Stiefkind Ausbildung/Arbeitsmarkt: Die SPD-Landtagsfraktion fordert erneut ein Programm für mehr Ausbildung. Wir fordern, dass die Landesregierung endlich 10% mehr selbst ausbildet, und ein Programm für Altbewerber auflegt in Höhe von 30 Millionen. Es gibt zwar weniger Bewerberinnen und Bewerber, aber auch die Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen geht zurück. Bis Ende September gab es in Hessen 9.000 noch nicht vermittelte BewerberInnen mehr als noch im Vorjahr. Diesen standen 2.800 noch unbesetzte Ausbildungsplätze gegenüber, so dass die sog. Lücke um 6.200 BewerberInnen zunahm. Und was fällt Ihnen dazu ein? Der Ministerpräsident stellt sich hin und fordert halbherzig Gelder aus dem Topf der Bundesagentur. Die Landesmittel für die Ausbildungsvorbereitung für Benachteiligte sinken um 585.000 Euro. Die jungen Menschen in den Warteschleifen haben aber ein Recht darauf, endlich eine Chance zur Integration zu bekommen. Wir dürfen sie nicht im Regen stehen lassen, deshalb fordern wir ein Altbewerberprogramm, das den Namen verdient!
Stiefkind Prävention: Prävention ist, wenn ich diesen Haushalt betrachte, ein Fremdwort für Sie. Wichtiger, als Preise und Auszeichnungen zu verteilen, wäre es, eine vernünftige und vorausschauende Sozialplanung zu machen. Sie sollten überdenken, ob die Verdreifachung ihres Haushaltsansatzes Preise seit 2004 nicht besser den Betroffenen direkt zugute kommen würde. Wir brauchen trotz Kommunalisierung Landessozialplanung und Landessteuerung, wir brauchen wissenschaftliche Begleitung und Hilfen, denn Vieles muss nicht jede Kommune selbst machen. Notwendig ist vor allem die massive Ausweitung im präventiven Bereich. Das, was Sie in der Operation düstere Zukunft kaputtgeschlagen haben, muss dringend wieder aufgebaut werden! Das wollen wir im Rahmen unseres Sozialbudgets deutlich ausweiten, denn Prävention ist für alle Betroffenen besser, als nachträgliche Reparaturen!! Also: 30 Millionen für ein neues Sozialbudget in Hessen.
Nehmen wir als Beispiel das Thema Gewalt gegen Kinder. Hier wäre sehr viel im Vorfeld möglich, um den Kindern Leid zu ersparen. Diese Landesregierung hat geschlafen, als es darum ging, Prävention zu unterstützen. Sie haben die Erziehungsberatung und die Spiel- und Lernstuben geschleift. Sie sind mitverantwortlich für Personalmangel in den Einrichtungen. Und das, was Sie jetzt überhastet machen wollen, ist blinder Aktionismus. Verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen sind keine Garantie dafür, dass Misshandlungen erkannt und was noch wichtiger ist, abgestellt werden. Sie wiegen sich und die Menschen in falscher Sicherheit, wenn Sie glauben, dass auf diesem Wege die schwarzen Schafe finden. So geht es nicht! Das sagt Ihnen auch Frau von der Leyen. Was wir brauchen ist ein flächendeckender Einsatz von aufsuchender Familienhilfe bei allen Neugeborenen und dem Einleiten von Hilfsmaßnahmen bei gefährdeten Familien. Wir haben für dieses Programm 10 Mio. veranschlagt. Die Chancen, Misshandlungen zu erkennen, steigen, wenn sich jemand vor Ort über die familiäre Situation informiert.
Stiefkind: Frauen und Chancengleichheit: Der Haushaltsansatz für Frauenpolitik beträgt ganze 148.000 . Wahrlich ein dicker Batzen! Die Gelder für von Gewalt betroffenen Frauen, Frauenhäuser und Beratungsstellen haben sich trotz der stetig steigenden Nachfrage nicht verändert. So sind die Notrufe und andere Stellen auf private Spenden oder kommunale Mittel angewiesen. Von einer an den Menschen orientieren Sozialpolitik sind wir auch hier weiter meilenweit entfernt.
Nachdem ich Ihnen die wichtigsten Stiefkinder vorgestellt habe, lassen Sie mich auch noch Ihre angeblichen Lieblinge unter die Lupe nehmen:
Liebling: Familie: Sie wollen noch vor 2010 eine Bedarfsdeckung von 20 Prozent für die unter Dreijährigen erreichen. Dass wir jetzt eine Quote von vielleicht 6-8 Prozent haben, aber nur wenn wir die Tagesmütter dazu rechnen, ist kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen, sondern eher in die Hände zu spucken. Denn im Haushalt 2007 sehe ich keine Veränderung bei Ihrer Offensive für Kinderbetreuung wie im letzten Jahr nur 23,2 Millionen. Ausbau würde bedeuten, dass wir mehr Horte haben, denn nur für 11% der Schulkinder gibt es derzeit Hortplätze in Hessen. Doch wenn Sie von 23,2 Mio. ganze 10 Mio. aus Ihrer Offensive in den KFA für die unter Dreijährigen stecken, dann wird dies zu Lasten der Betreuung für Schulkinder gehen. Also: kein Euro mehr aber viel heiße Luft. Ausbau würde auch bedeuten, dass wir bei der dringend notwendigen Ganztagsbetreuung vorankommen. Sicher, auch wir begrüßen die Intention des BAMBINI-Programms, hessenweit das letzte Kindergartenjahr kostenfrei zu stellen. Das ist schon lange unsere Forderung, die von Ihnen allerdings bis zur Sommerpause immer vehement abgelehnt wurde. Und jetzt diese Kehrtwende welch eine Überraschung! Die Überraschung wäre perfekt gewesen, wenn Sie sie auch mit Landesmitteln finanziert hätten! Doch leider gibt es für die Bambinis nicht einen einzigen Cent vom Land! Die Kosten tragen die Kommunen. Wie so oft! Deshalb hören Sie auf, sich das Etikett kinder- und familienfreundlich an die Brust zu heften. Lassen Sie den Etikettenschwindel!
Liebling Integration: Wenn Sie von Integration sprechen, erschöpft sich dies in der Forderung, dass Migrantenkinder und deren Mütter Deutsch lernen müssen. Für die Integration ist das Erlernen der Sprache sicher wichtig, aber das allein genügt nicht.
Vergegenwärtigt man sich die Situation der Migrantenfamilien, fallen andere Dinge auf. Das gesellschaftliche und soziale Umfeld stimmt in Hessen nicht. Wenn Lern und Spielstuben weggekürzt, wenn niedrig schwellige Beratungs- und Hilfsangebote weggefallen ist das dramatisch. Viele Einwanderer leben in sozialen Brennpunkten. Was tun wir dafür, dass sie sich als Teil unserer Gesellschaft fühlen, was tut das Land für die gleichberechtigte Teilhabe? Es investiert 1,5 Millionen Euro in die Förderung der Sprachkompetenz mehr nicht.
Wir sind in Hessen von einer planvollen, zukunftsweisenden und an den Menschen orientierten Sozialpolitik so weit entfernt wie noch nie. Alles, was die Landesregierung produziert, sind hehre oder besser leere Versprechungen und ein auf wenige Schwerpunkte reduziertes und dann noch oft halbherziges – Handeln. Konzentration auf das Wesentliche ist nicht verkehrt, aber es muss auch finanziell sichtbar sein und nicht nur aus Wortgeklingel und realen Kürzungen bestehen. Sie verantworten in Hessen den absoluten Niedergang der einst vorbildlichen Landessozialpolitik. Sie haben die Strukturen zerschlagen, Sie haben die Mittel für freiwillige soziale Leistungen um ganze 80 Mio. zusammengestrichen, Sie vernachlässigen die Prävention sträflich. Wir wollen deutlich mehr Mittel in die Betreuung von Kindern und in die frühkindliche Bildung investieren. Wir wollen mehr Geld für Sozialplanung und steuerung, mehr für Hilfe und Begleitung von kommunaler Sozialpolitik und mehr Geld für Prävention und Modellprojekte einplanen. Wir werden – ab 2008 wieder in Hessen regieren und der Sozialpolitik endlich wieder den Stellenwert geben, der ihr gebührt nämlich als Kitt in der Gesellschaft zu wirken.