Hannelore Eckhardt (SPD): Neues Kinder- und Jugendhilfegesetz dient nicht dem Wohl von Kindern und Jugendlichen

Wir wollen ein Gesetz, das Klarheit, Verlässlichkeit und wirkliche Erleichterung für Eltern schafft: Wir wollen ein Gesetz, das die Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr durch originäre Landesmittel verbindlich absichert. Wir wollen ein Gesetz, welches die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessert.

Wir wollen, dass die Weiterentwicklung der Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren verbindlich geregelt wird. Wir wollen ein Gesetz, das die Qualität von Tagespflege verbindlich  regelt. Es muss Mindestqualitätsstandards geben, was die Qualifikation von Tagespflegepersonal angeht. Wir wollen, dass die Zeit des Kindes vor der Schule  endlich auch als wichtige Entwicklungsphase begriffen wird und deshalb als Bestandteil des gesamten Bildungswegs eines jungen Menschen anzusehen ist.

Die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans ist deshalb im Gesetz verbindlich zu regeln, sowohl unter inhaltlichen als auch finanziellen Gesichtspunkten. Wir wollen, dass der besondere Förderbedarf benachteiligter Kinder als Rechtsanspruch festgeschrieben wird. Kleine Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwachen Familien brauchen die intensivere Betreuung und das heißt kleinere Gruppen, besserer Betreuungsschlüssel etc.

Alle diese Ziele müssen im Gesetz festgeschrieben werden. Es ist nicht angängig, in Hessen solch relevante Entscheidungen aus der Kompetenz des Parlaments herauszunehmen und auf die Verordnungsebene zu verlagern. Dann besteht nämlich die Gefahr, dass für die Kinder- und Jugendpolitik  ein Gesetz geschaffen wird, das die Regierung ermächtigt, weitgehend allein zu entscheiden, die Zuständigkeit des Landtags ausgeschaltet wird.

Und wenn wir sehen, wie diese Regierung mit den Ergebnissen der Anhörung umgeht, wie die Stellungnahmen und die Fachkompetenz der Vertreter von Verbänden und Einrichtungen, die Tag für Tag unmittelbar mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, missachtet werden, dann können wir auch keine Änderung des Verordnungsentwurfs erwarten, die sich am Kindeswohl und an notwendigen Erfordernissen orientiert. Bei einer derartigen Resistenz von Regierung und CDU-Fraktion gegenüber Fachargumenten werden diese vielleicht keinen Niederschlag  im Gesetz finden und auch in der Verordnung unbeachtet bleiben.

Deutlich wird aber, dass dieses Gesetz damit auch ein Gesetz gegen den Sachverstand ist. Nicht nur im Bereich der Kinderbetreuung wollen wir ein besseres Gesetz. Dieser Anspruch gilt auch für Maßnahmen der Jugendhilfe in Hessen. Mit den §§ 19 und 20 will die Landesregierung sich aus der verbindlichen Förderung von Maßnahmen zum gleichmäßigen Ausbau der Jugendhilfeleistungen verabschieden.

Obwohl wir steigende Zahlen von Kindern und Jugendlichen mit großen Defiziten im Bereich sozialer Kompetenzen feststellen müssen. Obwohl die Zahl der Familien, die ihrem Erziehungsauftrag nicht oder nur unzureichend gerecht werden, ständig größer wird. Kindern und Jugendlichen, die in der Kriminalität angekommen sind, hätte man viel früher  helfen können. Dazu ist aber ein flächendeckendes, präventives Jugendhilfeangebot nötig, das solche Kinder schon sehr früh unterstützt.

Da muss es ein engmaschiges Netz von Beratungsstellen geben für Eltern, Kinder und Jugendliche, die Hilfe suchen und annehmen wollen. Da darf es nicht passieren, dass diese Menschen bis zu 9 Monate auf einen Beratungstermin warten müssen, wie das in Hessen zur Zeit traurige Realität ist.

Wir wollen ein Gesetz, das bedarfsorientierte, flächendeckende Fördermaßnahmen von Jugendsozialarbeit, von Familienhilfe und sozialer Gruppenarbeit in Hessen sicherstellt. Wir wollen die Garantie schneller, fachkompetenter Beratung, wenn diese angefordert wird. Wir wollen ein Angebot von Sozialarbeit in Schulen, das sich in anderen Ländern bewährt hat. Der einheitliche Ausbau der Jugendhilfe im ganzen Land muss sichergestellt sein.

Deshalb darf das Land die Kommunen bei der Finanzierung all dieser Maßnahmen nicht im Stich lassen und Förderung lediglich nach Haushaltslage und Gutdünken gewähren. Wir wollen, dass die Pflicht des Landes zur Förderung der Jugendhilfe im Gesetz verankert wird.“