"Diese Regierung versucht wieder einmal mit nicht gerade lauteren Mitteln, ihre Bilanz zu schönen, sie aufzupeppen und Schwachstellen mit dicker Camouflage zu übertünchen. Herr Posch, nicht Sie sind der Verursacher eines in Gang gekommenen und erfolgreichen Verkehrswege-Konzepts in Hessen. Nicht Sie können sich neue oder ausgebaute Bundesautobahnen und Fernstraßen in Hessen ans landes-ministerliche Revers heften – das kann einzig und allein der Bundesminister für Ver-kehr in Berlin. Ihnen, Herr Posch, ist diese Jacke um einige Nummern zu groß.
Wenn Sie hier die aktuelle Lage im hessischen Straßenbau als vor allem eigene Leistung verkaufen wollen, dann betreiben Sie damit ein wahrhaftig sehr fadenscheiniges Täuschungsmanöver. Wir alle wissen doch, wo die Quelle des Finanzstromes sprudelt, in Berlin. Er entspringt mitten in Ihrem feindlichen Lager, meine Damen und Herren der Hessischen Landesregierung, im Verkehrsministerium eines Kurt Bodewig und im Finanzministerium eines Hans Eichel – das sind die wahren und eigentlichen Bauherren hessischer Autobahnen und Fernstraßen – kein Roland Koch und kein Dieter Posch.
Nach lähmenden Jahren verkehrspolitischer Stagnation unter der viel zu langen CDU/FDP-Ägide in Bonn hat diese Bundesregierung seit 1998 endlich neue Schub-kraft entwickelt und überfällige Investitionen im Verkehrsbereich eingeleitet. Die Bahnreform ist da ein Stichwort – aber wir reden ja heute vom Straßen- und Wegenetz.
Im vergangenen Jahr beispielsweise flossen in den Ausbau und Erhalt der Bundes-fernstraßen 10,8 Milliarden DM. Damit wurde bei der Straßenbauinvestition eine bis dahin noch nie erreichte Rekordmarke erreicht. Lediglich einmal in der Geschichte der Bundesrepublik gab es Vergleichbares: das allerdings lag im 2. Jahr der Vereinigung der Bundesrepublik mit der ehemaligen DDR – im Jahr 1992 – und erklärt sich somit von selbst.
Die Finanzanteile, die aus dem ehemals CDU/FDP-regierten Bonn zu uns nach Hessen geflossen sind, lagen bei 4,4 Milliarden DM in 10 Jahren. Das sind im Schnitt pro Jahr nicht mehr als 440 Millionen DM. Für das Land im Zentrum der Bundesrepublik, im Herzen Europas mit hoher Siedlungsdichte und zentrierter Wirtschaftskraft ist das wirklich nicht die Welt. Das ist nur wenig mehr als die jetzige Bundesregierung allein für zwei herausragende Projekte in Hessen bereitstellt:
Es handelt sich um das sogenannte Anti-Stau-Programm, das in diesem Jahr starten soll. Im Rahmen dieses Programms sind für unser Land von Berlin aus 320 Millionen DM bzw. 163,6 Mio. Euro vorgesehen. Konkret handelt es sich um den Lückenschluss der A 66 im Osten von Frankfurt, um den Tunnel Riederwald.
Und weitere knapp 86 Millionen Euro (DM 168 DM) erhält Hessen in den kommen-den Jahren aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm der Bundesregierung für den Bau bisher nicht finanzierbarer Ortsumgehungen und dringend notwendige Brückensanie-rungen. Dabei handelt es sich beispielsweise um
·die B 426 Ortsumgehung Mühltal – Nieder-Ramstadt;
·die B 3, Ortsumgehung Fuldatal – Ihringshausen;
·die B 277, Ortsumgehung Dillenburg;
·die B 3a, Westumgehung Friedberg….etc.
So sieht die wahre Kräfteverteilung und die Herkunft straßenbaulicher Wohltaten aus, Herr Minister Posch.
Nach langen, kontroversen Diskussionen über die Zukunft des Verkehrs und seine Gestaltungsmöglichkeiten müssen wir heute eins mit Bestimmtheit sagen: der Verkehr wird nicht weniger, sondern er wird weiter zunehmen.
Wir müssen dem nachweislich wachsenden Mobilitätsbedarf Rechnung tragen, ohne dass wir gleichzeitig die Verkehrsdichte und die Engmaschigkeit der Verkehrsnetze erhöhen wollen und können. Das bedeutet in der Konsequenz, die Transportkapazität ohne Erhöhung der Verkehrsmenge zu erweitern. Gleichzeitig müssen wir uns verkehrspolitisch zum Ziel setzen, die Transporteffizienz zu verbessern, sprich: Das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand. Also Zeit, Kosten, Energie und Flächen gegenüber Transportqualität, also Zuverlässigkeit, Planbarkeit, Sicherheit und Komfort sowie Umweltverträglichkeit.
Dazu bedarf es vor allem innovativer Konzepte, die nicht nur in den einzelnen Sektoren der Verkehrssysteme Fortschritte bringen, sondern solche Konzeptionen, die den Verkehr als ganzheitliches System begreifen und erkennen, dass erst eine bestmögliche Vernetzung zwischen den einzelnen Bereichen erfolgversprechend für eine modernes Verkehrswesen des 21. Jahrhunderts sein kann. Es macht wenig Sinn, wenn Bahn-, Straßen- und Luftverkehrsplaner jeweils aneinander vorbei agieren, erst das Zusammenspiel, die optimale Verzahnung aller Anbieter und Systeme gewährleisten einen Verkehrsfluss, der seiner etymologischen Herkunft nicht Hohn spricht: dem Fließen."