"Erneut ist es erforderlich, dass die Opposition im Hessischen Landtag den Umfang des Untersuchungsauschusses zum CDU-Schwarzgeldskandal, der längst zu einem Koch-Untersuchungsauschuss geworden ist, erweitert. Wieder ist ein Sachverhalt bekannt geworden, der das Bild der Hessen-Union als mit kriminellen Methoden geführte undemokratische Organisation verfestigt, ja zementiert.
Es handelt sich um einen Sachverhalt, von dem wir bei Einsetzung des Ausschusses im Februar diese Jahres noch keine Kenntnis hatten. Damals wussten wir von 20,8 Millionen DM aus dubiosen Quellen, welche die CDU in die Schweiz verbracht hatte und mit denen sie über eineinhalb Jahrzehnte hinweg ihre Wahlkämpfe illegal finan-ziert hat. Und wir wussten, dass ein amtierender Ministerpräsident einen Darlehens-vertrag hatte fälschen lassen, um die Finanzierung seines persönlichen Wahlkampfes aus Schwarzen Kassen zu verschleiern. Worüber er mehrfach die Öffentlichkeit und die Abgeordneten des hessischen Landtags belogen hat.
Allein wegen dieser unbestrittenen Tatsache ist Ihr Rücktritt, Herr Koch, der überfäl-ligste und unvermeidbarste in der Bundesrepublik Deutschland.
Bereits im März musste die Opposition den Ermittlungsumfang des Schwarzgeld-Untersuchungsausschusses erweitern. Herr Koch, Ihr Generalsekretär und enger Vertrauensmann Herbert Müller musste gehen, weil ihm die Staatsanwaltschaft of-fensichtlich nachgewiesen hatte, dass er eine schwarze Barspende in Höhe von 50.000.- DM illegal weiß waschen wollte.
Der arme Herr Müller hatte wohl gedacht, wer würde als Generalsekretär eine Landesgeschäftstelle übernehmen. Statt dessen wurde er Chef der operativen Zentrale eines mafiamäßig organisierten Systems. Und er hatte ganz offensichtlich nicht die moralische Stärke, sich dem kriminellen Klima dort zu entziehen und machte mit. Woher diese 50.000.- DM kamen, wussten wir nicht. Heute deutet alles darauf hin, dass sie nicht "out of the blue" kamen, sondern von der Schokoladenfabrik Ferrero.
Und die Ferrero-Küsschen waren möglicherweise nicht ganz uneigennützig. Zinsersparnisse in zweistelliger Millionenhöhe wurden von der Stadt Stadtallendorf ermög-licht, was den zuständigen CDU-Bürgermeister strafrechtlich berührt hat. Ob und welche Zusammenhänge es hier gibt, welche Personen von den Spenden wussten und ob und welche weiteren unzulässigen Spenden es gab, muss geklärt werden. Schließlich stellt sich auch die Frage nach Gegenleistungen der hessischen CDU also nach der Käuflichkeit von Landespolitik. Deshalb ist der heutige Erweiterungs-antrag notwendig.
Geklärt werden muss auch, wie die CDU mit Ferrero-Geld und möglicherweise anderen Spenden den Wahlkampfetat noch über die Schwarzgeldzuflüsse aus der Schweiz hinaus verstärkt hat. Offensichtlich gab es neben der offiziellen Kasse ei-nen schönen Batzen Geld, mit dem Sie Herr Koch Ihre Kampagne finanzieren konnten.
Der hessische Schwarzgeld-Untersuchungsaussschuss wird seine Aufgabe erfüllen. Er wird das kriminelle Finanzsystem der CDU aufklären. Er wird nachweisen, dass die Spitzenpolitiker der CDU das Heil ihrer Partei über Amtseid und die demokratischen Grundregeln gestellt haben.
Und Herr Koch, wir werden dies aufklären, auch wenn Sie und Herr Staatsminister Jung alles daran setzen, um den wahren Sachverhalt zu verschleiern, zu vertuschen, zu unterdrücken und sich der angeekelten Öffentlichkeit als verfolgte Unschuld präsentieren.
Der Schwarzgeld-Untersuchungsaussschuss ist im Februar eingesetzt worden, jetzt haben wir bald September und noch immer liegen keine Akten vor. Die Landesregierung hat den Ausschuss gezwungen, beim Amtsgericht Wiesbaden die Beschlagnahme der Akten zu beantragen. Wo gibt es soetwas, wann hat es soetwas schon einmal gegeben? Die regierungstragenden Fraktionen müssen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um in den Besitz von zentralen Akten zu gelangen. Warum, Herr Koch, geben Sie die Akten nicht freiwillig heraus?
Wissen Sie, Ihre größte Lüge ist die des brutalstmöglichen Aufklärers. Tatsächlich sind Sie ein kleiner Winkeladvokat in eigene Sache.
Herr Koch, sie wollen brutalstmöglich aufklären – warum tun Sie es nicht? Warum fordern Sie nicht die Herren Lehmann, Seitz oder Hehn auf, ihr Wissen preiszugeben? Sie wollen in Ihrer Partei aufräumen. Warum haben Sie Kanther und Prinz Wittgenstein, den Geldschiebern der Union, nicht den Stuhl vor die Tür gestellt und ihnen die Mitgliedschaft entzogen? Warum trennen Sie sich nicht von Franz Josef Jung, der für jeden erkennbar von dem illegalen Finanzsystem Bescheid wusste?
Sie tun das alles nicht, weil Sie selbst Teil des Systems sind. Weil Sie Profiteur des Systems sind – Ihr Wahlkampf wurde mit Schwarzgeld finanziert. Weil Sie Erbe des Paten sind."