Pfaff: Entwurf zum Naturschutzgesetz zurückziehen!

"Wir fordern Sie mit Nachdruck auf, Herr Minister Dietzel, den in die Öffentlichkeit gelangten Referentenentwurf zur Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes zurückzuziehen und grundlegend zu überarbeiten. Der Entwurf ist mit ideologischer Nadel gestrickt. Er trägt ganz eindeutig die Handschrift des ehemaligen Bauernver-bandsfunktionärs Wilhelm Dietzel. Mit ihm wird ein Paradigmenwechsel zu Lasten des Naturschutzes in Hessen eingeleitet. Er soll ganz bewusst einseitig den Weg frei machen für die Interessen der Landwirtschaft und massiv den ehrenamtlichen Natur-schutz beschneiden.

Dieser Entwurf hat nichts aber auch gar nichts mit Ihrer Forderung – mehr Natur-schutz durch Kooperation – zu tun. Eine sachgerechte Abwägung der Schutz- und Nutzinteressen hat nicht stattgefunden. Sie bleiben meilenweit hinter einem dringend erforderlichen fairen Interessenausgleich zurück.

Die Naturschutzverbände in Hessen haben diesen Entwurf als Kampfansage ver-standen und so war er auch wohl gemeint. Denn ganz bewusst haben Sie damit den ideologischen Grabenkrieg eröffnet. Nicht zuletzt wird dies auch an der militanten Sprache deutlich, die sie im Begründungstext verwenden. Dort heißt es: Mit der No-velle soll Waffengleichheit zwischen Schützern und Nutzern hergestellt werden.

Das neue Bundesnaturschutzgesetz wird in etwa einem halben Jahr vorliegen. Da-nach hat Hessen dann genügend Zeit, um eine so komplizierte Gesetzesmaterie in einem geordneten Verfahren umzusetzen. Sie Herr Dietzel haben aber bereits erGesetzgebungsverfahren eine Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes vornehmen zu wollen.

Das kann die gesamte Fachwelt nicht nachvollziehen, weil ihr Entwurf auf einer voll-kommen unsicheren Rechtsgrundlage basiert, nämlich dem unfertigen, mitten in der Beratung stehenden Bundesentwurf. Ihr Ziel ist es, laut Entwurf, im Frühsommer 2002 die Novelle zu verabschieden. Offenbar stürzen sie erneut kopflos in ein unge-ordnetes Gesetzgebungsverfahren, das nur in einem heillosen Chaos enden kann.

Ich sage Ihnen, das Chaos und die Flickenschusterei, die wir bereits bei dem LFN-Reform-Gesetz erfahren haben, ist erneut programmiert. Ihnen fehlt es im Naturschutz nicht nur am gutem Willen. Ihnen fehlt es auch am Können.

Sie begründen das Parallel-Verfahren mit der Notwendigkeit, Europarecht in Landes-recht umsetzen zu müssen. Auch hier Herr Minister stehen Sie unter keinem zeitli-chen Druck. Zumindest nicht im nächsten halben Jahr bis die Bundesnovelle unter Dach und Fach ist.

Ich habe allerdings den Verdacht, Herr Minister, Sie wollen vor Verabschiedung des neuen Bundesrechtes noch ihr Klientel bedienen. Sie wollen unliebsame Tatbestän-de, wie die Verbandsklage und die Mitwirkung des ehrenamtlichen Naturschutzes beseitigen, um anschließend gegen die böse Bundesregierung zu polemisieren, die nach ihrer Meinung unzumutbare naturschutzfachliche Standards von Hessen verlangt.

Sie wollten das Verbandsklagerecht abschaffen und nur weil die FDP-Landesvorsitzende Ruth Wagner Sie zurück gepfiffen hat, werden sie diesen Plan nicht verwirklichen können. Denn auf Verlangen der FDP, wurde unter einer sozial-liberalen Regierung vor 20 Jahren die Verbandsklage in das HeNatG aufgenommen. Frau Wagner hat die Handbremse angezogen, ansonsten hätte die FDP den naturschutzpolitischen Offenbarungseid geleistet.

Übrigens in 13 Bundesländern existieren Klagerechte und kein einziges außer Hessen diskutiert im Zuge der Bundesnovellierung die Abschaffung. Die Verbände sind sehr restriktiv damit umgegangen, eine Klageflut ist nun wirklich auch in Hessen nicht zu erkennen.

Ein Kernanliegen von Ihnen Herr Dietzel ist es, dem Vertragsnaturschutz Vorrang vor allen anderen Naturschutzmaßnahmen insbesondere vor dem Verordnungsnatur-schutz einzuräumen. Über eine Stärkung des Vertragsnaturschutzes und eine Gleichstellung mit dem Verordnungsnaturschutz muss aus meiner Sicht auf alle Fälle geredet werden. Man darf aber nicht gleich das Kind mit dem ganzen Bade ausschüt-ten, so wie sie das ideologisch verblendet tun wollen.

Gerade zur Schaffung und Sicherstellung des Biotop-Verbundsystems auf 10 % der Landesfläche werden wir unzweifelhaft auch die Landwirte brauchen. Wie wir insge-samt in der Bevölkerung mehr Akzeptanz für den Schutz unserer Natur und Lebensgrundlagen brauchen. Ich will die Landwirte daher einbeziehen und keine Konfrontation und keine ideologischen Grabenkämpfe, die Sie anscheinend wollen."