Fuhrmann und Pauly-Bender berichteten, dass es in den Anhörungen massive Kritik an beiden Gesetzentwürfen gegeben hätte. So sei in Bezug auf das Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch vor allen Dingen kritisiert worden, dass entscheidende Regelungen nunmehr auf die Verordnungsebene geschoben worden seien und damit für die Träger keine Rechtssicherheit mehr gegeben sei. Darüber hinaus fehlt im Bereich der Kinderbetreuung jegliche Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans, monierte Fuhrmann. Wer aber aus der Pisa-Studie Konsequenzen ziehen wolle, dürfe nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben, sondern müsse auch die entsprechenden Gesetze ausgestalten.
Das von Frau Lautenschläger angekündigte Projekt, Hessen zum Land der Tagesmütter zu machen, drohe in eine Schmalspurbetreuung abzurutschen. Vor allen anderen haben die Betroffenen selbst, nämlich die Verbände der Tagespflege, angemahnt, dass hier Qualitätsstandards festgeschrieben werden müssen, so Fuhrmann. Es könne nicht sein, dass es Großpflegestellen geben könne, die jegliche Zulassung umgehen könnten.
Die Landesregierung will es möglich machen, dass Private mit Kinderbetreuungseinrichtungen Profite erwirtschaften können. Dem wird die SPD nicht zustimmen, sagte Fuhrmann. Es sei nicht verständlich, wenn Gewinne dadurch möglich gemacht würden, dass es Landeszuschüsse gebe.
Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Judith Pauly-Bender, forderte die CDU-Landesregierung vor der zweiten Lesung am 11. Dezember auf, ihren HGlG-Entwurf zurückzuziehen und in einem beteiligungsorientierten Verfahren in wesentlichen Punkten zu überarbeiten.
Es zeuge von einem grundlegend gestörten Demokratieverständnis, dass die Landesregierung dem Parlament den gesetzlich vorgeschriebenen Evaluationsbericht zur Frauenförderung im Lande vorenthalte. Offenbar solle die Öffentlichkeit nicht erfahren, wie skandalös unterrepräsentiert Frauen in wichtigen Gremien wie im Rundfunkrat oder den Sparkassenaufsichträten in der Fläche seien. Und verschwiegen werden solle auch, wie viele Frauen dem Schutz des Gesetzes entzogen wurden – per Privatisierung oder auch durch die großen Sparkassenfusionen per Staatsvertrag.
Dass die Novelle gegen elementare Mindeststandards der Frauenförderung verstoße, hätten alle Fachleute aus Fachverbänden, Gewerkschaften, Frauenverbänden und Frauenbeauftragten befunden, übrigens auch alle politischen Frauenorganisationen in Hessen! Einigkeit bestünde darin, dass es an den Mindeststandards zur verfassungsrechtlich vorgeschriebenen wirksameren Weiterführung der Frauenförderung fehle. Insbesondere fehle:<br />- eine verbindliche Ziel- und Entscheidungsquote zur Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen für alle Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst auch bei Verlagerung in private Rechtsformen <br />- eine nicht nur deklaratorische Verankerung der Gender-Mainstreaming-Methode <br />- die Bestellung von weisungsunabhängigen Frauenbeauftragten sowie Widerspruchs- und Sanktionsmöglichkeiten bis hin zum Klagerecht bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
Pauly-Bender bemängelte, die Landesregierung versuche nur, sich mit einer schlappen Novelle über die verfassungsmäßigen Runden zu bringen. Gänzlich indiskutabel sei für die SPD, dass die Landesregierung das mit deutschen Stimmen verabschiedete Europarecht sowie das Grundgesetz missachte. Damals wie heute verstecke sie sich hinter Gleichheitsgegnern mit dem Argument, die Frauenförderung sei in den 80er Jahren überregelt worden. Pauly-Bender: In Hessen verteidigt eine stehen gebliebene Union Gleichheitsfeindlichkeit und undemokratische Teilhaberestriktionen für Frauen. Letztlich sei die Hessen CDU zukunftsblind und verschlafe die volkswirtschaftlichen Anforderungen der Zeit. Es wird auch in Hessen keine wirtschaftliche Hochleistung auf Dauer geben, wenn die Politik die alten Kartelle gegen die Herstellung eines gemeinsamen Arbeitsmarktes von Männern und Frauen verteidigt statt sie einzureißen.<br /><br />Die beiden SPD-Politikerinnen sicherten zu, dass ihre Fraktion eine Verlängerung der derzeit gültigen Gesetze um ein Jahr mittragen würde. Dies würde eine ordnungsgemäße Beratung der Entwürfe im Rahmen eines zeitlich korrekten parlamentarischen Ablaufs möglich machen. Wer im Hauruck-Verfahren Gesetze durchpauken will, setzt sich dem Risiko aus, wichtige Dinge zu übersehen. Wir halten beide Bereiche für so elementar, dass wir dies nicht ohne Not tun sollten, stellten Fuhrmann und Dr.Pauly-Bender fest und forderten die Landesregierung auf, das Angebot der SPD anzunehmen.