Eckhardt: Jugendmedienschutz – Untätigkeit der Landesregierung

Nach Auskunft der Leiterin der Wohngruppe hat der Junge in der Vergangenheit häufig Internetseiten mit gewalttätigen und gewaltpornografischen Inhalten besucht. Dabei gelang es ihm, alle installierten Filter auszuschalten bzw. zu umgehen.

Es wäre unzulässig jetzt einen monokausalen Zusammenhang zwischen dem Besuch der Internetseiten und den Übergriffen des Jugendlichen herzustellen, die in der Anfrage der SPD-Fraktion zitierten Forschungsergebnisse sind eindeutig.

Nach den Ereignissen in Erfurt und vielen anderen Fällen, bleibt auch hier die Frage offen: Welchen Grad an Einfluss hat der Konsum dieser Medien und vor allem, wie kann der Staat als oberste Jugendschutzinstanz solche Medienangebote, solchen Konsum minimieren, besser noch verhindern?

Ich will hier nicht die These aufstellen, die Landesregierung sei in dieser Frage untätig, die Antworten auf die Anfrage zeigen Arbeitsschwerpunkte auf. Und wir begrüßen an dieser Stelle ganz ausdrücklich die Kooperation der Länder und des Bundes. So hebt sich die Arbeit im Rahmen der Kommission für Jugendmedienschutz, die Verzahnung von Jugendmedien- und Jugendschutz sicher positiv ab von sonst üblichen föderalen Blockaden bzw. der Fundamentalopposition gegen alles, was aus Berlin kommt.

Aber das kann nur ein Zwischenschritt sein: Kritisch sehe ich den Tenor der Antworten und das Zurückstellen von Beantwortungen bis zu Hinweisen auf die geplante Evaluierung der bisher umgesetzten Maßnahmen. Die Landesregierung macht einen Fehler, wenn sie glaubt, man könne sich auf den jetzt erreichten und umgesetzten Maßnahmen des Jugendschutzes ausruhen.

Das deutsche Kinderhilfswerk formuliert es so: „Die Technik überrollt den Jugendschutz“ und fordert deshalb eine Vereinheitlichung von Zuständigkeiten. Angesichts der rasanten Entwicklung auf dem Medienmarkt gibt es ständig neue Verbreitungswege für Inhalte. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Trennung in Jugendmedienschutz und Jugendschutz wird gestellt werden müssen.

Neben aller Kontrolle müssen Kinder in erster Linie lernen, mit den Inhalten umzugehen. Wenn wir Computer in die Kindergärten stellen, wenn kleine Kinder lernen die Rechner zu bedienen, dann sind das richtige Schritte, es sind aber auch Schritte die sich sofort ins Gegenteil verkehren können, wenn diese kleinen Kinder nicht von Anfang an durch gezielte Medienerziehung den selbst bestimmten Umgang mit den Möglichkeiten der Informationstechnologie lernen.

Das darf nicht dem individuellen Engagement der Mitarbeiter in den Kindergärten und Grundschulen überlassen bleiben.

Hier schließe ich mich der Forderung des Deutschen Kinderhilfswerks nach einem einheitlichen Konzept für Medienpädagogik in Kindergarten und Schule an; und das ist qualitativ und quantitativ mehr als das, was aus Kultus- und Sozialministerium in den Antworten eingeflossen ist. Es gibt sicher viele Elternhäuser, in denen der Grundstein für kindgerechten und verantwortungsvollen Umgang mit Medien gelegt wird. Kindergarten, Schule usw. haben da nur ergänzende Funktion.

Was aber passiert mit den Kindern und Jugendlichen, die nicht das Glück eines solchen Elternhauses haben? Was passiert mit den 10 – 15 % junger Menschen eines Jahrgangs mit einem problematischen sozialen Umfeld oder anderen Risikofaktoren?

Für diese Gruppe ist Jugendschutz noch erheblich wichtiger als für alle anderen, und ich möchte mich nicht mit der lapidaren Antwort der Landesregierung zufrieden geben, dass die Forschung Schwierigkeiten habe herauszufinden, wie man diese Gruppe erreicht.

Hier ist unmittelbarer Handlungsbedarf angezeigt und ich komme leider zum Schluss nicht umhin, der Landesregierung zu bestätigen, dass sie mit der Mittelkürzung für Erziehungsberatungsstellen, mit der Streichung der Sozialarbeit an Schulen, mit der Reduzierung der Gruppenarbeit in sozialen Brennpunkten auch ein Stück weit Abbau von Jugendschutz gerade für die Risikogruppen betrieben hat.