Uwe Frankenberger (SPD): Kommunaler Charakter der Sparkassen geht durch Novelle verloren

Wir können uns noch sehr genau an die Diffamierungen  gegenüber dem Präsidenten des Sparkassen- und Giroverbandes, Herrn Böhmer, erinnern. Sie sind unbelehrbar – und schaden mit diesem Eingriff massiv den Regionen, dem Mittelstand, den Kunden und den Sparkassen und ihren Arbeitsplätzen.

Die Kritikpunkte sind: Durch die Handelbarkeit von Stammkapital wird der Konzernbildung Vorschub geleistet. Die Orientierung am Shareholder Value wird den Rückzug aus der Region nach sich ziehen, mit negativen Konsequenzen für den Finanzierungsbedarf von KMU. Die Sparkassen sind dann nicht mehr Teil der Daseinsvorsorge. Trotz der vorgesehenen Beschränkung auf die Sparkassenfamilie geht der kommunale Charakter der Sparkassen verloren.

Sparkassen werden faktisch zum Gegenstand von Haushaltskonsolidierungen. Der Minister hat sich – zuletzt am 16.11.2006 – damit hervorgetan, dass das neue hessische Sparkassengesetz europafest sei. Dagegen hat der zuständige Kommissar Charlie McCreevy  vor ein paar Tagen gegenüber dem Europa-Abgeordneten Bullmann auf dessen Nachfrage klar gemacht , dass keine Zusicherung über die Konformität des hessischen Gesetzentwurfs mit EU-Recht gegeben werden kann. Die EU-Kommission sei nicht dazu befugt, Gemeinschaftsrecht in bindender Weise auszulegen und könne auch nicht auf ihr Recht verzichten, zukünftige Vertragsverletzungen einzuleiten, wenn sie später den Schluss zieht, dass der EG-Vertrag verletzt wurde. Dr. Rhiel wiegt sich in falscher Sicherheit. Sie legen bereits vorab im Staatsvertrag Inhalte fest, wie die Zulassung der Bildung von Stammkapital, die doch erst  nach Anhörung  Eingang ins Gesetz finden sollten. Damit brüskieren Sie massiv die Anzuhörenden und degradieren das ganze Verfahren zur Farce.  

Folgerichtig werden wir auch dem Gesetzentwurf über die Änderung des Staatsvertrages über die Bildung einer gemeinsamen Sparkassenorganisation zwischen dem Land Hessen und dem Freistaat Thüringen nicht zustimmen. Denn die  geplante Änderung des Staatsvertrages wird ja nur deswegen notwendig, weil Sie das Sparkassengesetz ändern wollen.

Vieles bleibt ungeklärt: Warum doktern Sie jetzt an der Rechtsstellung und den Aufgaben der Landestreuhandstelle Hessen herum? Wir haben kein Vertrauen nach den Erfahrungen mit der Einrichtung der Hessen-Agentur. Mitbestimmungs- und Gleichstellungsfragen sind ungeklärt.

Der Haushalts- und Finanzausschuss des Thüringer Landtags hat sich in seiner Sitzung am 09.11.2006 mit der Änderung des Staatsvertrages befasst. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom 09.11.2006: „Hintergrund dafür (gemeint ist die Beratung) sind Vorstellungen der Hessischen Landesregierung insbesondere zur Bildung von Stammkapital. Der Ausschuss erhielt Kenntnis von Einwänden des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen, des Gemeinde- und Städtebundes, des Thüringischen Landkreistags sowie der Thüringer Aufbaubank und wird deshalb auf Antrag der Opposition eine schriftliche Anhörung dieser Verbände und Organisationen durchführen. Diese Anhörung soll in der Sitzung vom 30. November ausgewertet werden.“

Das hört sich nicht nach klarer Zustimmung an. Auf reine Freude ist Ihre Änderung des Sparkassengesetzes bei den Kollegen in Thüringen nicht gestoßen.

Wir sind überzeugt: Die Anhörung zum Sparkassengesetz in Hessen wird zeigen: Viele Freunde hat diese Änderung auch in Hessen nicht.“