SPD-Fraktion bewertet Haushaltsplanentwurf der Landesregierung:

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Reinhard Kahl, hat Finanzminister Weimar nach Sichtung dessen Entwurfes für den Haushaltsplan 2001 Verschleierung und Täuschung vorgeworfen.

Er stellte fest, dass die zentrale Botschaft des Ministers, nämlich die Reduzierung der Nettoneuverschuldung um den Minimalbetrag von 34 Mio. DM gegenüber dem Vorjahr, nur durch einen Trick erreicht werde. Er vermeide nur durch Einmalerlöse und den tiefen Griff in die Taschen der hessischen Kommunen einen massiven Anstieg der Nettoneuverschuldung.

Durch Immobilienverkäufe, die Vereinnahmung des Genussscheinkapitals des Landes bei der Helaba, die Auflösung von Rücklagen und die 100-Millionen-Kürzung im Kommunalen Finanzausgleich decke Weimar einen Haushaltsfehlbetrag, den er anders nur durch Mehrschulden in Höhe von über einer Milliarde DM füllen könne, so Kahl. "Das tatsächliche Finanzierungsdefizit des Haushalts beläuft sich auf 2,3 Milliarden DM."

Mit dem von der Bundesregierung vorgegeben Rahmen (sinkende Arbeitslosigkeit, ansteigendes Wirtschaftswachstum) seien positive Eckpfeiler für die Landespolitik gesetzt worden, die in Hessen aber leider nicht genutzt würden. Obwohl die Vorgaben aus Berlin eine deutlichere Reduzierung der Nettoneuverschuldung – nicht nur in kleinen 200-Mio-DM-Schritten – erlaubten, werde in Hessen dem Beispiel Hans Eichels bedauerlicherweise nicht gefolgt. Hier würden leichtfertig Zukunftschancen für die Menschen in Hessen und die nachfolgenden Generationen verspielt.

Als weiteren dreisten Versuch der Verschleierung verfehlter Politik, den die Opposition nicht durchgehen lassen werde, nannte der Sprecher die angebliche Personalkostenreduzierung, die nur deshalb erfolge, weil der gesamte Schattenhaushalt Hochschule mit 1,1 Mrd. DM Personalaufwand völlig außer Acht gelassen werde. "Der Personalkostenanstieg beträgt in Wahrheit 2,8 v.H.," machte Reinhard Kahl deutlich.

Der nächste Verschleierungsversuch ist nach Meinung der SPD aus dem Finanzplan abzulesen: Die Gesamtausgabensteigerung, im derzeit gültigen Plan noch 1 v.H., werde nun mit 3,6 v.H. ausgewiesen, bereinigt um den Helaba-Einstieg und den Hochschulbereich betrage sie 2,2 v.H. "Diese Steigerung werten wir als weiteren eindeutigen Beweis für misslungene Haushaltspolitik, weil sie einer erfolgreichen Konsolidierung entgegensteht."

In diese Auflistung von "Tarnen, täuschen, vertuschen" reihe sich nahtlos die angebliche Erhöhung der Gelder für die Kommunen. Die von Weimar als Wohltat verkündete Steigerung der KFA-Mittel seien in Wahrheit zum einen das Ergebnis der erfolgten "Spitzabrechnung" der letzten Jahre und zum anderen die Auflösung der Haushalts-Ausgabereste. Beides Mittel, die den Kommunen schon früher zustanden, die sie aber jetzt erst erhalten könnten.

"So viele Verschleierungsversuche verfehlter Politik in einem einzigen Haushaltsplanentwurf sind der politische Offenbarungseid dieses Finanzministers, den wir nicht durchgehen lassen werden."

Als ebenso leicht durchschaubar erweist sich nach Meinung von Kahl die angebliche Haushaltskonsolidierung</b> Weimars. "Alle Anstrengungen dahingehend lassen sich alleine auf die noch nicht einmal seriöse Herunterrechnung der Personalkosten reduzieren", sagte er. "Es gibt noch nicht einmal einen Anhaltspunkt, dem Minister wenigstens aus Freundschaft Konsolidierungsbemühungen zuzugestehen."

Weimar könne von Glück sagen, dass die von den unionsregierten Bundesländern ursprünglich gewollte Steuerreform</b> des Bundes keine Mehrheit gefunden habe. "In diesem Fall wären die Einnahmen in Hessen geringer und das Weimarsche Haushaltsloch noch größer gewesen."

Als bemerkenswert, weil völlig unverhohlen, bezeichnete der Oppositionspolitiker die bereits seit Amtsantritt gezeigte Kommunalfeindlichkeit</b> dieser Landesregierung, die mit dem Entwurf 2001 ihre Fortsetzung finde: Nach der Streichung der Betriebskostenzuschüsse für die Kindergärten und der Mittel für die Einfache Stadterneuerung (zusammen über 100 Mio. DM) im vergangenen Jahr, werde jetzt noch einmal ein Betrag von 100 Mio. aus dem KFA abgezweigt, getarnt mit dem Begriff "Solidarbeitrag".

Eine deutliche Senkung der Mittel für die Abwasserbeseitigung um ca. 40 Mio., das Auslaufen des Programmes "Arbeit statt Sozialhilfe", die Vorfinanzierung des Landesstraßenbaues, die weitere Absenkung der investiven Mittel für die kommunale Altenpflege und die langfristige Vorfinanzierung von Brandschutzmaßnahmen bezeichnete Kahl als endgültige und gewollte Verabschiedung des Landes aus der Partnerschaft mit den Gebietskörperschaften in Hessen.

Nach Prüfung der Gewichtigkeit, die der Finanzminister der Sozial- und Umweltpolitik beimesse, bleibe als Fazit die Erkenntnis, dass beide Bereiche auch diesmal als Steinbrüche für Kürzungen zu dienen hätten. Zu den bereits gestrichenen Betriebskostenzuschüsse für die Kindergärten gesellten sich nun als weiteres Stiefkind die Investitionskostenzuschüsse, die auf Null gefahren würden. Dagegen seien die in Aussicht gestellten 12 Mio. DM für die Kindertagesbetreuung nach Ansicht von Reinhard Kahl nur "weiße Salbe".

Gerne hätte der Finanzpolitiker auch zu einer aktiven Arbeitsmarkt- und Ausbildungsplatzpolitik der Landesregierung Stellung genommen, doch diese finde überhaupt nicht statt. "Ich bedauere außerordentlich, so Kahl, "dass es sich die Regierung Koch glaubt leisten zu können, diesen wichtigen Bereich der Politik zu ignorieren. Was heute an dieser Stelle versäumt wird, wird morgen nur noch schwer wieder zu heilen sein," war seine Meinung hierzu.

Abschließend nahm der Sozialdemokrat die von Weimar selbst gesetzten Schwerpunkte unter die Lupe.

Bildung:</b> Anzuerkennen sei die Ausweitung der Zahl der Lehrer-, Referendar- und Vertretungsstellen, jedoch kämen die zusätzlichen Mittel für die Betreuende Grundschule aus dem KFA und damit aus den Kassen der Kommunen. Die Erwachsenenbildung verbleibe auf dem bereits in 2000 stark gekürzten Niveau.

Innere Sicherheit:</b> Zur begrüßenswerten Fortsetzung des SPD/Grünen-Programmes "Zweigeteilte Polizeilaufbahn" käme bedauerlicherweise auch die Fortsetzung der innenpolitischen Fehlentscheidung "Wachpolizei/Freiwilliger Polizeidienst".

"Zukunftsoffensive":</b> Das vollmundig angekündigte Programm entpuppe sich mit der Konzentration auf das Frankfurter Waldstadion und das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit als gescheitert, so Kahl. "Ersteres gehört eindeutig in den Bereich Sportstättenfinanzierung, letzteres scheint mir nur noch ein Feigenblatt zu sein."

Umwelt und Naturschutz:</b> Auch hier sei nur noch Feigenblattfunktion erkennbar. "Der Umwelt- und Naturschutz wird ebenso wie der Sozialbereich als "Steinbruch" benutzt. Beispielsweise werden die sechs Millionen DM für die Kieselrotsanierung an die Kommunen wiederum dem KFA entnommen."

Kahls Fazit nach Sichtung des Haushaltsplanentwurfes: "Die Vorlage ist der missglückte Versuch, schlechte und deshalb für Hessen schädliche Finanzpolitik durch Täuschungsmanöver zu kaschieren. Zu Lasten der Städte und Gemeinden wird eigenes Versagen ausgebügelt. Sozial- und Wirtschaftspolitik finden nicht statt."