"Erneut müssen wir kritisieren, dass diese Regierung kein Konzept hat, wie die Fragen der Zukunft für unsere heutige Schülergeneration pädagogisch angegangen werden müssen. Kurzatmiger Aktionismus und Konzeptionslosigkeit ersetzen zukunftsgerechte Planung und systematisches Vorgehen. Dazu kommt die offensichtliche Ideenlosigkeit der Ministerin, mit welchen pädagogischen Konzepten wir die Qualität des Unterrichts und damit die Qualität der Bildung und Ausbildung unserer Schülerinnen und Schüler voranbringen. Jüngstes Beispiel: Die so genannte Initiative " Schule @ Zukunft".
Die Sprecherin des Bundeselternrates, Renate Hendrichs, hat sicherlich recht, wenn sie in der "Zeit" am 04. Januar 2001 ausdrückt: "Die Tatsache, dass es in den Schulen jetzt Internet-Anschlüsse gibt, heißt noch lange nicht, dass sie auch vernünftig genutzt werden."
Genau dies aber ist der Kern des pädagogischen Anliegens um den es gehen muss. Wir müssen endlich klären, was, an welchen Schulen, in welchen Fächern, in welchen Zeiträumen im Umgang mit den Neuen Medien gelehrt und gelernt werden soll. Wenn den Schulen nicht klar ist , nach welchem Konzept, mit welcher Zielsetzung sie arbeiten sollen, haben weder sie noch die Schulträger eine geeignete Grundlage auf welcher die EDV-Einrichtungen getätigt werden müssen. Es fehlen von Seiten der Landesregierung jegliche Vorgaben für die Ausstattung mit Hard- und Software, es fehlt jegliche Abstimmung mit den entsprechenden Anbietern im Bereich von Lehr- und Lernprogrammen. Wir brauchen endlich abgestimmte Programme statt eine Politik des verordneten Chaos. (…)
Dazu kommt, dass die Landesregierung neue regionale und soziale Ungerechtigkeiten billigend in Kauf nimmt. Wir dürfen nicht zulassen, dass über Sponsoring einzelne Schulen hervorragend ausgestattet sind und andere das Wort "Computer" nur an die Tafel schreiben können. Und was gar nicht geht – das sage ich mit allem Nachdruck- ist die Position, die ein Sprecher des Kultusministeriums noch im November vertreten hat, nämlich dass die Grundausbildung im Umgang mit den PC"s durch die Eltern stattzufinden habe.
Wir werden stets dafür kämpfen, dass die Schülergeneration nicht gespalten wird in User and Looser. (…) Erschreckende Ahnungslosigkeit über den Investitionsbedarf an den Schulen demonstrierten Regierungschef Koch und Ministerin Wolff, als sie kürzlich in einer Pressekonferenz das Konzept "Schule @ Zukunft" vorstellten. Mit beabsichtigten 30 Millionen DM in den nächsten drei Jahren schafft man auch nicht annähernd die finanzielle Basis, um Anschaffung, Pflege und Wartung und die Fortbildung zu gewährleisten. Ich sage, dies ist völlig unzureichend.
Ich verweise auf unser Konzept, welches wir bereits im September des letzten Jahres der Öffentlichkeit vorstellten und welches die Landesregierung nun in schlechter Kopie nicht einmal ansatzweise erfüllen werden. Gemeinsam mit den Schulträgern wollen wir in den nächsten fünf Jahren Jahr für Jahr 60 Millionen, also insgesamt 300 Millionen DM in diesen für die Zukunft so wichtigen Bildungsbereich investieren. (…)
Einige Anmerkungen zur Ausbildung und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer. Dazu zwei Zahlen, die aufschrecken müssten, die die Alarmglocken bei verantwortungsbewussten Politikerinnen und Politikern läuten lassen müssten. In der Lehrerausbildung an der Goethe-Universität in Frankfurt ist von der informationstechnologischen Entwicklung wenig zu merken. Gerade mal ein Seminar zu Multimedia steht im aktuellen Vorlesungsverzeichnis der Erziehungswissenschaften in Frankfurt. (…)
Einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung nach fühlen sich gerade mal 8% der Pädagogen in der Lage, die modernen Medien im Unterricht auch einzusetzen. Und was sind die Antworten dieser Regierung: Das HELP wird in seiner Struktur zerschlagen, Mittel und Stellen werden reduziert, und eine IT-Akademie ist in ihrer Arbeit, in ihrer Konzeption noch weit entfernt von dem, was bei der Gründung als Absichtserklärung zwischen Wirtschaft und den beiden damit befassten hessischen Ministerien dazu geäußert wurde. Im kulturpolitischen Ausschuss wurde die Ahnungslosigkeit der Ministerin nur noch übertroffen von der Hilflosigkeit, mit der sie auf unsere Nachfragen zum weiteren Auf- und Ausbau der Akademie reagierte. Wir verlangen von der Landesregierung ein umfassendes Konzept für die Aus- und Fortbildung unserer Lehrer im Umgang mit den Neuen Medien ! (…)
Ich darf abschließend zusammen fassen: Wir brauchen dringend und als Voraussetzung für alles Weitere ein pädagogisches Konzept für den Umgang mit den Neuen Medien, eine verbindliche curriculare Festschreibung, welche Unterrichtsziele, in welchen Schulformen, in welchen Fächern, in welchen Zeiträumen wir mit dem Computereinsatz und dem Einsatz des Internets erreichen wollen. Wir brauchen darüber hinaus die organisierte und vertraglich geregelte Zusammenarbeit mit allen Schulträgern, zwei Pilotprojekte sind völlig unzureichend, sind weniger als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein! Wir brauchen außerdem ein umfassendes Konzept, wie wir zeitnah möglichst viele Lehrerinnen und Lehrer nicht nur im technologischen Umgang mit den Neuen Medien, sondern insbesondere im didaktischen Umgang, das heißt mit dem Einsatz in den jeweiligen Fächern, vertraut machen. Nur so sichern wir die Zukunftsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler, aber dazu bedarf es ganz offensichtlich einer neuen Qualität des Regierens, dazu bedarf es einer neuen Regierung!"