In einer Pressekonferenz hat die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Petra Fuhrmann, der Sozialministerin am Dienstag Tatenlosigkeit und Gleichgültigkeit vorgeworfen. „Frau Lautenschläger behandelt die Aufgaben ihres Ministeriums so, als seien sie überflüssig“, erklärte Fuhrmann. „Der soziale Kahlschlag vom vergangenen Jahr war Ausdruck völliger Ignoranz gegenüber den sozialpolitischen Notwendigkeiten in unserem Land.“
Die hessische SPD-Landtagsfraktion verlange von der Landespolitik deshalb ein klares Bekenntnis zu sozialem Handeln und werde deshalb zu drei zentralen Punkten Änderungsanträge zum Haushalt stellen. Die SPD beantragt:
• 30 Millionen Euro, um ein verlässliches Sozialbudget zu gestalten,
• 10 Millionen Euro für die Verbesserung der Kinderbetreuung
• 10 Millionen Euro für ein Ausbildungsplatzprogramm
„Wir brauchen ein verlässliches Sozialbudget, denn wir als Landespolitiker können nicht einfach die kommunale Ebene für zuständig erklären und den Städten, Gemeinden und Landkreisen ein stark gekürztes Budget zuweisen, mit dem sie Schuldnerberatung, Erziehungsberatung, Frauenhäuser und vieles andere mehr finanzieren sollen. Es ist und bleibt Aufgabe des Landes, mit für eine soziale Infrastruktur zu sorgen, welche die Grundbedürfnisse abdeckt und die möglichst gleiche Zugangsvoraussetzungen zu Beratungsleistungen gewährleistet“, verdeutlichte Fuhrmann.
Nach dem sozialen Kahlschlag der CDU-geführten Landesregierung stehe die soziale Infrastruktur in Hessen vor dem Kollaps. Schuldnerberatung und Erziehungsberatung, Frauenhäuser und Schulsozialarbeit, Familienbildungsstätten und Migrationsberatung – um nur einige Beispiele zu nennen – würden vom Land nicht mehr finanziell unterstützt. Den Kommunen sei es überlassen, inwieweit sie die dringend benötigten Beratungsangebote aufrechterhalten. Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation, in der sich viele Kommunen befänden, seien Schließungen als Konsequenz vorgezeichnet. So habe der größte Flächenkreis, der Vogelsbergkreis, jetzt kein Frauenhaus mehr, in Wiesbaden nehme die Schuldnerberatung keine neuen Fälle mehr an, Suchthilfezentren und Migrationsberatungsstellen seien geschlossen worden, in Brennpunkten gebe es keine Spiel- und Lernstuben mehr.
Ähnlich wie die Kommunen seien auch die Wohlfahrtsverbände in einer schwierigen Situation. Hier werde durch Prioritätenfestlegung, Stellenumschichtungen sowie Lohnverzicht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern versucht, die wichtigsten Aufgaben noch durchzuführen. Präventionsangebote blieben vermehrt auf der Strecke, die Abwärtsspirale sei vorgezeichnet.
„Die SPD-Fraktion fordert daher die Einrichtung eines Hessischen Sozialbudgets. Der Ansatz bei den so genannten „Freiwilligen Transferleistungen“ muss wieder auf die Höhe des Ansatzes vor der „Operation düstere Zukunft“ gebracht, also um 30 Millionen € erhöht werden“, forderte Fuhrmann. Damit könnten alle Streichungen und Kürzungen wieder rückgängig gemacht werden. Dies gelte sowohl für die Aufgaben, die jetzt unter „Kommunalisierung sozialer Hilfen“ fallen als auch für alle anderen.
Weiter fordere die SPD-Fraktion ein Investitionsprogramm zur Schaffung von Betreuungsplätzen für Kleinkinder. Es reiche nicht aus, in Parteiprogrammen Lippenbekenntnisse abzugeben, aber die finanziellen Mittel für die notwendigen Taten nicht zur Verfügung zu stellen. Die SPD-geführte Bundesregierung habe im Zuge der Hartz-Reform für Kinderbetreuung mehr investiert als jede andere Regierung zuvor. „Auch das Land ist gefordert: Für nächstes Jahr wollen wir zunächst 10 Millionen Euro bereitstellen, um eine Anschubfinanzierung vorzunehmen. So könnten ca. 3.000 neue Plätze für Kinder bis zu drei Jahre gefördert werden“, erläuterte Fuhrmann den SPD-Antrag. In den Folgejahren könnten dann entweder weitere Investitionskostenzuschüsse erfolgen oder auch Betriebskostenzuschüsse gezahlt werden.
Einen weiteren wichtigen Akzent will die SPD-Fraktion mit einem Ausbildungsplatzprogramm setzen. „Auch hierfür wollen wir 10 Millionen Euro im Landeshaushalt, denn die Lage ist in Hessen besonders dramatisch“, stellte Fuhrmann fest. „Wir hatten im Sommer die Situation, dass Hessen sich, was die Ausbildungsplätze betrifft, gerade noch mit Mecklenburg-Vorpommern in seiner besonderen strukturpolitischen Situation messen konnte“, erläuterte Fuhrmann. Gerade für Absolventen der Hauptschule mit mittelmäßigen Noten müsse dringend etwas getan werden. „In diesem Feld ist Kreativität gefragt. Wir müssen auch darüber nachdenken, Maßnahmen in Kooperation mit den Berufsschulen durchzuführen“, so Fuhrmann weiter. Die SPD-Fraktion sei nicht festgelegt, was die Ausgestaltung dieses Programms betreffe. „Wir sind allerdings der Auffassung, dass das Land nicht nur Appelle an die Wirtschaft richten kann, sondern dass eigenes Handeln notwendig ist“, verdeutlichte Fuhrmann.