"Die Gewerkschaften werden geschwächt, die Kapitalgeber und Unternehmer werden massiv gestärkt und die Frauen rausgeschmissen. Das ist in Ihren Augen heute modern und repräsentiert die Gesellschaft 2001. So einfach ist das Leben für Sie durch Ihre schwarz-gelbe Brille betrachtet. Es ist schon ziemlich scheinheilig was Sie da betreiben, geht es Ihnen doch nur darum, Ihre Interessensvertreter in großer Zahl zu versammeln, um endlich – wenn die Zeit kommt, einen Ihnen passenden Intendanten oder Intendantin zu wählen, die liberale Verfassung des Hessischen Rundfunks so zu ändern, um die Personen zu entfernen, die in Sachen Schwarzgeld der CDU sehr intensiv und mit Erfolg recherchiert haben.
Warum Sie es aber als repräsentativ für unsere heutige Gesellschaft betrachten, die minimalen Quoten in beiden Gremien zu verändern, ist mir schleierhaft, denn Frauen stellen immerhin die Mehrheit der Bevölkerung, auch der hessischen. Da waren Ihre Vertreter im Landtag 1948 Ihnen meilenweit voraus. Im übrigen verhalten Sie sich an dieser Stelle verfassungswidrig und widersprüchlich zum Hessischen Gleich-berechtigungsgesetz. (…)
Gerade noch rechtzeitig ist es Ihnen eingefallen, die unternehmerische Tätigkeit der SPD anzuprangern, die im übrigen völlig legitim und legal ist und seit mehr als 100 Jahren besteht. Wir Sozialdemokraten haben schon immer Verlage und Druckereien betrieben und Zeitungen herausgegeben, weil wir in den bürgerlichen Druckwerken keine Möglichkeiten zur Publikation hatten. Heute wollen Sie uns das neiden.
Im übrigen holen wir mit dem, was wir heute erwirtschaften, langsam, aber Schritt für Schritt, den Vorsprung der CDU aus den Unternehmensspenden auf. Sie wollen doch mit dieser Änderung zunächst einmal auch hier – wie schon auf Bundesebene – nur ablenken von ihrem Schwarzgeldskandal und eine Entlastungskampagne auch in Hessen beginnen, um von ihren Tricks und Gesetzeswidrigkeiten abzulenken. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Klar ist, dass Parteien sich nicht an Rundfunk beteiligen dürfen. Klar ist, dass Treuhandverhältnisse offen zu legen sind. Allerdings sollte dann auch eine Formulierung gefunden werden, die das abdeckt und am besten darüber hinaus die Netzwerke der Kohls und Kirchs, der Stoibers und Oschmanns in Bayern ebenfalls einfängt. Man kann ja über alles reden, dann aber bitte in Ruhe. Und nicht in einem Schweinsgalopp zwischen der Ausschusssitzung am vergangenen Mittwoch und der Plenarsitzung vom heutigen Tag.
Nun haben wir fast ein Jahrzehnt über Ballungsraumfernsehen diskutiert. Es gab Gutachten, Diskussionsveranstaltungen, Debatten im Landtag. Skeptiker gibt es immer noch reichlich, die sagen, das Ganze wird sich nicht rechnen, wie wir in Hamburg und Berlin gesehen haben und wo Herr Kirch den Laden übernommen hat. Sein Beutezug wird auch vor Hessen nicht halt machen. In der Anhörung ist dies auch deutlich geworden. Die Kriterien, unter denen Ballungsraumfernsehen stattzufinden hat, sind ja mühselig genug zustande gekommen, etliche Male geändert und von den potentiellen Veranstaltern wohl nun auch mit knirschenden Zähnen akzeptiert worden. Also kann man davon ausgehen, dass Sie alles wohl bedacht haben.
Wir meinen, auch hier haben Sie Murks gemacht, jedenfalls im Hinblick auf die derzeitigen technischen Entwicklungen im Kabel. Schon bei der 2. Lesung habe ich Sie auf ihre übereilte Änderung in Bezug auf die Einspeisung von landesweiten, regionalen und lokalen Programmen ausschießlich über Kabel hingewiesen. Ich sag es noch einmal: so wie es jetzt von Ihnen aufgeschrieben worden ist, kann ab sofort jeder Veranstalter mit hessischer Berichterstattung de lege lata ins Kabel hinein. Bei den jetzigen Engpässen hat so ein Programmveranstalter dazu auch noch Vorrecht nach der derzeit gültigen Rangfolge vor bundesweit herangeführten Programmen wie RTL, Sat 1 Vox, N 24. Die werden sich aber freuen. Es kann ja durchaus sein, dass dieser Fall eher nicht wahrscheinlich ist, aber es zeigt, wie wenig sie bei Ihren Änderungsschnellschüssen nachgedacht haben."