Klemm: Wahlprüfung bleibt die Achilles-Ferse der Regierung Koch

Klemm warf der Landesregierung vor, sich die Interpretationshoheit über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom vergangenen Donnerstag anzumaßen und damit das Wahlprüfungsgericht öffentlich unter Druck setzen zu wollen. "Die CDU – und an ihrer Spitze der Landesvorsitzende Roland Koch – deuten das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in unzulässiger Art und Weise um, anstatt es dem Wahlprüfungsgericht zu überlassen, die richtigen und notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen."

Klemm führte in der Pressekonferenz zusammen mit dem Verfahrensbevollmächtigten der SPD-Landtagsfraktion, Prof. Dr. Martin Morlok aus, dass die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Maßstäbe zum Begriff der Sittenwidrigkeit keineswegs überraschend seien, sondern exakt der SPD-Argumentation aus ihrem Schriftsatz entsprächen. Dort hieß es: "Wenn also eine Handlung vorliegt, deren Verwerflichkeit ebenso groß ist, wie die einer strafbaren Handlung, obgleich – aus welchen Gründen auch immer – der Staat auf seinen Strafanspruch verzichtet hat, so ist es durchaus gerechtfertigt, dies als Ungültigkeitsgrund zuzulassen." Klemm: "Exakt auf diese Ausführung hat das Bundesverfassungsgericht Bezug genommen, um das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit zu konkretisieren."

Der SPD-Abgeordnete wies darauf hin, dass der CDU-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Roland Koch am 1. März 2000 selber Verstöße gegen das Parteiengesetz mit Straftatbeständen gleichgesetzt habe, indem er forderte, Verstöße gegen das Parteiengesetz und die Abgabe falscher Rechenschaftsberichte künftig unter Strafe zu stellen.

Klemm warf der hessischen CDU vor, sich durch Abgabe falscher Rechenschaftsberichte über Jahrzehnte hinweg und konkret durch den Einsatz von nicht-deklariertem Geld von ausländischen Konten im Wahlkampf 1999 massiv gegen die Chancengleichheit der Parteien verstoßen zu haben. "Die Bürgerinnen und Bürger sowie die konkurrierenden Parteien wurden über die wahren Finanzquellen der CDU im Unklaren gelassen, obgleich das Grundgesetz hier Transparenz vorschreibt."

Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil sehr deutlich darauf abgehoben, dass Wahlfehler-Tatbestände ohne Konsequenzen bleiben, wenn der politische Konkurrent die Möglichkeit hat, sich vor der Wahl gerichtlich oder auf andere Art und Weise, beispielsweise durch öffentliche Auseinandersetzung, dagegen zu wehren. "Ein solcher Sachverhalt ist hier nicht gegeben: Angesichts der mafiaähnlichen Finanzpraktiken der CDU, die für Außenstehende undurchschaubar waren, konnte dieser eklatante Wahlfehler nicht durch eine politische Diskussion ausgeglichen werden. Hätte die CDU hingegen vor der Landtagswahl einen wahrheitsgemäßen Rechenschaftsbericht abgegeben, so hätten die Wählerinnen und Wähler vor ihrer Entscheidung Kenntnis von rechtswidrigen Machenschaften gehabt – was die politische Diskussion im Wahlkampf maßgeblich beeinflusst hätte. Die Wählerinnen und Wähler hatten diese Chance nicht, im Gegenteil hat die CDU unter Einsatz von Schwarzgeld eine wahlentscheidende Kampagne geführt, über deren Finanzierung sie die Bürgerinnen und Bürger getäuscht hat", sagte Klemm.