Was von der Videoüberwachung wirklich zu halten sei, hätte zwischenzeitlich auch die Polizei in Frankfurt an eigenem Leib erfahren müssen: In erster Linie verlagere sich die Kriminalität in die Bereiche, die nicht von Videokameras überwacht würden, stellte Schaub die bisherigen Erfahrungen dar. Weder der notwendige Personaleinsatz noch die Kriminalität seien an der Konstabler Wache real zurückgegangen, so dass man über wirksame Strategien insbesondere zur Bekämpfung der Drogenkriminalität in diesem Bereich nachdenken müsse, forderte der Sozialdemokrat.
Mit Placebos lasse sich keine Kriminalität bekämpfen und die öffentliche Sicherheit nicht stärken. Das gelte für die in Frankfurt und anderenorts eingesetzte Wachpolizei. Hierbei handele es sich, so Schaub, ebenso wie beim freiwilligen Polizeidienst um einen Notnagel des Innenministers, mit dem er über fehlende Konzepte zur Stellenbesetzungsmisere bei der Polizei hinwegtäuschen wolle. Aber auch Bouffier müsse endlich erkennen, dass ihm in einer Größenordnung von
23 Polizeistationen Vollzugspolizeibeamte fehlten, er durch seine Stellenpolitik im Polizeibereich ein Personalloch von insgesamt 1.000 Stellen geschlagen habe und die Wachpolizei kein geeignetes Instrumentarium darstelle, um gut ausgebildete und motivierte Polizeibeamte zu ersetzen.
Nach Auffassung Schaubs werde diese Entwicklung sogar noch dadurch verschärft, dass die von Bouffier angekündigten zusätzlichen Wachpolizisten auf Stellen der Vollzugspolizei geführt würden und dadurch 250 Polizeibeamtenstellen der Vollzugspolizei blockiert seien und nicht besetzt werden könnten. Die Wachpolizei trägt damit nicht etwa zu einer Ent-, sondern letztlich zu einer ständig anwachsenden Belastung der Polizeibeamten bei.
Hinzu komme ein überzogener und von den Gewerkschaften regelmäßig kritisierter Personaleinsatz bei Großlagen sowie inszenierte ereignisunabhängige Kontrollen, bei denen der Personaleinsatz nach Auskünften von Polizeipraktikern ebenfalls in keinem Verhältnis zum jeweiligen Ertrag stehe.
Auch hier sei nach Darstellung des Sozialdemokraten festzustellen, dass nicht etwa die innere Sicherheit in effizienter Weise gestärkt werde, sondern durch die vorgenannten Faktoren die Belastung der Polizisten in Hessen anwachse, Überstundenkontingente anstiegen und Dienstpläne ausgedünnt würden. Im Ergebnis stünde wiederum weniger Polizei für die Belange der Bürgerinnen und Bürger und für die Gewährung der inneren Sicherheit vor Ort zur Verfügung.
In den Katalog der Fehlmaßnahmen gehöre, so Schaub, auch der von Bouffier so aufgebauschte freiwillige Polizeidienst. Die Giessener Kriminologen, die den Modellversuch begleiten, haben erst in dieser Woche noch einmal bestätigt, das subjektive Sicherheitsgefühl der befragten Menschen in den Städten Fulda, Marburg, Offenbach und Wiesbaden hinter den aktuellen Bundeswerten zurückliegt.
Trotzdem stellt sich Bouffier offenbar nicht die Frage, wie dies ohne freiwilligen Polizeidienst bundesweit möglich sei. Gesteigert werde hierdurch jedenfalls gar nichts, resümierte Schaub, „außer den Kosten, die in Höhe von bisher 200.000 Euro der Polizei fehlen!“.
Auch die arbeits- und kostenintensive Polizeireform habe die Polizei nicht voran gebracht: Synergieeffekte seien nie eingetreten und Hierarchien nicht abgebaut worden, so Schaub. Statt dessen seien hochdotierte Stellen im Führungsbereich geschaffen, teure Dienstrangabzeichen angeschafft, die Polizei aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert und Personalvertretungsrechte reduziert worden.
„Statt die tatsächlichen Fragen der inneren Sicherheit in Hessen anzugehen, wird durch symbolische Handlungen von den Fehlmaßnahmen abgelenkt“, so Schaub.
Im Gegensatz hierzu werde die SPD in der nächsten Legislaturperiode ein Sonderprogramm zu Besetzung aller fehlenden Stellen bei der Polizei auflegen, kündigte Schaub an. Die SPD werde dafür Sorge tragen, dass Hessen wieder eine modern ausgestattete und unter Fortführung der zweigeteilten Laufbahn gut bezahlte Polizei erhalte. Ferner müsse durch geeignete Maßnahmen die der Kriminalität vorbeugenden Prävention zusätzlich unterstützt und auf eine breitere gesellschaftliche Basis gestellt werden.