Heike Hofmann (SPD): Landesregierung treibt auch 2007 Stellenabbau voran

Mit dem Einzelplan 05 im Haushaltsjahr 2007 wird der Stellenabbau nach dem Zukunftssicherungsgesetz weiter vorangetrieben! In den Stellenplänen wurden 170 weitere Stellen in Abgang gebracht! Hinzu kommen weitere 34 Planstellen, die mit Richtern bzw. Staatsanwälten besetzt waren. In den Stellenplänen verbleiben zu 96,5 PVS-Vermerke. Darüber hinaus sind 47 Planstellen zum Wegfall vorgesehen, die mit Richtern bzw. Staatsanwälten besetzt sind. Unter dem Strich werden damit in der Justiz durch das so genannte „Zukunftssicherungsgesetz“ bis 2007/2008 über 800 Stellen abgebaut worden sein! Damit wurden der hessischen Justiz in den letzten Jahren kontinuierlich Ressourcen entzogen, die – anders als der Justizminister Banzer stets zu behaupten<s> </s>versucht – nicht durch die Binnenmodernisierung kompensiert werden konnten!

Die Arbeitsbelastung der hessischen Staats- und Amtsanwaltschaften ist besonders hoch, das erkennt sogar die Landesregierung im Prinzip an. Die durchschnittliche Arbeitsbelastung bei den Staatsanwaltschaften liegt bei 150 bis 160 Prozent, die der Amtsanwaltschaften ist sogar höher! Was ist die Antwort dieser Landesregierung und ihres Justizministers darauf? Stellenabbau !

Bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten des Rhein-Main-Gebietes, bei denen sich in besonderem Maße Verfahren von Wirtschaftskriminalität und Korruption kumulieren, ist dadurch ein Verfahrensstau entstanden. Viele große Wirtschaftsstrafsachen können vor allem bei den Landgerichten in Frankfurt am Main und Darmstadt mangels ausreichenden Personals und infolge Auslastung mit vorrangigen Haftsachen nicht zeitgerecht bearbeitet werden. Die Praxis vieler Zivilprozesse ist dadurch gekennzeichnet, dass Ressourcenverknappung und Erledigungsdruck wesentlichen Einfluss auf die Verfahrensgestaltung haben. Darunter leiden die Bearbeitungstiefe und damit die Qualität richterlicher Arbeit. Was ist die Antwort dieser Landesregierung und ihres Justizministers darauf? Stellenabbau !

Angesichts der prekären Haushaltslage will die SPD in Hessen nicht das personelle Füllhorn auspacken! Wir sehen jedoch die Notwendigkeit, dass die Justiz in Hessen so mit Personal ausgestattet wird, dass sie ihren verfassungsrechtlichen Aufgaben im Interesse der rechtsuchenden Bürger gerecht werden kann, d. h. der Personalabbau in der Justiz muss gestoppt werden und zumindest die Staats- und Amtsanwaltschaften müssen personell verstärkt werden.

Gerade im Bereich der Wirtschafts- und Korruptionskriminalität, die jährliche Schäden in mehrstelligem Milliardenbereich erreicht, ist eine effektive Strafverfolgung unabdingbar. Der Blick in andere Bundesländer zeigt, dass eine Einbindung polizeilicher Ermittlungsgruppen im Bereich der Wirtschaftskriminalität an staatsanwaltschaftliche Spezialabteilungen besonders Erfolg versprechend arbeitet.

Der neue Produkthaushalt stellt auch uns als Parlamentarier vor neue Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Transparenz.

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l1 level1 lfo3; tab-stops: list 36.0pt"><span>Der vorliegende Haushalt ist im Prinzip nicht beratungsfähig, da das Parlament unter rationalen Gesichtspunkten keine Änderungen an den Produkten vornehmen kann, da ihm die notwendigen </span>Info<span>rmationen fehlen. Deshalb wollen wir das neu eingeführte System der Ressortberichte zu einem echten Leistungscontrolling fortentwickeln</span></li></ul>

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l1 level1 lfo3; tab-stops: list 36.0pt"><span>Das Parlament hat zudem ein Recht darauf zu erfahren, wer die Zuwendungen im Rahmen von Förderprodukten erhält.</span></li></ul>

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l1 level1 lfo3; tab-stops: list 36.0pt"><span>Der vorgelegte Produkthaushalt ist ein Stückwerk. </span></li></ul>
Wir fordern Sie auf, im Bereich der Definition von Produkten, Bezugsgrößen und Kennzahlen, aber auch im Bereich des Controllings bis zum Haushalt 2008 deutlich nachzubessern.

Lassen Sie mich zu einigen aktuellen Fragestellungen noch kurz Stellung nehmen:

<ol type="1" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l0 level1 lfo1; tab-stops: list 36.0pt"><span>Mit dem Haushalt 2007 führt die Landesregierung ein Pilotprojekt zur Privatisierung der Vermittlung von gemeinnütziger Arbeit i. H. von 40.000 Euro. Wir als </span>SPD<span>-Fraktion kündigen Ihnen jetzt bereits an, dieses Pilotprojekt sehr genau zu beobachten und fordern eine detaillierte Evaluierung. Zudem stellt sich für uns die Frage, ob dies ein erneuter Vorstoß der Landesregierung zum Ausverkauf der Justiz ist. Erst kürzen Sie 1/3 der Stellen der Gerichtshilfe, dann privatisieren Sie deren hauptsächliche Aufgabe, nämlich die Vermittlung gemeinnütziger Arbeit.</span></li></ol>

<ol start="2" type="1" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l0 level1 lfo1; tab-stops: list 36.0pt"><span>Auf die zunehmenden Herausforderungen der Justiz bei einer angespannten Haushaltslage reagiert die CDU jedoch nicht nur mit dem Versuch auch lukrative Bereiche, wie z. B. das Handelsregister oder das Grundbuch aus der Justiz auszulagern, sondern auch mit dem Versuch den Rechtsschutz des rechtsuchenden Bürgers abzubauen. Ein Beispiel dafür ist das Bestreben der Hessischen Landesregierung mit anderen Bundesländen das Prozesskostenrecht zum Armenrecht zu verwandeln.</span></li></ol>

Eine entsprechende Gesetzgebungsinitiative sieht vor, dass auf sämtliche Vermögenswerte des Antragstellers zur Rückzahlung der Verfahrenskosten zurückgegriffen werden soll, die Freibeträge auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum abgesenkt werden soll und eine Gebühr für das bloße Betreiben des Prozesskostenhilfeverfahrens eingeführt werden soll. Angesichts z. B. auch in der ordentlichen Justiz in Hessen zu verzeichnenden Anstiegs an Prozesskostenhilfe verschließen auch wir uns nicht einer Diskussion um eine maßvolle Angleichung der Beihilfesätze, jedoch nicht unter Missachtung des verfassungsrechtlich verbürgten Existenzminimums des Rechtsuchenden.

Wir werden es auch nicht zulassen, dass der Zugang zum Recht verfassungswidrig erschwert wird. Gelungene Beispiele für eine auch finanzielle Entlastung der Justiz sind für uns Sozialdemokraten die Stärkung der außergerichtlichen Streitschlichtung, der gerichtsnahen Mediation sowie längst überfällige Aufgabenübertragungen, etwa der Nachlass- und Registersachen auf Rechtspfleger.

<ol start="3" type="1" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l0 level1 lfo1; tab-stops: list 36.0pt"><span>Die Kompetenz für den Strafvollzug wurde durch die Föderalismusreform 2006 auf die Bundesländer übertragen. Wir stehen dieser Entscheidung nach wie vor skeptisch gegenüber, weil die Befürchtung, dass es zu dem viel zitierten Wettbewerb der Schäbigkeit kommen könne, bislang vom Justizminister nicht qualifiziert ausgeräumt worden ist. </span></li></ol>

Deshalb weise ich hier und heute noch mal ausdrücklich darauf hin: Ein guter Behandlungsvollzug braucht ausreichend sächliche Mittel und vor allem genügend Personal. Wie sieht das bisherige Konzept des Justizministers aus? Er streicht Stellen und baut Personal ab!

Die Landesregierung hat das Personal in den Vollzugsanstalten beständig reduziert. Waren 2003 noch 1820 Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst, sind dies im Haushalt 2007 gerade noch 1734. Wenn man den Justizminister befragt, wie die Landesregierung diese Gesetzgebungskompetenz ausfüllen wird: Fehlanzeige!

Wir als SPD haben hingegen klare Vorstellungen, wie wir den Vollzug in Hessen ausgestalten wollen: Insbesondere gilt unser Augenmerk dem Jugendstrafvollzug. Hier müssen die besonderen Anforderungen Vollzuges von Strafen auf Jugendliche / Heranwachsende zugeschnitten sein, weil sie sich biologisch, psychisch und sozial in einem Stadium des Übergangs befinden, das typischerweise mit Spannungen, Unsicherheiten und Anpassungsschwierigkeiten verbunden ist.

Für das Jugendstrafrecht und den Jugendstrafvollzug gewinnt daher der Grundsatz besonderer Bedeutung, dass Strafe nur als letztes Mittel und nur als ein in seinen negativen Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen nach Möglichkeit zu minimierendes Übel verhängt und vollzogen werden darf. Ziel eines Jugendstrafvollzuges muss es sein, die jungen Gefangenen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung so zu fördern, dass sie künftig ein Leben ohne Straftaten führen. Die Veränderung bei den Gefangenen mit ihrem eigenen sozialschädlichen Verhalten, mit der Straftat selber und den Konflikten, aus denen heraus die Tat begangen wurde oder möglich neue Taten begangen werden.

Der Jugendstrafvollzug muss aus Sicht der SPD eng an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 31.05.2006 angelehnt werden, da dieses Urteil die erzieherische Ausgestaltung des Jugendvollzuges festschreibt. Folgende Behandlungsstandards sind für uns daher unablässig:

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l2 level1 lfo2; tab-stops: list 36.0pt"><span>Die Möglichkeiten familiärer Kontakte müssten für jugendliche Inhaftierte in größerem Maße zugelassen werden als bei Erwachsenen.</span></li></ul>

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l2 level1 lfo2; tab-stops: list 36.0pt"><span>Wohngruppen jugendlicher Straftäter sollten maximal zwölf Personen umfassen, wobei Gewalt- und Sexualstraftäter gesondert und mit sozialtherapeutischen Betreuungsmöglichkeiten untergebracht werden.</span></li></ul>

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l2 level1 lfo2; tab-stops: list 36.0pt"><span>Alle Jugendstrafanstalten müssten ein differenziertes Lern- und Bildungsangebot bereitstellen, sprich ausreichend ausgestattete Schulabteilungen.</span></li></ul>

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l2 level1 lfo2; tab-stops: list 36.0pt"><span>Bis zum 1. Januar 2008 sollten Bildungs- und Ausbildungsstätten im Jugendstrafvollzug so ausgebaut sein, dass mindestens zwei Drittel der Haftplätze für allgemeine und berufliche Bildung in Schulen, beruflichen Ausbildungsstätten und arbeits-therapeutischen Maßnahmen zur Verfügung stehen.</span></li></ul>

<ul type="disc" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l2 level1 lfo2; tab-stops: list 36.0pt"><span>Um die sozialen Kontakte junger Straftäter zu fördern und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern sollten folgende Möglichkeiten der Unterbringung im offenen Vollzug und von Hafturlauben angemessen genutzt werden. </span></li></ul>

<ol start="4" type="1" style="MARGIN-TOP: 0cm"><li style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt; TEXT-ALIGN: left; mso-list: l0 level1 lfo1; tab-stops: list 36.0pt"><span>Auch wenn das Bundesverfassungsgericht für den Erwachsenen- Strafvollzug keine Standards festgeschrieben hat, hat es den Grundsatz der Resozialisierung als verfassungsrechtliche Vorgabe festgelegt. So muss die Wiedereingliederung des verurteilten Straftäters den Erwachsenenstrafvollzug bestimmen. Denn Resozialisierung bzw. Sozialisierung ist der beste Opferschutz!</span></li></ol>

Dies alles erfüllen die derzeitigen Richtungsentscheidungen des Justizministers nicht.