Quanz (SPD): Geschönte Statistik auf Kosten der Ausbildung

"Auf heftige Kritik der SPD-Opposition stößt das Vorhaben der hessischen Kultusministerin, ab dem kommenden Schuljahr den eigenverantwortlichen Unterricht der Referendarinnen und Referendare höher in die Unterrichtsabdeckung in die Einzelschule anzurechnen", erklärte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag Lothar Quanz heute in Wiesbaden.

Während bisher für die gesamte Ausbildungszeit 14 Unterrichtsstunden als Grundlage genommen waren, sollen künftig 26 Unterrichtsstunden als Grundlage dienen. Dies führe dazu, dass die Unterrichtsabdeckung in den Mittelpunkt der Referendarausbildung gestellt wird und die Frage der Ausbildungsqualität in den Hintergrund rücke.

"Dem uneingelösten Wahlversprechen Unterrichtsgarantie soll auf die Weise statistisch nachgeholfen werden. Die Einzelschule wird gewissermaßen dazu verpflichtet, die Referendare nicht nur komplett in ihre Unterrichtstatistik einzurechnen, sondern muss auch dafür sorgen, dass Doppelsteckungen, d.h. unterrichtsbegleitende Maßnahmen durch Mentoren nicht mehr stattfinden werden", erläuterte Quanz.

Es werde einmal mehr deutlich, dass die Ministerin die Qualitätsentwicklung unserer Schulen völlig aus dem Blick verloren habe. Sie nehme nicht zur Kenntnis, dass für eine spätere erfolgreiche berufliche Tätigkeit der Lehrerinnen und Lehrer die zweite pädagogische Ausbildungsphase von entscheidender Bedeutung sei. Hier müsse Zeit sein für praxisnahe Ausbildung, für unterrichtsbegleitende Maßnahmen und Gespräche, hier müssten die Referendare die Möglichkeit haben, guten Unterricht kennen und erfahren zu lernen. Dies könne nicht gelingen, wenn im Mittelpunkt der Ausbildung der eigenverantwortete Unterricht ohne Anleitung und ohne Begleitung stehe.

"Wer hessische Schulen qualitativ weiterentwickeln will, muss in der Lehreraus- und
-fortbildung optimale Voraussetzungen schaffen. Die Kultusministerin macht genau das Gegenteil", kritisierte Quanz. Hinzu komme, dass einzelne Schulen, die bisher mit großem Engagement ausgebildet hätten, nunmehr bestraft würden durch zu viel Einsatz der jungen Anwärterinnen und Anwärter bzw. Referendarinnen und Referendare. Es dürfe nicht dazu kommen, dass Lehrerinnen und Lehrer einer solchen Stammschule verstärkt abgeordnet oder gar versetzt würden, weil eine Schule sich der besonderen Verpflichtung der Ausbildung gestellt habe. Außerdem verliere die Mentorentätigkeit zusätzlich an Bedeutung und es würden immer weniger Kolleginnen und Kollegen motiviert sein, zusätzlich zu ihrer vollen Unterrichtsverpflichtung Referendarinnen und Referendare in ihrer Ausbildungsphase zu begleiten.

All diese Maßnahmen, die im Kultusministerium offensichtlich in der Planung weit voran geschritten seien, seien kontraproduktiv für eine qualitätsvolle Entwicklung der hessischen Schulen.

"Es muss der Ministerin eine dringende Mahnung sein, wenn alle Leiterinnen und Leiter der hessischen Studienseminare sich in einer gemeinsamen Resolution an sie wenden und auf diese Problematik mit geharnischter Kritik reagieren. Dazu kommen aus vielen Schulen seitens der Personalräte, seitens der Schulleitungen ebenfalls überaus kritische Stellungnahmen zu dieser Fehlentwicklung. Wir müssen gemeinsam politisch dafür sorgen, dass an Hessens Schulen erfolgreich ausgebildet wird, dass junge Referendarinnen und Referendare pädagogisch hoch qualifiziert werden, damit sie den Erfordernissen des schulischen Alltags in Zukunft gerecht werden können und unsere Schülerinnen und Schüler erfolgreich auf ihre Zukunft vorbereiten können. Diese Regierung hat offensichtlich die falschen Rezepte", erklärte Quanz abschließend.