Das Versagen der Landesregierung in der Haushalts- und Finanzpolitik hat eine solche Dimension erreicht, dass wir auch zu Beginn des neuen Jahres gezwungen sind, die Debatte dazu weiter zu führen.
Nicht genug, dass der hessische Finanzminister mit seinem dilettantischen Verhalten im vergangenen Jahr den Ruf Hessens bundesweit beschädigt hat, kommt unser Bundesland auch im neuen Jahr nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus. Im Sündenregister der Länder für die Verantwortlichkeit beim gesamtstaatlichen Defizit nimmt Hessen einen peinlichen Spitzenplatz ein.
Das zweite Halbjahr 2001 war gekennzeichnet von einer Finanzpolitik dieser Landesregierung die im Kern nur noch nach dem Muster gestrickt war: Mehr Schulden zu Lasten der Zukunftsfähigkeit dieses Landes. Mit dieser Politik hat die Landeregierung in einer ungeahnten Geschwindigkeit die Finanzen des Hessens an die Wand gefahren. Bruchlandung ist dafür nur ein milder Ausdruck.
Durch den Nachtragshaushalt 2001 wurden die Schulden um 260 Mio. Euro erhöht. Durch den Haushalt 2002 wurden die Schulden entgegen der Planung um weitere 167 Mio. Euro angehoben. Mit dieser Aufblähung der Verschuldung durch Ihre Haushaltspolitik haben Sie dem Land Hessen nachhaltig geschadet. Dies ist Ihre Verantwortung und die können Sie auch nicht weg diskutieren.
Mit Ihrem zusätzlichen Schluck aus der Verschuldens-Pulle am Ende des letzten Jahres haben Sie die von ihnen selbst geplante Neuverschuldung für das Jahr 2003 jetzt schon zu zwei Dritteln verbraucht. Ihre eigene mittelfristige Finanzplanung haben Sie selbst zu einem Märchenbuch gemacht, immer nach der Devise: es war einmal. Nur die Realität ist ganz anders. Ihre Reden über die angeblich niedrigste Nettoneuverschuldung, die Sie zur Einbringung der Haushaltes 2001 und 2002 gehalten haben, können Sie schlicht vergessen.
Das Versagen Ihrer Finanzpolitik ist im letzten Jahr offenkundig geworden. Die Fehler dafür liegen aber schon in den Jahren 99 und 2000. Sie hatten nach Länderfinanzausgleich 1,6 Milliarden DM mehr in der Kasse. Sie haben den Haushaltskonsolidierungskurs der Regierung Eichel leichtfertig aufgeben, die Steuermehreinnahmen für ausgabewirksame Programme eingesetzt und nahezu keine Vorsorge getroffen. Das notwendige Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes wurde ebenfalls leichtfertig aufgegeben und auf unbestimmte Zeit verschoben.
Dabei wußten alle, dass die Steuerreform zumindest kurzfristig zu Steuerausfällen führen wird, da eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft von allen gewollt war. Die Landesregierung und ganz besonders der Ministerpräsident und der Finanzminister haben sich in diese Diskussion immer wieder eingeschaltet mit der Forderung nach höherer Entlastung oder des Vorziehens von Stufen der beschlossenen Steuerreform.
Der Nachtrag 2001 war auf ganzer Linie ein Debakel für die Landesregierung und den Finanzminister. Erst wird unsere Forderung nach einem Nachtrag vollmundig abgelehnt, zu einem Zeitpunkt übrigens in dem man noch hätte umsteuern können. Dann wurde uns in höchster Eile ein Nachtrag präsentiert, bei dem das Parlament und die Öffentlichkeit mit falschen Zahlen getäuscht wurden.
Die Zahlen zum Länderfinanzausgleich waren eindeutig falsch, obwohl Sie zu dem Zeitpunkt der Aufstellung des Nachtrages die richtigen Zahlen hätten wissen müssen. Ihre Berechnungen zum Steueraufkommen mussten Sie auch binnen kürzester Zeit selbst korrigieren.
Diese eklatante Fehlleistung beim Länderfinanzausgleich – sich in knapp einer Woche um 1,6 Mrd. DM zu verrechnen – haben sie bisher, in der schon bekannten Manier der Regierung Koch, schlicht ausgesessen.
Wir stellen fest:
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1.Die erste in der Öffentlichkeit vorgestellte Vorlage eines Nachtrages ist bis heute dem Haushaltsauschuss, trotz mehrfacher Aufforderung, nicht vorgelegt worden.
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2.Die Hintergründe der Fehleinschätzungen des Finanzministers sind nicht vollständig aufgeklärt. Noch immer sind eine Reihe von der Opposition gestellte Fragen nicht beantwortet worden.
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3.Die Rolle des Ministerpräsidenten bei der ungerechtfertigten Beurlaubung des Abteilungsleiters ist nicht geklärt.
Die lapidare Formulierung des Ministerpräsidenten in einem Brief an die SPD-Fraktion: "Im übrigen erlaube ich mir den Hinweis, dass es auch für eine Landesregierung einen Diskretionsbereich gibt", hat nichts mit Aufklärung zu tun, sondern ist ein reines Ablenkungsmanöver.
Zum Nachtrag 2001 muss festgehalten werden: Im Kern geht es um eine drastische Ausweitung der Neuverschuldung. Die Fehlleistungen des Finanzministers waren offenkundig und zum Schaden des Landes. Die politische Verantwortung für falsche Zahlen und Fehleinschätzungen wurde im Stil der Regierung Koch mal wieder nicht übernommen.
Auch der mit Koalitionsmehrheit verabschiedete Haushalt 2002 ist finanzpolitisch wiederum nur geprägt durch das einfache Strickmuster: mehr Schulden. Nach der Novembersteuerschätzung reduzierte sich die ganze Regierungskunst einzig darauf. Eine solche Politik gefährdet die Zukunftsfähigkeit unsere Landes und ist genau das Gegenteil einer nachhaltigen Finanzpolitik.
Herr Finanzminister, alle Ihre finanzpolitischen Vorgaben im letzten Vierteljahr waren nicht von langer Dauer. Trotz vollmundiger Sprüche mussten Sie sehr schnell ihre Positionen räumen, weil die Realität eine andere war. Ich sage Ihnen schon heute: Der verabschiedete Haushalt 2002 wird so nicht sehr lange halten. Sie werden um Korrekturen nicht herumkommen. Erschwerend kommt bei ihrer Finanzpolitik noch hinzu, dass Sie in erheblichem Umfang Lasten auf die Zukunft verschieben. Das kommunale Interessenmodell im Landesstraßenbau ist dafür nur ein Beispiel. Kommunen müssen in erheblichem Umfang vorfinanzieren und die Vorbelastungen der späteren Landeshaushalte ist offenkundig.
Das Gleiche gilt für die Investitionen im Bereich des Feuerschutzes: Auch hier Vorbindungen des Landeshaushaltes über mehr als ein Jahrzehnt. Auch hier müssen die Kommunen draufzahlen. Der finanzpolitische Umgang dieser Regierung mit den hessischen Kommunen ist eine einzigartige Fehlleistung. Bis Ende 2002 hat sie durch ihre Politik den Kommunen eine halbe Milliarde DM entzogen. Das Land hat sich in dieser Größenordnung auf Kosten der Kommunen entlastet und hat trotzdem sein eigenes Defizit deutlich ausgeweitet.
Damit sind wir bei dem zentralen Punkt des Defizits im hessischen Haushalt. Die Nettoneuverschuldung haben Sie, Herr Finanzminister, im Jahre 2001 gegenüber dem Abschluss des Jahres 2000 um über 260 Millionen Euro angehoben. Dies ist eine Ausweitung um 40%. Damit hat das wirtschaftsstarke Hessen leider einen großen Beitrag zur Erhöhung des gesamtstaatlichen Defizits geleistet.
Mit rund 2,5 % liegt die Bundesrepublik sehr nahe an der im EU- Stabilitätspakt vereinbarten Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes. Fakt ist, dass der Bund bei der Kreditaufnahme in etwa im Rahmen bleibt. Besonders bei den Ländern ergeben sich deutliche Ausweitungen der Kreditaufnahmen. Und hier ist Hessen leider durch Ihre Politik als Schuldenmacher ganz oben dabei.
In der Financial Times Deutschland sind dazu die Fakten auf der Basis der Oktoberzahlen dargestellt. Herr Minister, ich stimme Ihnen zu, dass die Oktoberzahlen eine Momentaufnahme sind. Durch die Rückzahlung im Länderfinanzausgleich werden sich die hessischen Zahlen verändern. Wir kennen derzeit noch nicht den Haushaltsabschluss. Aber fest steht schon jetzt: durch Ihren kurz vor Jahresende verabschiedeten Nachtrag 2001 steigen die bereinigten Gesamtausgaben um 2,6 %. Dies ist deutlich höher als die vom Finanzplanungsrat festgelegte Obergrenze von 2 %. Die Verschuldung steigt um rund 40 %. Beide Zahlen belegen, dass das hessische Sündenregister für das gesamtstaatliche Defizit beträchtlich ist.
Nun kommt wieder die Weimarsche Verschleierung der Fakten. Bei dem Zuwachs der hessischen Landesausgaben rechnet er den Wiedereinstieg als Sonderfaktor heraus. Danach würden die Landessausgaben nur um 1,2 % steigen. Gleichzeitig wird der Wiedereinstieg aber als Investition gerechnet. Nur so können Sie formal überhaupt den drastischen Anstieg der Neuverschuldung rechtfertigen. Sie müssen sich schon entscheiden. Ist der Wiedereinstieg in die Helaba als Sonderfaktor herauszurechnen, dann ist die Erhöhung der Neuverschuldung eindeutig verfassungswidrig. Werden die Kosten aber eingerechnet liegt der Ausgabenzuwachs eindeutig über den Vorgaben des Finanzplanungsrates. Hier hilft kein Jonglieren. Die Fakten sind eindeutig. Das wirtschaftsstarke Land Hessen trägt durch Ihre Finanzpolitik in unverantwortlichem Umfang zum hohen deutschen Defizit bei. Dies ist ein Armutszeugnis für die Landesregierung.
Hessen braucht eine grundlegende Korrektur der Finanzpolitik. Im Interesse einer nachhaltigen Finanzpolitik ist eine grundlegende neue Weichenstellung notwendig. Beenden Sie ihre Politik der unverantwortlichen Ausweitung der Verschuldung, mit der Sie sich einzig über den Wahltermin im nächsten Jahr zu Lasten der Zukunftsfähigkeit des Landes zu retten suchen.