Silvia Hillenbrand zu BSE und MKS

Der Antrag der CDU und FDP, indem wir der Landesregierung Dank und Anerkennung aussprechen sollen, entbehrt nicht einer gewissen Peinlichkeit.

Peinlich einerseits, weil es zum großen Teil Seuchenschutzmaßnahmen waren, die verpflichtend im Bundesmaßnahmenkatalog aufgeführt sind. Das heißt also, die Landesregierung soll außerordentlich gelobt werden, weil sie vollzogen hat, was vorgeschrieben ist.

Peinlich aber auch deswegen, weil die Landesregierung wie so oft – und immer öfter – der Bevölkerung vorgegaukelt hat, sie sei bestens gerüstet. Das fing mit der Bereitstellung von 100 000 Impfdosen an und der gleichzeitigen Forderung einer flächendeckenden Impfung aller Klauentiere in Hessen. Davon gibt es etwa 1,6 Mio, dafür braucht man bei zweimaliger Impfung 3,2 Mio Impfdosen.

Das Krisenmanagement der Landesregierung konnte bei dem Auftreten der MKS-Fälle eben nicht auf ausreichende "vorausschauende Vorbereitungen" zurückgreifen. Daten belegen dies.

Wir haben in unserem Antrag am 08. März Krisenstäbe gefordert. Am 27. März – pünktlich zum Plenum, wo unser Antrag auf der Tagesordnung stand – unterrichtete die Ministerin stolz der staunenden Öffentlichkeit, dass sie Krisenstäbe eingerichtet habe. Ihr Glück, Frau Ministerin, bestand darin, dass die Verdachtsfälle nicht vor Ihrem Krisenstab auftraten.

Vor unserem Antrag bestand der Krisenstab auf regionaler Ebene aus einer Person pro Veterinär, mit der Maßgabe, sollte es zu einem Ausbruch in einem anderen Bezirk kommen, müsste dieser eine Mensch dem betroffenen Bezirk helfen. Das war Ihr ganzer Krisenstab!

Nach unserem Antrag hat es noch einmal 20 Tage gedauert, bis Sie gehandelt haben. Ich halte das für skandalös. Was hätten Sie gemacht, wenn die Verdachtsfälle im Landkreis Gießen schon im Februar oder März aufgetreten wären? Am 03. April ist es dann passiert. Können Sie nachvollziehen, dass die Organisatoren in Krofdorf-Gleiberg sich erst einmal ganz schön alleine gefühlt haben? Hilferufe aus dem betroffenen Gebiet nach abgestimmten und einheitlichen Handlungsanweisungen, was die Desinfektionsschleusen betrifft, die Einschränkungen im Personenverkehr, die Zugangserlaubnisse in die Sperrbezirke, die Tötungsaktionen der Tiere, alles das war nicht geregelt, zumal es sich ja hierbei um ressortübergreifende Verantwortlichkeiten handelt.

Bei dem Einsatz des Desinfektionsmittels wurde Formalin verwendet, ein gefährliches Mittel. Es hat damit Unfälle gegeben. Es gab ja auch im Vorfeld wohl keine Abstimmung zwischen Human- und Veterinärmediziner. Es gab offensichtlich keine ausreichende Sicherung für die Anwender.

Nein, meine Damen und Herren, Sie können nicht von uns erwarten, dass wir die Landesregierung loben. Wir bedauern, dass wir Recht hatten:

· Das Krisenmanagement hat zu spät reagiert.
· Die Landesregierung hat der Bevölkerung lange vor Eintritt des MKS-Verdachtsfalles vorgegaukelt, sie hätte alles im Griff.
· Es gab keine Risikokommunikation.

Wir erwarten von der Landesregierung:

· Eine Schwachstellenanalyse, um beim nächsten Mal besser gerüstet zu sein. Und das muss schnell erfolgen. Denn morgen kann es wieder einen echten oder Verdachts-MKS-Fall geben.
· Die Erweiterung der Krisenstäbe auf grenzübergreifende Krisenstäbe.
· Eine verbesserte Risikokommunikation, auch innerhalb der beteiligten Ministerien (Umwelt, Soziales, Innen und Wirtschaft)
· Eine Krisenschulung vor Ort (staatliche Stellen und Hilfsdienste)
· Die Einrichtung eines Medienstabes, als Teil des vorbeugenden Krisenmanagements (gibt es in der Schweiz und wird vom DLG als neue Strategie gefordert)
· Einbeziehung von wissenschaftlichen Beratern, Human- und Veterinärmediziner in den Medienstab.
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