Medizin verstehe sich in Deutschland zu sehr als Reparaturbetrieb, so der Mediziner. "Natürlich muss das erste Ziel die Heilung heilbarer Krankheiten sein", sagte Spies. Letztendlich sei das Ziel der Medizin aber, dass es Menschen besser gehe. Wo es – wie zum Beispiel bei Krebserkrankungen im Endstadium – keine Heilung mehr gebe, sei die Verbesserung der Lebensqualität vorrangige Aufgabe.
"Hier gibt es noch erheblichen Handlungsbedarf", so Spies weiter. Es dürfe in einem der reichsten Länder nicht vorkommen, dass Patienten in ihren letzten Lebenstagen oder Wochen allein zu Hause oder in nicht dafür ausgelegten Einrichtungen mehr schlecht als recht versorgt werden.
"In dieser Situation gibt es einen ganz anderen Bedarf der Kranken: vor allem keine Schmerzen zu haben, Ruhe und menschlichen Beistand", unterstrich der SPD-Politiker. In vielen Krankenhäusern sei dies in der Alltagshektik kaum zu gewährleisten, obwohl sich alle Beteiligten ohne Zweifel auf das äußerste bemühen.
Auch die ambulante Versorgung sei häufig schwierig: so seien Angehörige – wenn denn vorhanden – nicht selten mit der Situation selbst überfordert. Gerade alleinstehende Patienten seien auf die ganz überwiegend ehrenamtlich geleistete Hilfe der Hospizdienste angewiesen. Auch die niedergelassenen Ärzte bräuchten Unterstützung, um in diesen Fällen die richtige Hilfe leisten zu können.
"Auch in der medizinischen Versorgungsforschung – im Gegensatz zur Grundlagenforschung – gibt es in Deutschland Nachholbedarf", erklärte Spieß. So stellten entsprechende Lehrstühle an den Hochschulen und Forschungsförderung noch immer eine seltene Ausnahme dar. Gerade Palliativmedizin aber bedürfe eines eigenen Denkansatzes, der dringend weiterer Forschung bedarf. Spies begrüßte die Initiative der Bundesgesundheitsministerin, gerade die Versorgungsforschung stärker zu fördern.
Die SPD Fraktion im hessischen Landtag hat daher einen Antrag eingebracht, zunächst einmal die konkrete Situation in Hessen zu erkunden. "Wer wirksam helfen will, der muss erst einmal die genaue Faktenlage kennen", so Spies. Mit den Erkenntnissen, die der Sozialpolitische Ausschuss auf diesem Wege erhalten will, gewinne man das nötige Wissen, um entsprechende Massnahmen einleiten zu können.
"Jeder Mensch hat das Recht, in seinen letzten Tagen und Stunden alle Hilfe zu erhalten, die er oder sie braucht", so Spies abschließend. Dies sicherzustellen, sei eine wichtige Aufgabe der Gesundheitspolitik.