Riege warf der Landesregierung vor, in ihrem ersten Amtsjahr keine Impulse für die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze gesetzt zu haben. Deshalb beantrage die SPD-Fraktion in der kommenden Plenarsitzung des Landtags ein 100-Millionen-Programm zur Ausbildungsförderung. Gefördert werden sollen damit
· Maßnahmen zur Förderung von Aus- und Weiterbildung in den Feldern: Medien- und Kommunikationstechnologie, Gesundheit, Kultur-Freizeit-Tourismus, Transport-Verkehr-Logistik, Umwelt
· Maßnahmen zur Unterstützung von Ausbildung bei Existenzgründern in diesen Bereichen
· Maßnahmen zur Förderung vollschulischer berufsqualifizierender Ausbildung
· Maßnahmen zur Unterstützung von Verbundausbildungen, insbesondere im Handwerk und in Klein- und Mittelbetrieben
· Berücksichtigung regionaler Besonderheiten
Die Notwendigkeit eines hessischen Ausbildungsprogramms begründete Riege mit folgender Situationsbeschreibung: Seit 1994 ist der dramatische Rückgang von Ausbildungsplätzen zwar gestoppt und besonders Industrie und Handel steigern ihr Angebot kontinuierlich wieder auf jetzt ca. 23.500 Plätze; beim Hessischen Handwerk geht der Abbau von Ausbildungsplätzen allerdings unvermindert weiter auf jetzt noch ca.13.000 Plätze insgesamt.
Besonders dramatisch entwickelt sich die Situation in den Arbeitsamtsbezirken Kassel und Gießen. Hier sind die Bewerberzahlen um mehr als 10% gestiegen, während das Angebot an Plätzen nahezu unverändert geblieben ist
"Die jüngsten Zahlen des Landesarbeitsamtes über die Entwicklung von Ausbildungsstellen im März 2000 lassen für das im Sommer beginnende Ausbildungsjahr schlimmes befürchten", sagte Riege.
Mit dem Bundesprogramm für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz konnten 1999 ca.2.200 unversorgte Jugendliche eine Qualifizierungsmaßnahme in Hessen beginnen. Davon erreichten ca. 20 Prozent das eigentliche Ziel des Programms, einen Ausbildungsplatz im dualen System. Der Rest hat bisher keinen Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden und vergrößert in diesem Sommer erneut die Zahl der unversorgten Bewerber, da für ca. 46.000 Schulabgänger nur ca. 43.000 Ausbildungsplätze angeboten werden.
Angesichts der Tatsache, dass Inzwischen bereits ein beachtlicher Teil der Ausbildungsverhältnisse in Hessen dauerhaft staatlich gefördert wird, forderte Riege, dass sich diese Entwicklung nicht fortsetzen darf, wenn auf eine nichtstaatliche – also auf die duale Ausbildung in Betrieb und Schule- auch zukünftig Wert gelegt wird. In Zusammenarbeit mit den Tarifpartnern und den Kammern müssten vertragliche Regelungen gefunden werden, damit staatliche Förderung von Ausbildung in Unter-nehmen nicht zur Dauersubvention wird.
"Für unser gefordertes 100-Millionen-Programm wollen wir auch ein neues System der Mittelvergabe. Wir fordern, staatliche Unterstützung nur noch als vorübergehende Hilfen – quasi als Starthilfe – an solche Unternehmen zu geben, die dauerhaft für eine eigenverantwortliche Ausbildung sorgen wollen", sagte Riege.
Dazu gehörten insbesondere Unternehmen in neu entwickelten Geschäftsfeldern der Medien- und Informationstechnik, der Freizeit- und Gesundheitsunternehmen, der Verkehrs- und Logistikunternehmen. Die Verabredungen im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit zielten genau auf diese Bereiche, in denen auch in Hessen Arbeitsplätze der Zukunft entstehen, für die qualifiziertes Personal dringend benötigt werde.
Landesmittel benötige die öffentliche Hand in Hessen auch dringend zur Sicherstellung ihres Teils der dualen Ausbildung in den Beruflichen Schulen. "Sowohl die Ausstattung mit Räumen und Geräten, als auch die personelle Austattung dieser Schulen, in denen nach wie vor die meisten Jugendlichen eines Jahrgangs auf das Arbeitsleben vorbereitet werden, brauchen dringend mehr Zuwendung von der Landesregierung, sie behandelt diesen Bereich der schulischen Ausbildung absolut stiefmütterlich", kritisierte der Abgeordnete.
Zur Gewinnung von Lehrpersonal müssten schnell Maßnahmen ergriffen werden, um interessierten Fachkräften den Weg in das Lehramt für Berufliche Schulen zu erleichtern. Bereits zu Beginn der siebziger Jahre sei mit attraktiven Angeboten ein Großteil der Lehrerinnen und Lehrer gewonnen worden, deren Pensionierung in den nächsten Jahren die Aufrechterhaltung des Berufsschulunterrichts in Frage stelle. "Allein mit Werbung für das Lehramtsstudium bei Abiturienten sind die in den kommenden Jahren dringend benötigten Fachkräfte sicher nicht zu bekommen, denn ihre Ausbildung dauert rund sieben Jahre. Unter Fachleuten gibt es keinen Zweifel daran, daß kurzfristig andere Lösungen gefunden werden müssen", sagte Riege.
"Die Sicherung unserer Zukunft als Wirtschaftsstandort in Hessen setzt voraus, daß die Landesregierung ihre Anstrengungen für die duale Ausbildung verbreitert und vertieft. Dazu fordern wir sie nachdrücklich auf."