsausfall sich in letzter Zeit verändert habe, sagen 69 Prozent der Eltern, der Unterrichtsausfall sei gleich geblieben, 18 Prozent empfinden sogar, es falle mehr Unterricht aus.

Liest man dazu die Presseinformation des Kultusministeriums vom 6. Dezember: „Stundenausfall in den Promillebereich gedrückt“, ist die Reaktion ungläubiges Staunen. Aber vielleicht soll dies ja auch ein Hinweis an die Eltern sein, dass nach dem Genuss von alkoholischen Getränken auch der Glaube an die Unterrichtsgarantie leichter fällt. Keiner, der klar denkt, nimmt Ihre Unterrichtsgarantie noch ernst.“