Dabei unterscheidet sich unser Antrag inhaltlich gravierend vom Antrag der Grünen-Fraktion, der lediglich auf eine freiwillige Vereinbarung für den öffentlichen Nahverkehr in Hessen abzielt, indem die Landesregierung aufgefordert wird, mit den hessischen Verbünden eine hessenweite vertraglich vereinbarte Kundencharta für den Nahverkehr zu schaffen.
In diesem Bereich hat sich inzwischen einiges auf freiwilliger Basis getan. Der RMV hat mit dem Fahrplanwechsel zum 14. Dezember 2004 eine freiwillige Entschädigungsregelung eingeführt. Inhaber einer Jahreskarte erhalten bei Ausfall oder Verspätung von mehr als 20 Minuten eine Entschädigung bis maximal 15 Euro.
Auch die Bahn AG hat sich inzwischen bewegt und eine Kundencharta eingeführt. Sie beschränkt sich jedoch ausschließlich auf den Fernverkehr, ist ebenfalls nur eine freiwillige Regelung und wird erst bei Ausfall oder Verspätung von mehr als 60 Minuten wirksam. Einklagbare Kundenrechte gemäß BGB sind damit verbunden und weit gefasste Haftungsausschlüsse machen Entschädigungen eher zur Ausnahme.
Diese freiwilligen Regelungen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung – reichen aus meiner Sicht zur Stärkung der Kunden im Wettbewerbsmarkt Verkehr nicht aus. Wir brauchen eine bundeseinheitliche Regelung, der auch der Landesgrenzen überschreitende Nahverkehr unterliegt und die für alle Nahverkehrskunden eine einheitliche Rechtsstellung bringt.
Anders als in anderen Wirtschaftssektoren haben Fahrgäste bisher fast keine Rechte, wenn Verkehrsunternehmen ihrer vertraglich zugesicherten Verpflichtung nicht nachkommen. Nach bisherigem Recht sind sie nicht verpflichtet, dem Fahrgast trotz gültigem Fahrschein eine Entschädigung zu zahlen, wenn Busse und Bahnen im Nah- und Fernverkehr nicht pünktlich sind oder gar ausfallen.
Die SPD-Fraktion will daher einklagbare Rechte im Entschädigungsfalle für Nah- und Fernverkehr. Gutes Geld vom Fahrgast darf es künftig nur für gute Leistungen geben. Daher muss der Rechtsrahmen so ausgerichtet werden, dass er insbesondere die Qualität des Schienenverkehrs im Wettbewerbsmarkt fördert. Es darf künftig nicht mehr vorkommen, dass im Fall von Zugverspätungen oder Ausfällen der wartende Fahrgast auf dem Bahnsteig, oftmals Pendler auf dem Weg zur Arbeit, gar nicht oder nur unzureichend informiert wird.
Zudem ist es notwendig, künftig die Höhe der monetären Einnahmen der Bahnen in Zusammenhang mit der verkehrlichen Leistungsgüte zu bringen. Das bedeutet ein einheitliches Fahrgastrecht für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr also auch in Straßenbahnen und Bussen. Zu diesem Zweck ist eine Veränderung der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Straßenbahnen- und Omnibusverkehre sowie dem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vorzunehmen.
Für den Schienenpersonennahverkehr soll die Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) aus dem Jahre 1870 dergestalt geändert werden, dass dem Fahrgast ein Schadensersatz bei Ausfall oder Verspätung von mehr als 20 Minuten gewährt wird, wenn ein Verschulden der Bahn vorliegt. Für den Fernverkehr müssen die Haftungsausschlüsse der EVO vollständig gestrichen werden und gleichzeitig die Verbraucherrechte auf dem Verkehrsmarkt wie auf anderen Märkten dem Bürgerlichen Gesetzbuch untergeordnet werden.
Wir wollen zum einen die Verkehrsunternehmen noch stärker in die Pflicht nehmen und zum anderen Busse und Bahnen attraktiver machen, um den Menschen eine echte Alternative zu Staus und Luftverschmutzung zu bieten. Das Bundesland NRW hat dazu dem Bundesrat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich mit unseren Vorstellungen im Einzelnen deckt und der sich gegenwärtig in den Beratungen der Fachausschüsse befindet.
Ich fordere die Landesregierung auf, diesem Gesetzentwurf im Bundesrat zuzustimmen. Sollte allerdings eine bundeseinheitliche Gesetzesregelung im Bundesrat scheitern, so ist immer noch eine freiwillige hessische Lösung denkbar. Daher stimmen wir auch dem Antrag der Grünen-Fraktion zu, der dies unter anderem begehrt.“